Von listigen Flöhen, faulen Fliegern und schwarzen Pilzen

Tobias Stolzenberg

Bei Aufenthalten in den Ländern Mittel- und Südamerikas muss man mit einigen spezifischen Dermatosen rechnen. Bei Aufenthalten in den Ländern Mittel- und Südamerikas muss man mit einigen spezifischen Dermatosen rechnen. © Bernd - stock.adobe.com

Mücken und Flöhe sind für viele Fernreisende mehr als nur lästige Begleiter. Die Quälgeister können ernsthafte Hautkrankheiten übertragen. Und ganz ohne tierische Vermittler drohen auch Mykosen, die manchmal über Jahre hinweg nicht erkannt werden. Mittel- und Südamerika hat in jeder Hinsicht einige Highlights zu bieten.

Bei Aufenthalten in den Ländern Mittel- und Südamerikas muss man mit einigen spezifischen Dermatosen rechnen. So können sich Reisende etwa an den Stränden Brasiliens eine Tungiasis einfangen. Andere, noch problematischere Parasitosen wie die Leishmaniose fallen oft erst lange nach der Rückkehr auf. Des Weiteren berichtete Dr. Friederike­ Kauer­, niedergelassene Dermatologin aus Berlin, über Pilzinfektionen, die auch Jahre vor sich hin arbeiten können.

Tungiasis

Ausgelöst wird die Tungiasis, auch Jiggers genannt, durch den Sandfloh Tunga penetrans, der sich parasitisch von Säugerblut ernährt. Seine Heimat sind die tropischen und subtropischen Regionen der Erde. Das Weibchen bohrt sich in die Haut seines Wirts. Das Hinterteil lässt es an der Oberfläche, damit die Begattung stattfinden kann. Danach sondert es Tausende von Eiern ab, die zu Boden fallen und sich zu adulten Flöhen entwickeln. 

Klinisch entwickelt sich zunächst eine erythematöse Papel, dann bildet sich ein Knötchen mit zentralem schwarzem Porus. Übrig bleiben eine Pustel und eine schmierig belegte Ulzeration. Im Prinzip ist die Erkrankung selbstlimitierend, erläuterte die Referentin, weil das Weibchen nach dem Abstoßen der Eier in der Haut abstirbt. Da aber ein starker Juckreiz besteht und die Läsionen häufig aufgekratzt werden, droht regelmäßig eine Superinfektion

Therapeutisch steht die manuelle Entfernung des Flohkörpers an erster Stelle, gefolgt von der Okklusion mit dimeticonbasierten Produkten. Wichtig sind antiseptische Maßnahmen, um Superinfektionen zu verhindern. Bei disseminiertem Befall kann man Dimeticon oder Ivermectin lokal einsetzen. 

Kriterien für komplexe Leishmanien-Läsionen

  • mehr als drei Herde
  • Einzelläsion > 40  mm Durchmesser
  • Befall funktionell oder kosmetisch heikler Hautbereiche
  • Lymphadenitis oder -angitis
  • Satellitenläsionen
  • therapierefraktär

Hinweise für eine Viszeralisierung der Infektion

  • Verschlechterung des Allgemeinzustandes
  • Fieber, Husten, Nachtschweiß
  • Hepatosplenomegalie
  • Anämie, sekundäre Blutungen, dunkle, aschfarbige und schuppige Haut (Kala-Azar)

Zur Diagnostik gehören ein Blutbild, die Bestimmung von Leber- und Nierenwerten, ggfs. eine PCR aus dem Blut, Oberbauch-Sono und evtl. eine Knochenmarkstanze

Leishmaniose

Aus ihrer Zeit am Bundeswehrkrankenhaus in Berlin berichtete die Dermatologin von einem Patienten, der im Amazonasgebiet Nebelfalter beobachtete hatte. Einige Wochen später waren bei ihm Ulzerationen am Bauch aufgetreten, die sich schnell vergrößerten. In einer Biopsie aus dem Randbereich der Geschwüre wurden sogenannte Amastigoten nachgewiesen, die unbegeißelte Form von Leishmanien. 

