
TAVI-Team bald ohne den Kardiochirurgen?
„Es geht auch ohne Herzchirurgen“, sagte Privatdozent Dr. Lutz Büllesfeld von der Universitätsklinik für Kardiologie am Inselspital Bern sienem Kontrahenten in der TAVI-Debatte unverblümt ins Gesicht. In den Anfangszeiten der Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI), als unter anderem großkalibrige Katheter (von bis zu 1 cm Durchmesser) Verwüstungen im Leistenzugang anrichteten, sei man froh gewesen, den Chirurgen im Rücken zu haben, räumte der Kollege ein. Auch wenn es Probleme mit der Platzierung gab und der Operateur eine dislozierte „tanzende Klappe“ entfernen musste, sei man als interventioneller Kardiologe sehr dankbar gewesen.
Doch derlei Komplikationen sind angesichts der dramatischen Fortschritte der Herzklappentechnologie selten geworden. Notoperationen kommen an den erfahrenen Zentren in 0,8 bis 0,0 % der Fälle vor, erklärte Dr. Büllesfeld. Auch „Gefäßkatastrophen“ im Bereich des Leistenzugangs sehe man nicht mehr, seit nur noch eine kleine Punktion wie bei einer Koronarangiographie nötig ist.
Jedes Jahr 50 Leben retten, das ist ein gutes Argument!
Derzeit erfüllen in Deutschland rund 80 TAVI-Zentren die Vorgabe einer voll ausgestatteten herzchirurgischen Abteilung vor Ort. Doch könnten niedergelassene Kollegen ihre Patienten guten Gewissens in eines der mehreren hundert anderen kardiologischen Zentren zur TAVI schicken? Auf keinen Fall, lautete das entschiedene Statement von Dr. David Holzhey von der Klinik für Herzchirurgie am Herzzentrum Leipzig.
Nach wie vor komme es zu Komplikationen wie Anulusruptur, Ventrikelperforation, Klappendislokation oder Koronarokklusion. Viele Kollegen seien der Ansicht, dass es bei solchen Komplikationen ohnehin „für alles zu spät ist“ – und es somit überhaupt keine Rolle spielt, ob ein Herzchirurg am Tisch parat steht oder nicht. Doch das stimmt so auf keinen Fall, betonte der Leipziger Operateur.
In den ersten Tagen nach einer TAVI-Konversions-Operation versterben zwar 35 % der Patienten, zugegebenermaßen keine geringe Rate, so Dr. Holzhey, „aber immerhin mehr als 60 % überleben, und zwar gut“. Wenn nur jeder zweite Patient die sofortige Notoperation gut übersteht, seien es bei derzeit 10 000 TAVI-Prozeduren pro Jahr immerhin 50 Menschen, die gerettet werden.
Das komplette Team steht einsatzbereit am Tisch
Auch das Argument „bei diesen Patienten handelt es sich zumeist um sehr alte Menschen, bei denen eine Operation von vornherein ausgeschlossen wurde“, lässt der Herzchirurg nicht gelten. In Studien wird der minimalinvasive Klappenersatz mittlerweile auch bei weniger kranken, jüngeren, durchaus operationsfähigen Patienten untersucht, man rechne mit einer Ausweitung der Indikation.
Dr. Holzhey plädiert dafür, dass der Operateur als festes Mitglied des Herzteams „nicht irgendwo auf einem Sessel Hintergrund-Dienst schiebt“, sondern bei der TAVI mit am Tisch steht. In einem Hybridoperationssaal, in dem sowohl Kathetereingriffe als auch herzchirurgische Operationen erfolgen können, ist ein blitzschnelles Reagieren im Bedarfsfall möglich.
Auch an die späten Komplikationen denken
Selbst wenn die TAVI-Rate weiter steigt, so hätten 80 herzchirurgischen Zentren in Deutschland (auch bei 16 000 Eingriffen pro Jahr) noch keine Kapazitätsprobleme, unterstrich der Kollege. Kardiologen könnten „ihre“ Patienten ja auch an den herzchirurgischen Zentren gemeinsam mit den Operateuren behandeln, so sein Vorschlag.
Und es gebe noch ein weiteres Argument dagegen, kardiologischen Abteilungen ohne Herzchirurgie die TAVI-Lizenz zu erteilen: Nicht nur akut, sondern auch in der postoperativen Phase kann es zu Komplikationen kommen, die schnelles chirurgisches Eingreifen erfordern.
Aktuelles DGK-Positionspapier zur TAVI Derzeit steht außer Frage, dass ein Chirurg im Herzteam dabei sein muss, bestätigte Professor Dr. Karl-Heinz Kuck von der Kardiologie – Asklepios Klinik St. Georg in Hamburg. Der ideale Ort für eine TAVI-Implantation ist gemäß aktuellem DGK-Positionspapier„ein Hybrid-Katheterlabor/Operationssaal, in dem im Falle einer Komplikation, die einen herzchirurgischen Eingriff erfordert, sofort die Operation erfolgen kann.“
|
Quelle: Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).