Verhütung: Führen die Antibabypille und andere kombinierte Verhütungsmethoden zu einer Gewichtszunahme?

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Es gibt keine überzeugenden Nachweise dafür, dass Antibabypille, Vaginalring oder Verhütungspflaster zwangsläufig zu einer Gewichtszunahme führen. Viele Frauen nehmen über die Jahre an Gewicht zu, unabhängig davon, ob sie hormonell verhüten oder nicht.



Die Antibabypille (umgangssprachlich oft einfach "Pille" genannt), das Verhütungspflaster und der Vaginalring zählen zu den kombinierten hormonellen Verhütungsmitteln. Sie werden Kombinationspräparate genannt, weil sie zwei Arten von Hormonen enthalten: ein Östrogen und ein Gestagen. (Eine Ausnahme ist die sogenannte Minipille, die nur ein Hormon enthält.) Für viele Frauen sind sie die bequemste Art, eine Schwangerschaft zu vermeiden: Sie müssen beim Geschlechtsverkehr oder davor nicht mehr an die Verhütung denken und haben selbst die Kontrolle darüber. Auf welche Weise hormonelle Verhütungsmittel wirken, können Sie hier nachlesen.

In vielen Ländern ist die Antibabypille das am häufigsten verwendete Mittel zur Geburtenkontrolle. Frauen, die die Pille wieder absetzen, geben jedoch häufig als Grund dafür an, dass sie dadurch zugenommen hätten. In klinischen Studien haben Frauen jedoch sowohl über eine Gewichtszunahme als auch über eine Gewichtsabnahme berichtet. Deshalb sind in den Packungsbeilagen hormoneller Verhütungsmittel sowohl Gewichtszunahme als auch -abnahme als mögliche unerwünschte Wirkungen aufgelistet. Ob diese Mittel wirklich dafür verantwortlich sind, wenn eine Frau zunimmt, ist sehr umstritten. Den Grund dafür erklären wir weiter unten.


Auswirkungen von hormonellen Verhütungsmitteln auf das Gewicht sind umstritten

Eine Gewichtszunahme entsteht häufig durch einen der folgenden Faktoren:

  • Wassereinlagerungen
  • Muskelaufbau (Muskeln sind schwerer als anderes Gewebe)
  • Zunahme des Körperfetts


Hormonelle Verhütungsmittel könnten theoretisch auf verschiedene Weise zur Gewichtszunahme beitragen - nachgewiesen wurde allerdings noch keine dieser Theorien. So wird vermutet, dass das Östrogen in der Antibabypille zu Wassereinlagerungen und einer Zunahme an Körperfett führt. Kombinationspräparate werden verdächtigt, den Appetit zu steigern und die Frauen zu verführen, mehr zu essen. Einige Hormone fördern den Muskelaufbau, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass hormonelle Verhütungsmittel dies bewirken.

Der Hauptgrund für die Annahme, dass hormonelle Verhütungsmittel das Körpergewicht steigern, liegt darin, dass einige Frauen (und Männer) mit der Zeit ohnehin etwas an Gewicht zunehmen, ob sie nun hormonelle Verhütungsmittel anwenden oder nicht. Um sicherzugehen, ob die Verhütungsmittel dieses Problem verstärken, müsste man folgende Studie durchführen: Eine Gruppe von Frauen wendet ein hormonelles Verhütungsmittel über längere Zeit an, eine andere Gruppe von Frauen nutzt keines; anschließend vergleicht man die Gewichtsentwicklung in beiden Gruppen.

Zwar gibt es sehr viele Studien zu hormonellen Verhütungsmitteln, allerdings sind letztere so effektiv, dass sie normalerweise nicht mit anderen Verhütungsmitteln oder Scheinmedikamenten (Placebos) verglichen werden. Hinzu kommt, dass Frauen in den Studien vor und nach der Anwendung nicht routinemäßig gewogen werden. Die Forscherinnen und Forscher halten zwar möglicherweise fest, wenn eine Frau angibt, die Anwendung aufgrund einer Gewichtszunahme abgebrochen zu haben. Allerdings lässt sich nicht sicher sagen, ob das Gewicht in einer der Gruppen insgesamt stärker zunimmt.

Um diese Unklarheiten aufzulösen, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Cochrane Collaboration nach aussagekräftigen Studien zu hormonellen Verhütungsmitteln gesucht, in der das Körpergewicht erfasst wurde.

Studienergebnisse belegen keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen hormonellen Verhütungsmitteln und Gewichtszunahme

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden nur drei Studien mit rund 1250 Teilnehmerinnen, die kombinierte hormonelle Verhütungsmittel mit Scheinpräparaten verglichen und deren Auswirkungen auf das Gewicht untersucht hatten. Eine dieser Studien wurde vor 30 Jahren durchgeführt, mit höheren Dosierungen der hormonellen Wirkstoffe, als sie heute eingesetzt werden. Keine der Studien fand einen deutlichen Zusammenhang zwischen hormoneller Verhütung und Gewichtszunahme. Allerdings waren diese Studien nicht groß genug, um eine eindeutige Antwort zu geben.

Die Forschergruppe fand weitere 41 Studien, die verschiedene Verhütungsmittel miteinander verglichen hatten und in denen auch das Gewicht erfasst wurde. Da es so viele verschiedene Arten von hormonellen Verhütungsmitteln gibt, reichte aber selbst diese Zahl an Studien nicht aus, um die Auswirkungen jedes einzelnen zu bestimmen. Auch aus anderen Gründen waren die Studien nicht sehr gut geeignet, um die Ausgangsfrage beantworten zu können. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler folgerten, dass auch diese Studien keine ausreichenden Belege für eine Gewichtszunahme durch hormonelle Verhütungsmittel lieferten.

Zudem zeigte sich kein Zusammenhang zwischen der Höhe der Dosis und der Gewichtszunahme. Wäre diese tatsächlich eine unerwünschte Wirkung der Hormone, würde man erwarten, dass eine höhere Dosis auch zu einer stärkeren Gewichtszunahme führt. Ein solcher Zusammenhang konnte nicht gezeigt werden. Die Daten reichen aber auch nicht aus, um die Theorie der Gewichtszunahme durch hormonelle Verhütung zu widerlegen. Sie machen einen Zusammenhang allerdings weniger wahrscheinlich.

Die Forschergruppe zog den Schluss, dass hormonelle Verhütungsmittel sehr wahrscheinlich nicht zu einer starken Gewichtszunahme führen. Denn falls dies so wäre, hätte es sich in den vorliegenden Studien gezeigt. Dieses Fazit schließt jedoch eine Gewichtszunahme in Einzelfällen nicht aus.

Falls Sie ein hormonelles Verhütungsmittel anwenden, zugenommen haben und glauben, dass das Mittel der Grund dafür ist, können Sie mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt überlegen, ob ein anderes hormonelles Verhütungsmittel für Sie infrage kommt. Es gibt viele verschiedene Präparate und Kombinationen, darunter sehr niedrig dosierte. Vielleicht wären auch nicht-hormonelle Verhütungsmittel eine Alternative; diese haben verschiedene Vor- und Nachteile gegenüber hormonellen Mitteln.


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