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Unterschätze Risiken bei der Beschneidung
Eigentlich ist es ein sogenannter Anfänger-Eingriff: Das bisschen Vorhaut wegschneiden kann nicht so schwierig sein, denken vielleicht auch Sie. Tatsächlich kann bei der häufig durchgeführten Operation jedoch einiges schiefgehen ...
Eines ist klar: Erlebt ein Operateur im Rahmen einer Routine-Zirkumzision plötzlich eine unangenehme Überraschung, etwa wenn er eine zuvor unbekannte Hypospadie freilegt, muss er den Eingriff sofort abbrechen. Denn für die Folgeoperation sollten möglichst „originäre Verhältnisse“ gewahrt werden, erläutern Dr. Martin Promm und Dr. Wolfgang H. Rösch vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Regensburg.
Um solche Pannen zu vermeiden, sprich Hypo- oder Epispadien als Kontraindikationen für den Eingriff rechtzeitig zu erkennen, bedarf es präoperativ der sorgfältigen klinischen Untersuchung des Genitales: Verläuft die Raphe untypisch? Besteht eine Penisdeviation oder eine Auffälligkeit des Präputiums?
Beschneidung: Fast immer Kinder, meist medizinisch indiziert
Meist handelt es sich bei den Beschneidungskandidaten um Kinder. Als häufigste Indikationen für Zirkumzisionen in Deutschland nennen die Kollegen medizinische Gründe, etwa Phimosen oder ein Lichen sclerosus.
Im Fall von Fehlbildungen ebenso wie bei sexuellen Differenzierungsstörungen muss die Vorhaut erhalten werden, weil man sie eventuell für plastische Rekonstruktionen braucht, betonen die Kinderurologen – also besteht auch in solchen Situationen eine Kontraindikation für den Eingriff.
Was die Zirkumzision selbst betrifft, so wird die Komplikationsrate mit bis zu 10 % angegeben. Meist handelt es sich um Nachblutungen durch unzureichende Koagulation v.a. im Frenulum-Bereich. Diese hohe Rate ließe sich evtl. reduzieren, indem man während der präoperativen Beratungs- und Aufklärungsgespräche intensiver nach möglichen Gerinnungsstörungen forscht.
Zirkumzision mit bis zu 10% Komplikationen
Eine strukturierte Anamnese leistet hierbei bessere Dienste als die routinemäßige präoperative Gerinnungsanalyse, merken die Autoren an. Direkt nach dem Eingriff beobachtet man häufig eine Entzündung im Bereich des Meatus.
Diese Meatitis legt sich üblicherweise von selbst. Eventuell kann eine topische Antibiotikatherapie die Heilung fördern. Spätkomplikationen treten laut einer Analyse von 9000 Neugeborenen-Zirkumzisionen in knapp 5 % der Fälle auf. Es kann zu verschiedenen Problemen kommen:
Am häufigsten beschrieben wurde eine revisionsbedürftige inkomplette Zirkumzision mit unschönem ästhetischem Ergebnis (ca. 40 %).
Klinisch relevante Meatusstenosen betrafen 26 % des Untersuchungskollektivs.
Postoperative Infektionen verzeichnete man allgemein in etwa jedem zehnten Fall.
Beschneidungs-komplikation: am häufigsten ästhetische Mängel
Glücklicherweise kommt es sehr selten zu nekrotisierender Fasziitis bzw. Sepsis, kommentieren Dr. Promm und Dr. Rösch. Wird zu viel Vorhaut reseziert, benötigt der Patient eventuell eine Hauttransplantation.
Hautbrücken und Präputialverklebungen können den Penis sozusagen „versenken“: Insbesondere bei Adipösen resultiert dann das Bild des „buried penis“.
Urethrokutane Fisteln sind eher eine seltene Komplikation. Hierzu kann es kommen, wenn die monopolare Diathermie angewandt wurde – auch Verbrennungen bis hin zum Penisverlust sind möglich, weswegen die Methode der bipolaren Diathermie bevorzugt wird.
Lokale Wundinfekte oder eine zu tief gestochene Frenulumnaht, welche die Harnröhre mit erfasst, bilden ebenfalls mögliche Ursachen für urethrale Fisteln.
Beschneidung im Plastibell-Verfahren häufig mit Schwierigkeiten
Und auch der sogenannte „Plastikring“ kann Probleme bereiten: Vor allem im niedergelassenen Bereich wenden Kollegen alternativ zur Beschneidung „frei Hand“ das sogenannte Plastibell-Verfahren an. Sehr häufig (in ca. 20 %) fällt der Ring zu spät ab.
Dann heißt es: Das Plastikteil muss operativ entfernt werden und Gewebenekrosen sind abzutragen. Eine signifikante Zunahme dieser Komplikation sehen die Autoren bei Kindern nach dem ersten Lebensjahr.
Quelle: M. Promm, W. H. Rösch, Urologe 2014; 53: 663-670
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