Tularämie durch Mückenstich

Birgit Maronde Foto: thinkstock

Ein Mückenstich, der abszediert, ulzeriert und selbst unter antibiotischer Therapie nicht abheilt? Bei einem 16 Monate alten Jungen aus Freiburg stellten Kollegen eine ungewöhnliche Diagnose: Tularämie!

Zunächst entwickelte der Bub nur Fieber und einen unspezifischen Ausschlag. Ein Fokus war zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar, das Kind wies nur einige Mückenstiche auf, einer davon neben dem rechten Auge. Aus diesem entwickelte sich innerhalb von fünf Tagen ein Abszess, der zwei Tage später inzidiert wurde.

Trotz Antibiotika besserte sich die Entzündung nicht

Nach weiteren zehn Tagen mussten die Ärzte dann eine Hautulzeration neben dem Auge feststellen, außerdem fiel ihnen eine zunehmende Lymphadenopathie unterhalb der ehemaligen Abszesslokalisation und eine Schwellung in der Parotis auf.

Der Junge erhielt daraufhin fünf Tage lang Cefotiam i.v. und anschließend Clindamycin oral, ohne dass sich aber der Entzündungsprozess besserte. Im Gegenteil, im Bereich der Parotis nahm die Lymphadenopathie sogar noch zu, ein weiterer Abszess entwickelte sich. Auch dieser wurde gespalten und drainiert. Seit Auftreten der ersten Symptome waren mittlerweile fünf Wochen vergangen.

Diagnose der Tularämie gelang erst durch die PCR

Diagnostisch zum Ziel führte erst die PCR auf eubakterielle DNA aus dem Abszessmaterial. Sie weckte den Verdacht auf eine Infektion mit Francisella tularensis, der mittels Real-time-PCR und serologischen Untersuchungen schließlich bestätigt werden konnte. Weitere Tests ermittelten F. tularensis ssp. holarctica (Typ B) als auslösenden Erreger.


Dies ist der erste berichtete Fall einer durch Stechmücken übertragenen Tularämie in Deutschland, erklärte Dr. Christof Hanke vom Zentrum für Kinder- und Jugendheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg auf der 58. Jahrestagung der SGKJ. Bislang sei dieser Infektionsweg für Francisella tularensis (Typ B) nur aus Skandinavien bekannt gewesen.

In den letzten Dekaden erfolgte die Übertragung des Erregers in Deutschland zu etwa 90 % über Kontakt mit Hasen. Im Jahr 2007 war hingegen in 35 % der registrierten 21 Tularämiefälle ein solcher Kontakt nicht nachweisbar und in vielen Fällen blieb der Infektionsweg völlig unklar.

Kinder mit Ciprofloxacin behandeln

Behandelt wird die Tularämie lege artis mit Aminoglykosiden, bei Kindern auch mit Ciprofloxacin. Bei dem kleinen Freiburger Patienten hatte man allerdings aufgrund des guten klinischen Verlaufs nach der Abszessdrainage auf eine nochmalige Antibiotikagabe verzichtet. 

Christof A. Hanke et al., Eur J Pediatr online 9. Januar 2009

Steckbrief Tularämie

• Erreger: Francisella tularensis vier Subtypen, davon Subtyp A (F. tularensis ssp. tularensis) und Subtyp B (F. tularensis ssp. holarctica) klinisch bedeutsam
• Übertragung auf den Menschen vor allem durch kleine Säugetiere (Wildhasen), blutsaugende Ektoparasiten, kontaminierte Lebensmittel, Wasser, Aerosole, Staub
• Verbreitung: Subtyp A überwiegend in Nordamerika, Subtyp B auf der gesamten nördlichen Hemisphäre
• Verlaufsformen: ulceroglandulär, glandulär, oculoglandulär, oropharyngeal, respiratorisch, typhoidal (generalisierter Verlauf bis hin zum infektiös-septischen Schock; Begriff sollte nur noch bei Auftreten von Erkrankungen mit unbekanntem Infektionsweg benutzt werden.)


Epidemiologisches Bulletin 2007; Nr.7: 51 – 56



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