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Trotz Diabetesgefahr Statine geben

Allgemein gilt, dass Statine gut vertragen werden und einen wesentlichen Beitrag zur kardiovaskulären Prävention leisten. Die FDA stellte jedoch bereits 2012 eine mögliche Erhöhung des HbA1c und des Nüchternblutzuckers unter der Therapie fest. Die EMA konstatiert ebenfalls ein gewisses Diabetesrisiko, bewertet das Nutzen-Risiko-
Verhältnis aber als klar positiv, schreiben Dr. Ishak Mansi vom Orlando VA Health Care System und Kollegen.
Randomisierten kontrollierten Untersuchungen zufolge kommt auf 100 bis 250 Personen ein zusätzlicher Diabetesfall, wenn sie zwei bis fünf Jahre lang ein Statin einnehmen. Beobachtungsstudien signalisieren ähnliche Werte. Einig sind sich die Experten dahingehend, dass der beobachtete Stoffwechseleffekt tatsächlich durch die Lipidsenker vermittelt wird und nicht auf methodischen Schwächen der Studien beruht.
Vor allem bei hochpotenten Substanzen aufpassen
Die bisherigen Daten deuten darauf hin, dass insbesondere die Einnahme
hochpotenter Statine mit einem vermehrten Auftreten von Diabetes assoziiert ist. In einer großen Fall-Kontroll-Studie hatten Patienten, die einen stark wirksamen HMG-CoA-Reduktasehemmer einnahmen, eine um 15 % höhere Diabetesrate als Personen unter einer weniger effektiven Substanz. Der kritische Zeitrahmen für das Neuauftreten der metabolischen Erkrankung ist noch unklar. Die bisherige Evidenz spricht dafür, dass das Exzessrisiko in den ersten vier Monaten nach dem Beginn der Therapie mit einem besonders leistungsfähigen Statin am höchsten ist.
Verschiedene Faktoren steigern die Wahrscheinlichkeit einer Diabetesmanifestation. Dazu gehört bei den stark wirksamen Substanzen Atorvastatin und Rosuvastatin die kumulative Dosis. Auch vorbestehende Risikofaktoren wie Adipositas und metabolisches Syndrom begünstigen die Erkrankung, ebenso die hepatische Steatose und ein höheres Alter (> 65 Jahre). Unklar ist noch der Einfluss des Wirkstofftyps (z.B. lipophil oder hydrophil) und einzelner Statine. Bislang ist von einem Klasseneffekt auszugehen.
Wenn ein Patient unter der lipidsenkenden Therapie einen Diabetes entwickelt, sollte dieser wie üblich nach den Leitlinien behandelt werden. Für die Praxis empfehlen die Autoren, nach dem Beginn einer Statintherapie und nach jeder Dosiserhöhung den Blutzucker zu bestimmen. Am besten werden Nüchternglukose und/oder HbA1c als Basiswert schon vor Beginn der Statintherapie gemessen, dann drei bis sechs Monate nach dem Start und anschließend jährlich. Bei Patienten mit vorbestehendem Diabetes raten die Autoren zu einer engmaschigeren Kontrolle, da bei ihnen die Gefahr einer Progression unter Statinen erhöht sein könnte.
Wegen der Hinweise auf einen diabetogenen Effekt sollte die Notwendigkeit einer hochpotenten Statintherapie stets sorgsam geprüft werden, so die Autoren. Medikamente, die das Stoffwechselrisiko steigern, z.B. Thiaziddiuretika und Betablocker, sollten nur bei klarer Indikation zum Einsatz kommen. Das gilt auch für Arzneimittel, welche die Konzentration von Statinen im Körper erhöhen können. Dazu gehören CYP3A4/5-Inhibitoren wie Ketoconazol und Proteaseinhibitoren (aber auch Grapefruitsaft) sowie Arzneimittel, die Transportproteine beeinflussen (z. B. Ciclosporin A).
So manchen könnte ein weiteres Rechenexempel beruhigen: Von 250 Patienten, die zwei Jahre lang ein Statin einnehmen, entwickeln erwartungsgemäß elf einen Diabetes, ohne den Lipidsenker sind es zehn. Ein weiteres Argument: Statine bringen Menschen ohne kardiovaskuläre Erkrankung oder entsprechende Risikofaktoren zwar nur einen geringen präventiven Benefit. Doch auch dieser kleine Effekt ist größer als die Wahrscheinlichkeit, durch das Statin einen Diabetes zu entwickeln. Nicht zuletzt können die Patienten ihr Diabetesrisiko an anderer Stelle wieder nach unten korrigieren – durch gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und ggf. Gewichtsabnahme.
Quelle: Mansi IA et al. BMJ 2023; 381: e071727; DOI: 10.1136/bmj-2022-071727
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