Unberechenbare Seuchen: Reiseimpfberatung am Auswärtigen Amt vorbei

Dr. Friederike Klein

Die nur 3–4 mm kleine Mücke Aedes aegypti überträgt Gelbfieber, Dengue, Zika und andere Viruserkrankungen. Sie ist weltweit in den Tropen und Subtropen verbreitet. Die nur 3–4 mm kleine Mücke Aedes aegypti überträgt Gelbfieber, Dengue, Zika und andere Viruserkrankungen. Sie ist weltweit in den Tropen und Subtropen verbreitet. © CDC/James Gathany

Das Auswärtige Amt gibt in seinen Länderinformationen nicht selten „Impfentwarnung“. Dennoch kann es gute Gründe geben, eine Impfung gegen reisemedizinisch relevante Infektionskrankheiten zu empfehlen. Das zeigen Beispiele zur aktuellen Weltseuchenlage.

Während der Trockenzeit (Dezember bis April) kommt es im afrikanischen Meningitisgürtel, einem Gebiet vom Senegal bis Äthiopien, regelmäßig zu Meningokokken-Epidemien. Zunehmend wurden auch Infektionen aus südlicher gelegenen afrikanischen Ländern gemeldet, berichtete Professor Dr. Tomas Jelinek vom Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin. In den zurückliegenden Monaten waren Äthiopien, Mali, Niger, Nigeria und Togo von zahlreichen Infektionen, teils mit Todesfolge, betroffen.

Erstmals wurden auch Pneumokokken als Auslöser berichtet. Wahrscheinlich wurden die Pneumokokken nur deshalb identifiziert, weil die meningokokkenbedingten Erkrankungen aufgrund eines von der Gates-Foundation finanzierten Impfprogramms um eine Zehner­potenz verringert wurden.

„Das Auswärtige Amt empfiehlt die Pneumokokkenimpfung aber nicht – mit dem Argument, man wisse nicht, welche Pneumokokken das sind“, klagte Prof. Jelinek. Das sei durch die Datenlage aber nicht gestützt. Die meisten dort isolierten Pneumokokken würden sehr wohl durch den verfügbaren 13-valenten Impfstoff abgedeckt. Deshalb empfiehlt er allen Reisenden in diese Region zusätzlich zur tetravalenten Meningokokken-Impfung eine Pneumokokken-Impfung mit der 13-valenten Vakzine, und zwar nicht nur in der Saison, sondern besser ganzjährig.

Gelbfieber-Impfung für Reisen in alle Teile Brasiliens

Gelbfieber ist in vielen Regionen weltweit auf dem Vormarsch. In Brasilien hat im Januar der mutmaßlich größte Gelbfieberausbruch der letzten 30 Jahre begonnen. Auch Bundesstaaten, die bislang als nicht betroffen galten, verzeichnen Erkrankungen, so São Paulo oder Rio de Janeiro. Die Durchimpfungsrate der Bevölkerung ist gering, weshalb sich die Infektion rasch ausbreiten kann. „Allein São Paulo hat 26 Mio. Einwohner, so viel Impfstoff haben wir gar nicht“, bekannte Prof. Jelinek. Umso mehr muss seiner Meinung nach allen Reisenden nach Brasilien, egal, in welche Region sie fahren, die Gelbfieberimpfung dringend empfohlen werden.

Deutscher Exportschlager: Masern

Deutschland ist Masernexportland – durchaus erfolgreich, berichtete Prof. Jelinek. Deshalb kommt es immer mal wieder vor, dass bei Reisenden die Impfausweise kontrolliert werden, so letztes Jahr bei Reisen nach Ecuador. „Das ist durchaus beschämend für eine Industrienation“, meinte er. Dieses Jahr lag die Zahl der gemeldeten Maserninfektionen in Deutschland bis zur 13. Kalenderwoche bereits bei 410, das sind schon zu diesem Zeitpunkt mehr Fälle als im ganzen Jahr 2016 zusammen.

Das Auswärtige Amt hält die Vakzination bislang nicht für erforderlich, wenn nur Städte wie Rio de Janeiro, São Paulo, Salvador, Recife, Vitória und Fortaleza besucht werden. Denn die bisherigen Fälle konnten meist auf einen Aufenthalt in Waldgebieten zurückgeführt werden. Allerdings kann schon die Weiterreise in ein anderes süd- oder mittelamerikanisches Land bei fehlender Impfung behindert werden, z.B. nach Bolivien, Jamaika, Kuba, Nicaragua oder Ecuador.

Malaria ist laut Prof. Jelinek immer für eine Überraschung gut. Im südlichen Afrika, wo lange ein Rückgang der Erkrankungszahlen zu verzeichnen war, haben erhöhte Niederschlagsmengen mit entsprechend starker Mückenvermehrung wieder zu einem Anstieg der Infektionen geführt.

Safaritouristen sind leichte Beute für Malariamücken

Das betrifft auch typische Reiseziele wie Krüger Nationalpark, Etosha-Pfanne und Okawango-Delta, für die derzeit keine Malariaprophylaxe empfohlen wird. Gerade die an Wasserlöchern im Morgengrauen oder der Abenddämmerung nach den „großen Fünf“ Ausschau haltenden Touristen sind gefährdet – aufgrund dieses „mückenaufsuchenden Verhaltens“ seiner Einschätzung nach mehr als die Bevölkerung. Es sollte daher immer eine Malariaprophylaxe empfohlen werden, zumal der erneute Anstieg der Malariaerkrankungen im südlichen Afrika zeigt, dass die Malaria nie wirklich weg ist.

In Brasilien gab es in den letzten zwei Jahren einen Ausbruch durch ein Affen-Plasmodium (Plasmodium simium), das bislang nicht als humanpathogen galt. „Das gab es vor einiger Zeit auch schon mit einem anderen Affenplasmodium auf Borneo“, berichtete Prof. Jelinek. „Wir werden in Zukunft mit mehr Plasmodienarten rechnen müssen, die eine Malaria hervorrufen.“ Gegen diese Parasiten gibt es keine Prophylaxe, aber die Malaria-Notfallmittel helfen auch hier. Daher gehören sie mit in die Reiseapotheke in tropische Länder mit Malariavorkommen.

Quelle: 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin 

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Die nur 3–4 mm kleine Mücke Aedes aegypti überträgt Gelbfieber, Dengue, Zika und andere Viruserkrankungen. Sie ist weltweit in den Tropen und Subtropen verbreitet. Die nur 3–4 mm kleine Mücke Aedes aegypti überträgt Gelbfieber, Dengue, Zika und andere Viruserkrankungen. Sie ist weltweit in den Tropen und Subtropen verbreitet. © CDC/James Gathany