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Überlebenschance beim akuten Atemnotsyndrom steigern

Zu den wichtigsten Ursachen des Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) zählen Infektionen mit oder ohne pulmonale Genese. Weniger häufig finden sich Aspirationen, Massentransfusionen, Traumata und Pankreatitis. In etwa 5–10 % der Fälle führen Tumoren, Autoimmunerkrankungen oder toxische Medikamentenwirkungen zur akuten respiratorischen Insuffizienz. Zudem spielen genetische Faktoren eine Rolle, schreibt ein Team um Dr. Katherine Wick von der University of Minnesota in Minneapolis.
Als typische Begleiterkrankungen des ARDS gelten Diabetes, COPD und Herzinsuffizienz. Auch Luftverschmutzung (z. B. Feinstaub), chronischer Alkoholkonsum und Rauchen erhöhen das respiratorische Risiko. Als kennzeichnend für das Syndrom gilt eine diffuse Schädigung der Lungenbläschen mit proteinreichem intraalveolärem Ödem, Bildung von hyalinen Membranen und neutrophiler Inflammation.
Entscheidend für den Therapieerfolg ist eine gute Intensivbehandlung. Sie verringert die Mortalität und verkürzt die Dauer der mechanischen Ventilation – vorausgesetzt, die Erkrankung wird rechtzeitig erkannt. Zu wichtigen Maßnahmen zählen eine lungenschonende Beatmung und Bauchlagerung. Niedriges Atemzugvolumen (6 ml/kg geschätztes Körpergewicht) und ein Plateaudruck < 30 cm H2O senken die Sterblichkeit, die Applikation sollte deshalb schon bei vermutetem ARDS erfolgen. Ein dauerhaft sehr hoher positiver endexspiratorischer Druck sollte vermieden werden.
Bei sehr schwerem ARDS kann als Rescue-Therapie die extrakorporale Membranoxygenierung genutzt werden. Eine Metaanalyse mit allerdings nur zwei randomisierten kontrollierten Studien (RCT) ergab nach 30 und 60 Tagen eine reduzierte Mortalität. Die Bauchlagerung bietet wahrscheinlich auch bei nicht invasiv beatmeten Patientinnen und Patienten Vorteile und hilft, die Intubation zu vermeiden.
Für die neuromuskuläre Blockade bei moderatem bis schwerem ARDS ermittelte eine RCT eine Mortalitätsreduktion um etwa 9 %. Eine weitere Arbeit konnte diesen Erfolg jedoch nicht bestätigen. Letztere hatte jedoch das Manko, dass die ventrale Lagerung relativ selten genutzt wurde und somit einen Vergleich der beiden Untersuchungen erschwerte.
In den ARDS-Leitlinien der European Society of Intensive Care Medicine wird gegen einen routinemäßigen Einsatz der neuromuskulären Blockade argumentiert, die American Thoracic Society formuliert hingegen eine Kann-Empfehlung. Ein restriktives Flüssigkeitsmanagement reduziert die Dauer der mechanischen Beatmung und verkürzt den Aufenthalt auf der Intensivstation.
Bei der medikamentösen Behandlung sollten reversible Einflussfaktoren identifiziert und angegangen werden. Ein Kandidat für die ARDS-Therapie sind Statine, weil sie in den Pathomechanismus eingreifen. Zwei große RCT vermochten jedoch keinen Benefit zu zeigen. Paracetamol könnte wirken, aber weitere Untersuchungen stehen noch aus. Die aktuelle Forschung beschäftigt sich vor allem mit dem Einfluss systemischer Glukokortikoide. Ihr Benefit bei unselektierten Patientinnen und Patienten mit ARDS wurde extensiv untersucht – mit unterschiedlichem Erfolg. Zusammen betrachtet legen die bisherigen Studien nahe, dass Steroide bei ausgewählten Personen mit ARDS einer Progression zur Beatmungspflichtigkeit vorbeugen und möglicherweise die Mortalität verringern.
Das akute Atemnotsyndrom schädigt nicht nur die Lunge, auch in anderen Organen treten oft Funktionsstörungen auf, vor allem in Gehirn, Nieren und Herz. Es besteht ein Risiko für Delir und dauerhafte kognitive Einschränkungen. Auch die körperliche Leistungsfähigkeit ist vielfach beeinträchtigt, und zwar häufiger und schwerer bei Patientinnen und Patienten mit ARDS ohne SARS-CoV-2-Infektion als mit. Und nicht zuletzt droht eine Lungenfibrose.
Quelle: Wick KD et al. BMJ 2024; 387: e076612; doi: 10.1136/bmj-2023-076612
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