Überträger dieser Protozoen sind Sandmücken, 1–3 mm kleine, dämmerungs- und nachtaktive Insekten. „Diese Mücke ist ein sogenannter fauler Flieger, sie kommt nur etwa 1,5 bis 2 Meter hoch“, erläuterte die Kollegin. „Dewegen sind Sie im ersten Stock eines Hotels schon safe.“ Das Erregerreservoir umfasst Nagetiere, Schafe und Hunde. „Die Leishmanien werden sehr gerne auch von Rettungshunden aus Südeuropa zu uns importiert.“ In Europa, Asien und Afrika erfolgt die Übertragung der kutanen Leishmaniose durch Sandmücken der Gattung Phlebotomus, in der Neuen Welt durch die Gattungen Lutzomyia und Psychodopigus. Repellenzien schützen vor der Erkrankung.

Die Schwere der Erkrankung hängt von der Leishmania-Spezies und der Immunantwort der Infizierten ab. Man unterscheidet an der Haut einfache und komplexe Läsionen (s. Kasten). Die Leishmaniose ist eine wichtige Reisedermatose, betonte Dr. Kauer. Die Inkubationszeit beträgt mindestens zwei Wochen, meistens sind es Monate bis zwei Jahre. Differenzialdiagnostisch stehen u.a. Ekthyma und Pyodermie, Hauttuberkulose, atypische Mykobakteriose, Tinea profunda, Lues I und Hauttumoren im Raum.

Man sollte stets eine Subspeziesdifferenzierung anstreben (keine Kassenleistung!), um die Therapie optimal ausrichten zu können, riet die Expertin. Beim Patienten aus der Kasuistik wies man letzten Endes Leishmania brasiliensis nach. Er wurde zunächst lokal antiseptisch behandelt, dann mit 150 mg/d Miltefosin über 28 Tage. 

Chromoblastomykose

Eine Chromoblastomykose kann sich klinisch sehr variabel präsentieren: Von papulösen bis nodulären Läsionen, von verrukösen bis hin zu papillomatös-vegetierenden Formen ist alles drin, berichtete Dr. Kauer. Verursacher sind die so genannten Schwärzepilze, die über kleine Läsionen in der Haut eindringen. Global gesehen tauchen diese chronisch-progressiven Mykosen eher selten auf, haben aber für Mexiko und Südamerika einige Bedeutung. Insbesondere bei Reisenden, die zurückkehren, wird die Erkrankung regelmäßig fehldiagnostiziert. „Es gibt Menschen, die mit dieser Pilzinfektion zwanzig Jahre lang undiagnostiziert herumlaufen.“

Die Mykose beschränkt sich in der Regel auf Kutis und Subkutis, Gelenke, Faszien, Sehnen und Muskeln sind nicht betroffen. Der Juckreiz ist manchmal sehr stark, mitunter auch schmerzhaft. Nach langem Bestehen führt die Erkrankung zur Fibrose der Haut, es kann sich ein Lymphödem bis hin zur Elephantiasis entwickeln. Regelmäßig kommt es zu bakteriellen Superinfektionen und es gibt Beschreibungen über Koinfektionen mit anderen Erregern wie Leishmanien oder Mycobacterium leprae. Im fortgeschrittenen Stadium ist zudem die maligne Transformation zu kutanen Plattenepithelkarzinomen möglich. 

Therapeutisch bietet Dr. Kauer zufolge die chirurgische Exzision das einfachste Vorgehen. Als weitere Optionen nannte sie Kryotherapie, lokale Wärmebehandlung, Laser- oder photodynamische Therapie, alles kombiniert mit systemischen Antimykotika. Bewährt haben sich u. a. Itraconazol und Terbinafin, die aber mit über acht bis zehn Monaten extrem lange angewandt werden müssen.

Quelle: Kongressbericht, 26. Forum Reisen und Gesundheit

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