Tief Durchatmen im Device-Dschungel

Dr. Anna-Lena Krause

Pharmareferenten, die Norbert Mülleneisen ein neues Device andrehen wollen, zeigt der Pneumologe gerne seine Sammlung. Pharmareferenten, die Norbert Mülleneisen ein neues Device andrehen wollen, zeigt der Pneumologe gerne seine Sammlung. © Mülleneisen

Kortikosteroide haben einen schlechten Ruf. Dabei können sie Asthmatikern das Leben retten und bei Pollenallergikern eine chronische Sinusitis verhindern – vo­rausgesetzt, sie werden korrekt angewendet. Doch genau das ist bei den meisten Applikationsformen selten der Fall.

Nachdem 1935 die entzündungshemmende Wirkung des Kortisons entdeckt wurde, hat man das vermeintliche Wundermittel unkritisch und unkontrolliert eingesetzt. Das Resultat: teils irreversible Nebenwirkungen. Obwohl man diese mit reduzierten Mengen und neuen Therapiestrategien inzwischen senken konnte, bleibt die Angst vor dem Hormon bei vielen Menschen fest verankert, sagte Norbert­ K. Mülleneisen­ vom Asthma- und Allergiezentrum Leverkusen. Die schlechte Reputation hat der Wirkstoff aber oft zu Unrecht.

Inhalative Kortikosteroide

Der Körper selbst bildet jeden Tag 20–30 mg Kortison. Nimmt ein Asthmatiker inhalative Kortikosteroide (ICS) ein, kommt er je nach Stärke der Erkrankung mit 0,4–0,8 mg/Tag aus. Zum Vergleich: Mitunter werden Kortisontabletten mit 50 mg rund einhundert Mal höher dosiert. Erst ab 5 mg/Tag übersteigen die Risiken den Nutzen, daher kann ein Asthmatiker ein Leben lang ohne größere Probleme mit dem inhalativen Medikament leben, so der Kollege.

Die Unterschiede zwischen den einzelnen ICS sind gering und praktisch zu vernachlässigen. Wichtiger als das Pharkmakon selbst ist für den Arzt das Inhalationsgerät. Als katastrophal bezeichnete Mülleneisen die Vielzahl an unterschiedlich zu verwendenden Devices, die bei Patienten Verwirrung stiftet: „Je mehr man falsch machen kann, umso mehr Fehler passieren auch.“ So passiert es häufig, dass das Medikament nicht da ankommt, wo es wirken soll und z.B. nur im Mund landet.

Auf die Partikelgröße kommt es an

Daher sollten Ärzte mit ihren Patienten das Inhalieren üben. Z.B. müssen sie nach dem Inhalieren fünf Sekunden die Luft anhalten, damit die Teilchen eine Chance haben, zu sedimentieren. Was den Pneumologen „fuchsteufelswild“ werden lässt: Wenn Sprays 1:1 mit einem Pulver ausgetauscht werden. Die groben Partikel des Pulvers bleiben nämlich häufig im Rachen hängen und können dann nicht wirken, obwohl derselbe Wirkstoff in derselben Menge vorliegt. Vor allem Kinder brauchen besonders kleine Teilchen. Und gerade bei diesen Patienten ist es essenziell, Asthma richtig zu behandeln. Denn bei einem Gesunden erreicht das Lungenvolumen erst im jungen Erwachsenenalter 100 %. Im Laufe der Jahre nimmt es ab, ein 80-jähriger Nichtraucher hat dann noch rund 80 %. Ein Kind mit unkontrolliertem Asthma wird diese 100 % aber nie erreichen und entsprechend im Alter ein geringeres Volumen haben als ein Gesunder, mahnte der Kollege.

Nasensprays

Seit 2016 sind fluticason- und mometasonhaltige Nasensprays rezeptfrei erhältlich. Diese können langfristig appliziert werden. „Allerdings genügt es bei allergischer Rhinitis, die Einnahme auf die Tage zu beschränken, an denen es in der Nase juckt“, betonte Mülleneisen. Da der größte Teil des Wirkstoffs in der Nasenschleimhaut verstoffwechselt wird, gelangt davon kaum etwas in den Blutkreislauf.

Geringfügige Erweiterung bringt großen Effekt

„Nasensprays werden gerne falsch angewendet“, sagte der Experte. Wird es korrekt gesprüht (s. Kasten), lassen sich auch chronische Nebenhöhlenentzündungen verhindern. Doch Mülleneisen sieht sehr viele Patienten mit Nasennebenhöhlenproblemen, die eigentlich nur einen Heuschnupfen hatten. Durch die Allergie schwillt die Nasenschleimhaut an und die Verbindungswege zu den Nebenhöhlen, die gerade bei Kindern sehr eng sind, verschließen sich. Bakterien wandern ein und verursachen eine chronische Sinusitis.

Hände ans Ohrläppchen!

Vor der Anwendung eines Nasensprays ist es essenziell, die Nase gründlich zu putzen. Auch eine Nasendusche ist sinnvoll. Das Spray nicht gerade nach oben halten, sondern immer in Richtung des Ohrläppchens, wo die Ausführungsgänge der Nasennebenhöhlen sitzen. Die Hand mit dem Spray nimmt man dabei immer über Kreuz: rechte Hand für das linke Nasenloch – linke Hand für das rechte Nasenloch. Sein Tipp: Um den richtigen Winkel zu treffen, kann es helfen, mit der anderen Hand das Ohrläppchen festzuhalten.

Selbst wenn sich die Wege durch das Spray nur ein wenig erweitern, bessern sich der Fluss und die Symptome deutlich. Denn der Fluss verhält sich zum Durchmesser in der vierten Potenz. Kleines Zahlenbeispiel: Während ein Wasserschlauch mit einem Durchmesser von 0,5 cm 1 Liter Wasser pro Minute durchlässt, sind es bei 1 cm schon 16 Liter.

Augentropfen

Augentropfen mit Kortison sind verschreibungspflichtig und sollten nur über einen kurzen Zeitraum angewendet werden, da sie den Augen­innendruck erhöhen und die Wundheilung verzögern, sodass die Hornhaut Schaden nehmen kann. Rezeptfreie Tropfen, die z.B. Cromoglicinsäure enthalten, müssten Allergiker aus pharmakologischer Sicht einen Monat lang regelmäßig anwenden, bis der Arzneistoff wirkt. „Dennoch lindern die Tropfen schnell die Beschwerden, weil sie die Pollen aus dem Auge spülen“, erläuterte der Al­lergologe. Einfache Kochsalzlösung bewirke den gleichen Effekt.

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Pharmareferenten, die Norbert Mülleneisen ein neues Device andrehen wollen, zeigt der Pneumologe gerne seine Sammlung. Pharmareferenten, die Norbert Mülleneisen ein neues Device andrehen wollen, zeigt der Pneumologe gerne seine Sammlung. © Mülleneisen