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Therapie der analen Leckage erfordert Ausdauer, Geduld und hohe Compliance

Für die sanfte konservative Behandlung der analen Inkontinenz empfiehlt sich die Einnahme von Flohsamenschalen. Als einfaches Maß für die Dosierung eignet sich laut Professor Dr. Heiner Krammer, Koloproktologe aus Mannheim, ein Esslöffel (ca. 15 g) pro Tag. Meist könne man es den Patienten jedoch selbst überlassen, die genaue Dosis festzulegen. Wichtig ist, dass sie die Therapie nicht nur bei Bedarf anwenden, sondern dauerhaft.
Dasselbe gilt für Loperamid. Nur eine regelmäßige und langfristige Einnahme ist erfolgversprechend. Bei analer Inkontinenz wird ein- bis viermal täglich eine Tablette (2 mg) empfohlen. Oft reicht jedoch schon eine Tablette pro Tag aus, zumal viele Patienten Loperamid mit Flohsamenschalen kombinieren, erklärte der Experte.
Wenn Flohsamenschalen und Loperamid nicht genügen, sei die Eingestellte Opiumtinktur (Tinctura opii normata) eine gute Alternative. Wichtig ist, dass der Patient Loperamid vorher absetzt, da dieses ebenfalls an den µ-Opioid-Rezeptoren ansetzt, betonte Prof. Krammer. Empfohlen werden zehn Tropfen dreimal täglich als Einstiegsdosis – diese kann auf lange Sicht individuell angepasst werden. Inzwischen steht auch eine Fertigarznei zur Verfügung. Diese ist allerdings deutlich teurer als die Rezeptur. Die Verordnung erfolgt über ein BtM-Rezept.
Anspannen und halten – Schließmuskeltraining hilft!
Ein weiterer Eckpfeiler der konservativen Therapie ist die Beckenbodengymnastik, ggf. in Kombination mit einem gezielten Schließmuskeltraining. Speziell geschulte Physiotherapeuten weisen die Patienten in die Übungen ein. Hierfür sind meist etwa sechs Sitzungen über einen Zeitraum von zwölf Wochen nötig. Danach müssen die Patienten zu Hause weiter trainieren – idealerweise dreimal täglich. Erste Besserungen sind nach drei bis sechs Monaten zu erwarten, erklärte Dr. Philipp Oetting vom Enddarmzentrum München-Bavaria. Zur Unterstützung kann das Biofeedback eingesetzt werden. Hierbei gibt eine in den Anus eingeführte Sonde ein Signal, sobald der Schließmuskel fest genug zusammengekniffen wird.
Die anorektale Sensibilität kann mithilfe eines rektalen Ballonkatheters trainiert werden. Dieses Ziel hat auch die EMG-getriggerte niederfrequente Elektrostimulation. Durch EMG-Signale und das Auslösen von Kontraktionen soll sie die sensorische Rückmeldung ans Zentralnervensystem verstärken.
Ob anale Filler wirksam sind, ist bislang noch unklar
Die Evidenz für alle diese Methoden ist widersprüchlich, gab Dr. Oetting zu. Trotzdem setzt er sie gerne ein. Für den Therapieerfolg entscheidend sei, ob die Übungen zu Hause konsequent weiter durchgeführt werden, betonte der Kollege.
Um den schwächelnden Schließmuskel zu unterstützen, können Filler, sogenannte Bulking Agents, lokal injiziert werden. Diese bestehen z.B. aus Hyaluronsäure, Kollagen oder Silikon. Wie wirksam die Unterspritzung ist und welche Rolle sie in der Behandlung der Inkontinenz spielt, ist allerdings noch unklar. „Vieles ist Placeboeffekt“, räumte Dr. Johannes Jongen, niedergelassener Proktologe aus Kiel, ein. Doch möglicherweise sind die Filler für einige Patienten eine gute Behandlungsoption im Übergangsbereich zwischen konservativer und operativer Therapie.
Wenn alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten versagt haben, ist heutzutage die sakrale Neuromodulation der Goldstandard, erläuterte Professor Dr. Franc H. Hetzer von der Chirurgie im Spital Linth in Uznach. Je nach Vorgehensweise sind hierfür zwei Eingriffe unter Narkose notwendig – das kommt nicht für alle Patienten infrage.
Etwa 20 % der Patienten erreichen volle Kontinenz
Zuerst wird die Elektrode in Höhe S3 an der Nervenwurzel eingesetzt. Das Gerät selbst bleibt zunächst extern. Erst wenn die Behandlung in den kommenden 10–21 Tagen gut anspricht, kann im zweiten Schritt das Gerät implantiert werden. Studien zufolge reduziert die Therapie mit dem Schrittmacher die Zahl der Inkontinenzepisoden bei jedem zweiten Patienten langfristig um etwa die Hälfte. Eine 100%ige Kontinenz erreicht etwa jeder fünfte.
Durch die zunehmende Verbreitung der sakralen Nervenstimulation ist die dynamische Gracilisplastik fast komplett von der Bildfläche verschwunden, erklärte Professor Dr. Alois Fürst von der Klinik für Chirurgie des Caritas-Krankenhauses St. Josef in Regensburg. Bei dieser Methode wird der Musculus gracilis von der Innenseite des Oberschenkels gelöst und um den After geschlungen. Mithilfe einer implantierten Elektrode kann der Muskel elektrisch gereizt werden und soll so den defekten Schließmuskel ersetzen. Die Kontinenz kann dabei allerdings so perfekt sein, dass überhaupt keine Defäkation mehr möglich ist. Dann brauchen die Patienten jedes Mal einen Einlauf. Der Eingriff ist daher bestimmten Indikationen vorbehalten. Als Beispiel nannte der Regensburger Kollege rezidivierende rektovaginale Fisteln.
Kongressbericht: 45. Deutscher Koloproktologen-Kongress
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