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Unterschätzte Ursache akuter Nackenschmerzen bei Älteren

Eine 87-jährige Frau erwacht eines Morgens mit heftigen Nackenschmerzen. Weitere Symptome liegen nicht vor. Später in der Klinik verneint sie Fieber und Schüttelfrost, an ein Trauma kann sie sich nicht erinnern. Bei der körperlichen Untersuchung fällt eine völlig immobile Halswirbelsäule auf. Eine radikuläre Symptomatik fehlt und eine Fraktur kann mittels CT ausgeschlossen werden, so Dr. Marius Ziegert und Kollegen vom Albertinen-Krankenhaus Hamburg.
Die Labordiagnostik ergibt eine massive Erhöhung von CRP (260 mg/l) und BSG (54 mm/h). Die Fokussuche verläuft negativ. An Vorerkrankungen bestehen ein Typ-2-Diabetes und eine Polymyalgia rheumatica, die mit Kortison behandelt wird (2 mg/d).
Ein Rezidiv der Polymyalgie gilt wegen der starken Inflammation als weniger wahrscheinlich. Bei dem hochakuten entzündlichen Nackenschmerz kommen vor allem vier Differenzialdiagnosen in Betracht: Meningitis, Spondylodiszitis, Gicht und Pseudogicht der HWS.
Die Pseudogicht, auch als Pyrophosphatarthropathie bekannt, kann Achsenskelett und periphere Gelenke befallen. Die bekannteste Sonderform ist das Crowned-Dens-Syndrom mit einer Beteiligung des Atlantodentalgelenks. Dabei lagern sich Kalziumpyrophosphate oder seltener Hydroxylapatit im Bereich des Dens axis und der umliegenden Bänder ab. Die Ursache der Ablagerungen ist ungeklärt.
MRT zum Ausschluss einer Kompression des Halsmarks
Diagnostischer Goldstandard ist die Computertomografie. Sie ermöglicht eine Darstellung der Ablagerungen entlang der periodontalen Ligamente. Ihr Aussehen ähnelt einer Krone, die auf dem Dens axis sitzt. Zusätzlich können subchondrale Zysten und Erosionen vorliegen. Die MRT dient dem Ausschluss anderer Erkrankungen wie der Spondylodiszitis und ermöglicht den Nachweis einer Kompression des Halsmarks.
Bei der alten Dame zeigt die CT ausgeprägte Sklerosierungen der im atlantodentalen Gelenk artikulierenden Knochenabschnitte. Die MRT ergibt keinen Hinweis auf eine Spondylodiszitis. Stattdessen fällt eine Kontrastmittelanreicherung um den Fortsatz des zweiten Halswirbels im prävertebralen Gewebe und in den angrenzenden dorsalen Wirbelkörperanteilen auf. Aufgrund der Befunde diagnostizieren die Autoren ein Crowned-Dens-Syndrom.
Sie behandeln die Patientin mit hoch dosiertem Prednisolon (50 mg/d). Zur Einsparung von Steroiden aufgrund des vorliegenden Diabetes und zur Rezidivprophylaxe beginnen sie zudem eine niedrig dosierte Colchicintherapie. Darunter bessert sich der Zustand der Frau rasch.
Das Crowned-Dens-Syndrom wird zu selten erkannt, sind die Autoren überzeugt. Es könnte ihrer Ansicht nach für bis zu 2 % der Fälle mit akuter Nackensteifigkeit verantwortlich sein. Bei der Kombination von Nuchalgie und erhöhten Entzündungsmarkern sollte man vor allem bei älteren Patienten an diese Erkrankung denken.
Die Behandlung erfolgt analog zum Gichtanfall. Zur Verfügung stehen nicht-steroidale Antirheumatika, Glukokortikoide und Colchicin. Bei Therapieresistenz kann der Interleukin-1-Rezeptorantagonist Anakinra kurzfristig eingesetzt werden. Spätestens nach dem zweiten Schub ist eine Rezidivprophylaxe sinnvoll.
Quelle Text und Abb.: Ziegert M et al. Hamburger Ärzteblatt 2023; 77: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
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