
Urlaub in fernen Gefilden: Familien beraten und gezielt impfen
Für die Erstellung eines Impfplans vor der Urlaubsreise ist nicht nur das gewählte Reiseland bzw. seine Region wichtig, sondern auch die Reisebedingungen, d.h. Jahreszeit, Aufenthaltsdauer, individuelle Verfassung und Standard der Unterbringung spielen eine entscheidende Rolle. All das gilt es zu berücksichtigen – für Eltern wie für Kinder. Eine Impfberatung vor dem Urlaub ist daher immer eine sehr individuelle Leistung, betont Professor Dr. Sieghart Dittmann, Wissenschaftlicher Beirat der Sektion Impfen, Deutsches Grünes Kreuz.
Vor Pauschalreisen in fernere Länder sollten zunächst die Standard-Impfungen nach STIKO-Kalender überprüft werden:
- Hat das Kind zwei Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen erhalten?
- Erfolgte die Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Tetanus, Polio, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ B und Hepatitis B?
- Ist der unter Zweijährige gegen Pneumokokken geimpft?
- Wie sieht es mit der Meningokokken-C-Impfung aus?
- Wurden die Auffrischungen bzw. Nachholimpfungen im Vorschul-, Schul- und Jugendlichenalter durchgeführt?
- Hat das Mädchen drei HPV-Impfungen erhalten?
Der geplante Urlaub kann ggf. ein sinnvoller Anlass sein, vorhandene Lücken zu schließen. Bei Säuglingen unter sechs Monaten empfehlen viele Experten zudem die Impfung gegen Rotaviren.
⇒ Meningokokken-Impfung
Die Raten der Meningokokken-Impfung (Men C) liegen in Deutschland noch recht niedrig. Für Kinder und Jugendliche ab elf Jahren steht auch ein 4-valentes Serum gegen die Serogruppen A, C, W135 und Y zur Verfügung. Die STIKO rät zu dieser Impfung, insbesondere vor einer Reise in ein Hochrisikogebiet (z.B. „Meningitis-Gürtel“ in Afrika).
⇒ FSME-Impfung
Die FSME-Impfung mit einem Totimpfstoff wird bei allen Reisen in Endemiegebiete – auch innerhalb Deutschlands – empfohlen. Die Impfstoffe für Kinder sind ab einem Jahr zugelassen. Routinemäßig wird die Immunisierung an den Tagen 0, 28 und 300 i.m. durchgeführt, alternativ kann bei später Vorstellung der Patienten eine Schnellimmunisierung an den Tagen 0, 7 und 21 erfolgen. Die Effektivität liegt bei 99 %, Auffrischungen sind jeweils nach drei Jahren empfohlen.
Während der ersten vier Tage nach der Gabe – vor allem nach der ersten Impfung – zeigen sich häufig Allgemeinsymptome wie Temperaturerhöhung, Kopfschmerzen, Mattigkeit, Magen-Darm-Beschwerden sowie Taubheitsgefühle und Kribbeln. Jüngere Kinder leiden etwas häufiger an Fieber als ältere. Auch Arthralgien und Myalgien sind keine Seltenheit. An der Injektionsstelle sind Rötung, Schmerzen und Schwellungen möglich. In Einzelfällen wurde über allergische Reaktionen oder Erkrankungen des Nervensystems ([Poly-]Neuritis, Enzephalitis, Guillain-Barré-Syndrom) berichtet.
⇒ Hepatitis-A-Impfung
Das höchste Reise-Infektionsrisiko besteht für die Hepatitis A. Die Gefahr kann durch ausreichende Hygiene und andere Maßnahmen, wie keine rohen Speisen essen, nur abgekochtes Wasser trinken, auf Eis (-Würfel) verzichten und nur geschältes Obst verzehren, bereits deutlich gesenkt werden. Dennoch gilt die Immunisierung gegen Hepatitis A als klassische Reiseimpfung. Die Infektion ist weltweit verbreitet, die höchsten Durchseuchungsraten weisen Entwicklungsländer auf. Bei Kindern verläuft die Erkrankung häufig klinisch inapparent, unter 5-Jährige erkranken nur zu weniger als 10 %.
