Thermosensible Vesikel setzen Zytostatika ausschließlich im Tumor frei

Manuela Arand

Das Verfahren gegen Tumoren ist so neu, dass es noch nicht einmal einen richtigen Namen hat. Das Verfahren gegen Tumoren ist so neu, dass es noch nicht einmal einen richtigen Namen hat. © fotolia/catalin

Hyperthermie trifft Hightech: Zellgiftgefüllte Liposomen zerplatzen unter fokussiertem Ultraschall und zerstören solide Tumoren von innen heraus. Der erste Patient wurde bereits mit der Methode behandelt.

Das Verfahren ist so neu, dass es noch nicht einmal einen richtigen Namen hat. Vorläufig nennen es seine Erfinder „hoch­intensiver fokussierter Ultraschall mit thermosensiblen Liposomen“. Professor Dr. rer. nat. Holger Grüll vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Universität Köln hat die Methode vorgestellt.

Nanopartikel erreichen nur gut durchblutete Areale

Bei der herkömmlichen Hyperthermie mit elektromagnetischen Wellen im Hochfrequenzbereich werden gezielt im Tumor Temperaturen zwischen 40 und 42 °C erzeugt. Das macht die Wucherung sensibler für Strahlen- und Chemotherapie, reicht aber nicht aus, um sie zu vernichten. Immerhin arbeitet das Verfahren so präzise, dass das umliegende gesunde Gewebe nicht erhitzt wird. „Ich nenne das inverse cooking: innen well-done, außen rare“, scherzte Prof. Grüll.

Die neue Technik arbeitet mit hochintensivem fokussiertem Ultraschall (HIFU) und mit Liposomen in Nanometergröße, die mit Doxorubicin befüllt sind. Die Vesikel bleiben bei Körpertemperatur stabil, zerfallen aber bei 42 °C. Sprich: Sie verteilen sich nach intravenöser Applikation zwar im ganzen Körper, setzen ihre giftige Fracht jedoch nur im bestrahlten Gewebe frei. Außerdem enthalten sie noch einen Schuss Gadolinium, sodass per MRT dokumentiert werden kann, wo und wie viel des Zytostatikums in den Tumor gelangt ist. Ein Manko ist, dass die medikamententragenden Nanopartikel nur gut durchblutete Tumoranteile erreichen. Zwar ver­stärkt der hochenergetische Ultraschall die Liposomenaufnahme in das Malignom, aber wo keine Perfusion stattfindet, gelangen keine Liposomen hin. Die Erfahrung lehrt, dass speziell große Geschwulste oft sehr heterogen perfundiert sind, weil sie in zentralen Arealen bereits Nekrosen aufweisen. Die Kölner haben daher eine Strategie entwickelt, „die so nur mit HIFU möglich ist“, wie Prof. Grüll betonte. Zunächst wird das Karzinom mit HIFU und thermosensiblen Liposomen behandelt, was alle gut durchbluteten Areale erfasst. In derselben Sitzung erfolgt dann die HIFU-Thermoablation mit höheren Temperaturen. Tierversuche haben gezeigt, dass sich durch diese kombinierte Therapie doppelt so hohe Doxorubicinkonzentrationen im Tumor erreichen lassen wie mit der Liposomen-HIFU, berichtete der Chemiker.

Kombi aus Liposomeneinsatz und Thermoablation effektiver

Die Thermoablation allein würde zwar auch schlecht durchblutetes Tumorgewebe abtöten, aber einen Randsaum aus Tumorzellen stehen lassen, der sich hinterher wieder erholen kann.

„Die Herausforderung liegt darin, dass wir mit einem sehr kleinen Fokus in Mikrosekunden durch den ganzen Tumor scannen müssen – das ist ein bisschen so, also wollte man mit einem Laserpointer eine ganze Wand beleuchten“, erklärte Prof. Grüll. Intensiv haben die Kölner daran gearbeitet, das Verfahren auf größere Tumorvolumina auszuweiten. Und das ist ihnen offenbar gelungen.

Für Lungentumoren ist das Verfahren nicht geeignet

Im September haben sie die Methode erstmals klinisch angewandt. Behandelt wurde ein Patient mit einem großen, die Femoralvene infiltrierenden Sarkom, unmittelbar neben Blase und Beckenknochen gelegen, das mehrfach voroperiert war und bereits Lungenmetastasen gesetzt hatte. Zusätzlich erhielt der Mann eine Systemtherapie mit Doxorubicin und Olaratumab. Drei HIFU-Sitzungen hat der Patient mittlerweile absolviert, jede dauerte etwa 20 Minuten. Dadurch stabilisierte sich der supravesikal gelegene Tumor, zeigte zunehmend nekrotische Areale und keinerlei Wachstumstendenzen, während die Lungenfiliae weiter wuchsen. Nebenwirkungen waren nicht zu beobachten.

Lungentumoren sind mit dieser Technik übrigens nicht behandelbar, weil der Ultraschall nicht bis zu ihnen durchdringt. Alles, was hinter Knochen liegt, ist für die HIFU unzugänglich. Auch die Bewegungskorrektur muss noch verfeinert werden.

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Das Verfahren gegen Tumoren ist so neu, dass es noch nicht einmal einen richtigen Namen hat. Das Verfahren gegen Tumoren ist so neu, dass es noch nicht einmal einen richtigen Namen hat. © fotolia/catalin