Therapiemöglichkeiten auf dem Prüfstand

Dr. Melanie Söchtig

Aktuelle Forschung beschäftigt sich damit, ob Januskinaseinhibitoren eine Alternative in der Behandlung der Poly­myalgie darstellen könnten. Aktuelle Forschung beschäftigt sich damit, ob Januskinaseinhibitoren eine Alternative in der Behandlung der Poly­myalgie darstellen könnten. © TANABOON – stock.adobe.com

Ohne Glukokortikoide geht es bei dem Management einer Poly­myalgia rheumatica bisher nicht. Langfristig verabreicht haben die Steroide jedoch ihre bekannten Schattenseiten. Zielgerichtete Therapien könnten eine Alternative darstellen.

Die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten bei Polymy­algia rheumatica (PMR) sind unzureichend. Dies gilt insbesondere für Menschen mit refraktärer oder rezidivierender PMR und Patienten mit einem hohen Risiko, glukokortikoidbedingte Nebenwirkungen zu entwickeln, schreiben Prof. Dr. ­Georgina ­Espígol-Frigolé vom Hospital Clínic de Barcelona und Kollegen. 

Bislang ist die Therapie mit Glukokortikoiden (GC) Grundpfeiler für die Behandlung der PMR. Sie beginnt in der Regel mit der morgendlichen Gabe von 12,5–25,0 mg/d Prednisolonäquivalent, abhängig von Körpergewicht, Komorbiditäten und Rezidivrisiko. Bei starken nächtlichen Schmerzen kann die Dosis gesplittet und ein Drittel davon abends eingenommen werden. Alternativ steht intramuskuläres Methylprednisolon (120 mg, alle drei Wochen) zur Verfügung, das bei Patienten mit geringer Adhärenz gegenüber der oralen Therapie erwogen werden kann. 

Sobald eine Remission erreicht ist, werden die oral verabreichten GC innerhalb von vier bis acht Wochen auf 10 mg/d Prednisolonäquivalent reduziert. Anschließend wird die Tagesdosis jeden Monat um etwa 1 mg verringert, bis die Therapie abgesetzt werden kann. Meist ist dies nach neun bis zwölf Monaten der Fall. Es gibt jedoch auch einige Patienten mit PMR, die eine niedrig dosierte GC-Therapie (≤ 5 mg/d) über mehrere Jahre oder sogar lebenslang benötigen. 

Eine langfristige orale Glukokortikoidtherapie kann jedoch selbst in niedrigen Dosierungen potenzielle Schäden an verschiedenen Organsystemen verursachen. Deshalb nehmen Vorbeugung und Behandlung von glukokortikoidbedingten unerwünschten Wirkungen einen hohen Stellenwert im Rahmen der Behandlung von PMR-Patienten ein. Hierzu zählen die regelmäßige Überwachung von Blutdruck, ­Serumglukose und kardiovaskulären Risikofaktoren, ein Screening auf Osteoporose und gegebenenfalls die Einnahme von Kalzium und Vitamin D. Zur Osteoporoseprävention kann in Abhängigkeit des Frakturrisikos eine antiresorptive Therapie in Betracht gezogen werden. Fatigue und Depressionen lassen sich u.a. durch Bewegung, Muskelstärkung und Selbsthilfegruppen reduzieren.

Die Gabe von Immunsuppressiva soll helfen, Rückfälle zu vermeiden und die Glukokortikoiddosis zu verringern. Bisher am besten untersucht dafür ist Methotrexat (MTX), allerdings mit widersprüchlichen Ergebnissen. In drei Studien gab es Hinweise, dass MTX die kumulative GC-Dosis reduzieren bzw. im Vergleich zu Placebo die Rückfallrate verringern kann. Andere Studien konnten diese Beobachtung nicht stützen. ACR und EULAR empfehlen MTX für ­Patienten mit einem hohen ­Risiko für Rezidive oder eine GC-Langzeittherapie sowie für Patienten, die Risikofaktoren für glukokortikoid­bedingte Nebenwirkungen aufweisen – z.B. Osteoporose, Diabetes, Bluthochdruck oder Übergewicht.  

Darüber hinaus wurden bzw. werden weitere Immunsuppressiva zur Einsparung von GC untersucht. Beispiele hierfür sind Leflunomid und Azathioprin. Die Evidenz ist bislang allerdings noch nicht ausreichend, um eine klare Empfehlung für den Einsatz bei der PMR zu geben. Im Bereich der zielgerichteten Therapieoptionen kamen zunächst vor allem TNF-a-­Blocker auf den Prüfstand.

Bislang konnte allerdings noch kein Nutzen nachgewiesen werden, weshalb sie bei der PMR nicht empfohlen werden. Erste vielversprechende Ergebnisse wurden dahingegen mit Tocilizumab erzielt. Die zusätzliche Gabe des Interleukin-6-Rezeptorantagonisten ermöglichte bei PMR-Patienten im Vergleich zu Placebo nicht nur das schnellere Tapern der GC. Auch die kumulative GC-Dosis konnte auf diese Weise verringert werden. Wie groß der Nutzen einer Monotherapie mit Tocilizumab ist, wird derzeit noch diskutiert. An unerwünschten Wirkungen muss man mit einer Erhöhung der Transaminasen, Zytopenie, Hyperlipidämie und Infektionen rechnen. Ebenfalls bei PMR erfolgreich getestet wurde der IL-6-Rezeptorblocker Sarilumab. Er ist inzwischen von der FDA für PMR-Patienten zuge­lassen, die auf GC nicht ausreichend ansprechen oder vermehrt Rückfälle erleiden.

Die exakte Rolle der B-Zellen in der Pathogenese einer PMR ist noch nicht vollständig geklärt. Einer kleinen randomisierten Studie von 2021 zufolge könnte jedoch eine B-Zell-Depletion mit Rituximab bei neu diagnostizierter und rezidivierender PMR durchaus effektiv sein. 48 % der Patienten der Verumgruppe waren  nach 21 Wochen GC-frei in Remission. Von den mit Placebo Behandelten waren dies nur 21 %. Die Bestätigung des Nutzens im Rahmen größerer klinischer Studien steht bislang noch aus, aktuell laufen dazu zwei randomisierte Phase-3-Studien.

Auch zu JAKi laufen Studien mit PMR-Patienten 

Wissenschaftler setzen bei der Suche nach PMR-Therapien auch auf ­Januskinaseinhibitoren (JAKi). In einer kleinen Studie bekamen 14 Patienten zusätzlich zu Prednisolon (15 mg/d, danach getapered) Tofacitinib 10 mg/d. 86 % der Patienten erreichten nach 24 Wochen eine ­Remission unter 2,5 mg Prednisolon/d. Auch zu JAKi läuft aktuell eine Studie an PMR-Patienten, getestet wird Baricitinib. 

Quelle: Espígol-Frigolé G et al. Lancet 2023; 402: 1459-1472; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)01310-7

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