Tumorschmerzen: Tipps zur Opioid-Therapie

Dr. Carola Gessner, Foto: thinkstock

Nach aktuellem Kenntnisstand können starke Tumorschmerzen bei fast allen Patienten gelindert werden. Und doch erhalten viele Krebskranke keine angemessene Therapie.

Bevor Sie sich über ein etwaiges Morphin-Schema Gedanken machen, sollten Sie abklären, ob es bei Ihrem Patienten behandelbare Schmerzursachen gibt. Gelingt es dem Onkologen, die Tumormasse zu verkleinern, kann dadurch u.U. eine deutliche Symptomreduktion erreicht werden.


Stellenwert 
transdermaler Opioide

Für einige Tumorkranke können transdermales Fentanyl oder transdermales Buprenorphin als Alternative zu oralen Opioiden das bevorzugte Stufe-III-Opioid sein, so heißt es in der S3-Leitlinie. Auch wenn eine Schluckstörung besteht, bietet die Wirkstoffaufnahme über die Haut eine wirksame therapeutische Alternative.


Quälende Knochenmetastasen sprechen mitunter gut auf Strahlentherapie an. Via Druckentlastung wirkt die Punktion eines Aszites oder Pleuraergusses, gleiches gilt im Hinblick auf die Reduktion einer Leberkapselspannung oder einer Nervenkompression. Bei gastrointestinalem Verschluss erreicht man mithilfe von Sonden schmerzlindernde Entspannung im System.


Da alle diese Maßnahmen aber erst mit einer gewissen Latenz greifen, muss gleichzeitig eine effektive analgetische Medikation angesetzt werden. Haben Sie anhand von Schmerzintensitätsskalen – oder bei Patienten, die sich nicht adäquat äußern können, durch Angehörigenbefragung – eine leichte bis mittlere Schmerzintensität ermittelt, empfehlen die Experten folgendes Vorgehen: Sofern man mit oralen Nicht-Opioid-Analgetika nicht auskommt, sollten zusätzlich Stufe-II-Opioide (alternativ niedrig dosierte Stufe-III-Opioide) auf oralem Weg verabreicht werden.

Auch langsam freisetzende Opioide zum Einstieg geeignet


Morphin oral ohne Schlucken

Die orale Applikation schließt den Leitlinienautoren zufolge die enterale Applikationsform ein, z. B. über PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie).


Bei Patienten mit Schluckstörungen stehen neben den transdermalen oder parenteralen Anwendungen auch andere Applikationswege zur Verfügung. Beispielsweise kann Morphin in flüssiger Form (schnell freisetzend) oder als retardiertes Granulat über enterale Sonden (Magensonde, PEG) verabreicht werden.

Bei mittel bis stark ausgeprägter Symptomatik greift man dagegen direkt zu Stufe-III-Opioiden der ersten Wahl: Morphin, Oxycodon und Hydromorphon. Auch Levomethadon kann in dieser Situation eingesetzt werden, wegen seiner komplexen Pharmakologie aber nur von schmerztherapeutisch erfahrenen Ärzten, heißt es.


Zwecks individueller Anpassung wird zunächst eine niedrige Dosis verabreicht und dann bis zur gewünschten Wirkung nach oben titriert. Mit Einführung retardierter Opioide setzte sich die Titration mit schnell freisetzendem Opioid und einem anschließenden Wechsel zu einem Präparat mit langsamer Freisetzung durch. Die klinische Erfahrung zeigte, dass eine Opioid-Therapie auch mit langsam freisetzenden Opioiden im ambulanten Bereich begonnen werden kann, so die Leitlinienautoren.


Kommt bei einem Patienten der orale oder transdermale Weg (s. auch Kasten) nicht in Betracht, besteht alternativ die Möglichkeit der subkutanen Applikation von Morphin oder Hydromorphon – laut Guideline „die erste Alternative“. Sollte eine subkutane Verabreichung kontraindiziert sein – etwa aufgrund peripherer Ödeme, Gerinnungsstörungen, schlechter peripherer Durchblutung oder Bedarf an hohen Volumina – nennen die Kollegen als nächste Alternative die intravenöse Applikation.

Bei Präparatewechsel Dosisanpassung berücksichtigen

Schwache Opioide für mittlere TumorschmerzenAuch für den Fall, dass bei starkem Leidensdruck eine schnelle Schmerzkontrolle notwendig erscheint, wird die intravenöse Verabreichung für die Opioid-Titration empfohlen, ebenso für Patienten, deren Beschwerden mit oraler und transdermaler Behandlung nicht zu beherrschen sind.


In solchen Fällen zieht man evtl. die kontinuierliche intravenöse oder subkutane Opioidgabe heran. Die subkutane und intravenöse Therapie kann auch patientenkontrolliert erfolgen, ergänzen die Kollegen.


Beim Präparatewechsel soll der behandelnde Arzt erforderliche Dosisanpassungen beachten: Steht ein Wechsel von der oralen zur subkutanen oder intravenösen Morphin-Therapie an, sollte dies entsprechend einer relativen analgetischen Potenz zwischen 3:1 und 2:1 erfolgen.


Der rektale Applikationsweg stellt definitiv nur eine Methode zweiter Wahl dar. Als Gründe dafür nennen die Kollegen mangelnde zeitnahe Verfügbarkeit und schlechte Akzeptanz aufseiten der Patienten.

Metamizol mit starken Opioden gut kombinierbar

Empfehlungen gibt es auch zum Wechsel von einem Stufe-III-Opioid auf ein anderes. Ein solcher Wechsel kann im Hinblick auf ein besseres Ansprechen erfolgreich sein – doch muss man dabei unbedingt darauf achten, dass äquianalgetische Opioid-Dosierungen eingesetzt werden (s. Tabelle). Initial sollte man das neue Präparat bei der Umstellung sogar in einer niedrigeren als die berechnete Dosierung verabreichen und sie dann bis zur zufriedenstellenden Wirkung titrieren.


Umrechnen bei OpioidwechselBesondere Hinweise geben die Autoren u.a. zur Handhabung der Nicht-Opioide. Metamizol kann bei leichten Schmerzen als Monotherapie, bei stärkerer Symptomatik auch kombiniert mit Opioiden eingesetzt werden. Wird ein Regime mit Stufe-III-Opioiden durch NSAR ergänzt, trägt dies günstigenfalls zur Dosisreduktion der starken Analgetika bei. Da NSAR v.a. bei älteren und multimorbiden Menschen die Gefahr schwerer Nebenwirkungen bergen, werden Metamizol oder Paracetamol ggf. zur Kombinationstherapie bevorzugt, auch wenn ihre Effektivität schlechter belegt ist.


TTS = Transdermale Therapeutische Systeme

* Beispiel: 60 mg orales Morphin zu 35 μg/h TD Buprenorphin (gleich 0,8 mg/24 h)
** Beispiel: 60 mg orales Morphin zu 25 μg/h TD Fentanyl (gleich 0,6 mg/24 Stunden)


Quelle: 1. Leitlinienprogramm Onkologie, S3-Leitlinie 2015 „Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung“, AWMF-Registernummer: 128/001OL

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