Die aktive Immunisierung erfolgt mit einem Totimpfstoff, der initial und nach sechs bis 12 Monaten i.m. verabreicht wird. Die Effektivität ist sehr hoch, schon nach der ersten Impfung entwickeln fast alle Menschen unter 40 Jahren einen schützenden Antikörpertiter. Der zweite Piks erhöht die Spiegel noch einmal um den Faktor 10 bis 50 und verleiht einen Schutz, der nach bisherigen Berechnungen mindestens 20 Jahre anhalten dürfte.
Das Hepatitis-A-Serum zählt zu den am besten verträglichen, etwa 4 % der Geimpften berichten innerhalb der ersten drei Tage über Rötung, Schwellung und Schmerzen an der Injektionsstelle, bei ein bis 10 % kommt es zu Allgemeinreaktionen wie Temperaturerhöhung, Kopf- und Gliederschmerzen oder Müdigkeit. Echte Komplikationen (Allergie, Erythema multiforme) sind selten.
⇒ Impfung gegen Typhus
Das Infektionsrisiko für Typhus liegt deutlich unter dem der Hepatitis A. Ob eine Impfung ratsam ist, wird individuell nach Risikoprofil entschieden. Zur Immunisierung stehen ein oraler, attenuierter Lebendimpfstoff (ab einem Jahr) sowie zwei i.m. zu injizierende Totimpfstoffe (ab 2 Jahren) zur Verfügung. Zudem gibt es noch zwei Kombinationsseren gegen Typhus und Hepatitis A (beide zur i.m.-Gabe), die ab dem 15. bzw. 16. Lebensjahr zugelassen sind.
Nach allen Typhus-Impfungen kann es zu Magen-Darm-Beschwerden, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Temperaturerhöhung kommen. Selten wurden allergische Haut- oder Bronchialreaktionen beschrieben. Bei den injizierbaren Seren sind auch lokale Rötungen, Schwellung und Schmerzen möglich. Allgemeinsymptome zeigen sich unter den Kombinationsseren häufiger, oft begleitet von Juckreiz. Die Erfolgsraten der Vakzination liegen zwischen 55 und 72 %.
⇒ Gelbfieber-Impfung
Die Impfung gegen Gelbfieber wird von einigen Ländern als Pflichtimpfung verlangt. Verbreitet ist die Infektion vor allem im tropischen Afrika und tropischen bis subtropischen Mittel-/Südamerika. Der attenuierte Lebendimpfstoff (s.c. verabreicht) erzeugt bei über 95 % der Immunisierten nach etwa sieben bis zehn Tagen einen Schutz, der über Dekaden (evtl. lebenslang) anhält. Formal erhält die Impfung nach zehn Tagen ihre Gültigkeit, die nach zehn Jahren erlischt. Die WHO rät dann auch zur Auffrischung.
Zugelassen ist das Serum ab dem 9. Lebensmonat, unter besonderen Umständen darf es auch schon Kindern ab dem 6. Lebensmonat gegeben werden. Davor ist die Immunisierung wegen erhöhter Komplikationsgefahr (mit Gelbfieber-Impfstoff assoziierte viszerale Erkrankung, YEL-AVD, mit drohender Enzephalitis bei Säuglingen) untersagt. Bei etwa 5 % der erstmals Geimpften kommt es nach etwa fünf bis sechs Tagen zu leichtem Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit.
Die Rate an YEL-AVD und der mit Gelbfieber-Impfstoff assoziierten neurologischen Erkrankung (YEL-AND) wird auf zwei bis fünf Fälle pro einer Million verabreichter Impfdosen geschätzt. Kinder unter fünf Jahren und Menschen über 60 Jahre sind häufiger betroffen.
Was brauchen die Kinder von Rucksacktouristen?
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Handbuch der Impfpraxis, Hrsg. Sieghart Dittmann, DGK Beratung + Vertrieb GmbH, ISBN 978-3-9814825-0-8
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