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Sublinguales Apomorphin und subkutane L-Dopa-Pumpe sollen Therapie bereichern
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Ist ein Parkinsonpatient ins Off geraten, kann er notfallmäßig auf lösliches orales L-Dopa zurückgreifen, die Substanz inhalieren oder subkutan Apomorphin spritzen. Künftig wird es die Möglichkeit geben, Apomorphin in Form eines kleinen Filmstreifens sublingual zu applizieren. Innerhalb von etwa drei Minuten löst sich das Präparat dort vollständig auf und wird über die Schleimhaut resorbiert, erklärte Prof. Dr. Heinz Reichmann von der Neurologischen Universitätsklinik und Poliklinik Dresden. In dieser Zeit sollte der Patient möglichst weder sprechen noch seinen Speichel schlucken. Um Irritationen der Schleimhaut zu reduzieren, kann der Mund anschließend ausgespült oder etwas getrunken werden.
Mit einem Starter-Kit, das sieben Filmstreifen in Dosierungen von 5 bis 35 mg enthält, lässt sich austesten, welche Dosis ausreicht, um den Patienten aus der Hypokinesie zu holen. Den meisten Betroffenen genügen einer Studie zufolge 20 mg, sagte Prof. Reichmann.
Von Dopaminagonisten – vor allem Apomorphin – ist bekannt, dass sie häufig zu Beginn einer Behandlung Übelkeit hervorrufen. Ob dies auch bei sublingualer Applikation der Fall ist, wurde per Post-hoc-Analyse einer Phase-3-Studie geprüft. Bei den Teilnehmern hatte man sublinguales Apomorphin in fünf Schritten bis zu einer Dosis von 35 mg aufdosiert, um ein volles On zu erreichen. Rund die Hälfte der 449 Patienten verwendete in dieser Zeit ein Antiemetikum, in den übrigen Fällen wurde darauf verzichtet.
In der Prophylaxegruppe entwickelten 17 % der Patienten Übelkeit und 2,4 % Erbrechen, in der Gruppe ohne Antiemetikum waren es 12,2 % bzw. 0,5 % . Beide Symptome waren fast ausschließlich leicht bis mittelschwer ausgeprägt. Übelkeit scheint demnach unter sublingualer Apomorphintherapie ein eher seltenes Phänomen zu sein, meinte Prof. Reichmann. Mit der prophylaktischen Verordnung von Domperidon könne man sich daher zurückhalten.
Ob Patienten im Off überhaupt in der Lage sind, sich das Filmplättchen unter die Zunge zu legen, war eine Frage aus dem Publikum. Mit der Zeit würden die Parkinsonkranken merken, wenn sie ins Off rutschen, so Prof. Reichmann. Sie sollten das Medikament nehmen, bevor sie völlig unbeweglich sind.
Für Parkinsonpatienten im fortgeschrittenen Stadium, die nicht mehr ausreichend auf Levodopa/Carbidopa ansprechen und täglich mindestens 2,5 Stunden im Off sind, wurde die kontinuierliche subkutane Infusion von Foslevodopa und Foscarbidopa entwickelt. Die beiden phosphorisierten Substanzen sind wasserlösliche Prodrugs von L-Dopa. Über zwölf Monate wurden ihre Sicherheit und Tolerabilität (primärer Endpunkt) sowie On- und Off-Zeiten (sekundäre Endpunkte) erfasst. Von 244 eingeschlossenen Patienten beendeten 107 die Studie vorzeitig, die meisten (n = 57) aufgrund von Nebenwirkungen. Weitere Gründe waren u.a. Ineffektivität und Schwierigkeiten mit dem Handling der Pumpe. Ausgewertet wurden also die Daten einer vorselektierten Kohorte, gab Prof. Reichmann zu bedenken.
Die Wirksamkeit der Medikation war nach seiner Aussage sehr gut. Die Off-Zeiten verringerten sich von knapp 36,9 % des Tages auf 15,4 %. Mit solch einem Ergebnis seien die Patienten schon glücklich. Schlaf und Lebensqualität besserten sich unter der Behandlung ebenfalls. Rötungen, Knötchen, Zellulitis, Ödem oder Schmerzen traten an der Einstichstelle in 19–52 % der Fälle auf. Halluzinationen, Ängstlichkeit, Benommenheit oder Stürze wurden zu 10–17 % beobachtet. Prof. Reichmann wies nachdrücklich darauf hin, dass psychische Störungen dem abrupten Absetzen der oralen Therapie geschuldet sein können, und forderte dazu auf, die orale Medikation auszuschleichen. Wie die Hautirritationen am besten zu managen seien, müsse die Erfahrung zeigen.
Insgesamt bewertete Prof. Reichmann die subkutane L-Dopa-Therapie als vielversprechend. Er vermutet, dass sich viele Parkinsonpatienten mit fortgeschrittener Krankheit für die subkutane Pumpe statt für eine tiefe Hirnstimulation entscheiden werden. Für die Betroffenen sei es schließlich ein großer Unterschied, ob sie sich jeden Tag eine subkutane Nadel legen oder sich Löcher in den Kopf bohren und eine Sonde ins Gehirn legen lassen müssten.
Quelle: 16. Neurologie-Update-Seminar
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