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Viele Senioren leiden unter einem Defizit an B-Vitaminen

Vitamin B1
Der Mangel an Thiamin manifestiert sich typischerweise (sub-)akut mit einer Wernicke-Enzephalopathie. Als klassisch wird eine Trias aus veränderter Augenmotilität, ataktischer Gangstörung und Verwirrtheit beschrieben. Allerdings verlaufen mehr als 80 % der Fälle monosymptomatisch, betonen Professor Dr. Marija Djukovic vom Evangelischen Krankenhaus Weende und Professor Dr. Christine von Arnim von der Universitätsmedizin Göttingen. Besonders gefährdet sind Personen mit erhöhtem Alkoholkonsum und alte Menschen mit Malignomen, Mangelernährung oder Diuretika- bzw. Dialysetherapie.
Diagnostiziert wird die Wernicke-Enzephalopathie anhand der Klinik. Bei betagten Patienten sollte man diese Erkrankung schon bei akuter Verwirrtheit oder einem Delir in Betracht ziehen. Der Thiaminspiegel im Blut ist wenig aussagekräftig. Hinweise können erhöhte Pyruvat-und Laktatspiegel oder die Erythrozyten-Transketolase-Aktivität geben. Da eine normale kraniale MRT die Enzephalopathie nicht ausschließt, raten die Expertinnen, schon im niederschwelligen Verdachtsfall rasch eine probatorische Therapie zu beginnen.
Es wird empfohlen, im Akutfall hochdosiert mit einer parenteralen Vitamingabe (3 x täglich 200–500 mg i.v.) zu beginnen – zusätzlich Magnesium geben, falls nötig. Bessern sich die Symptome, kann der Patient auf eine orale Gabe (100–200 mg) umgestellt werden. Die Behandlung sollte über mindestens vier Wochen fortgeführt werden, bei besonders Gefährdeten dauerhaft. Schließlich gilt es, den Übergang in ein irreversibles Wernicke-Korsakow-Syndrom zu verhindern.
Beriberi als B1-Mangel-Manifestation kommt heutzutage fast nur noch in Entwicklungsländern vor. Allerdings können in Ausnahmefällen auch Ältere aus Risikopopulationen (z.B. mit alkoholischer Kardiomyopathie oder nicht-ischämischer Kardiomyopathie) hierzulande davon betroffen sein.
Vitamin B6
Im Gegensatz zum Thiamindefizit entwickelt sich der Pyridoxin-Mangel schleichend. Da Vitamin B6 bei zahlreichen Reaktionen als Koenzym fungiert, ist die Symptomatik vielfältig. Typische Zeichen sind Appetitverlust, Anämie sowie Veränderungen von Haut- und Schleimhaut. Außerdem kann es zu einer Polyneuropathie und kognitiven Einschränkungen kommen. Senioren gelten dabei als besonders gefährdet – in Pflegeheimen sind bis zu 50 % der Bewohner betroffen. Resorptionsstörungen, Alkoholabusus und Niereninsuffizienz können einen Mangel fördern – ebenso Arzneimittelinteraktionen (z.B. Isoniazid, Theophyllin, L-Dopa). Eine Kontrolle des Vitaminspiegels im Plasma sichert die Diagnose.
Bei einer mangelbedingten Polyneuropathie wird eine parenterale Applikation von Pyridoxin (100 mg/d i.v. oder i.m.) für drei Wochen empfohlen. Anschließend folgt eine halbjährige orale Erhaltungstherapie (25–30 mg/d) inkl. Pyroxidinspiegel-Kontrolle nach dieser Zeit. Um eine Überdosierung mit schweren neurologischen Defiziten zu vermeiden, sollten auf lange Sicht nicht mehr als 25 mg/d eingenommen werden.
Vitamin B12
Das klinische Bild des sich ebenfalls langsam entwickelnden Cobalamin-Mangels reicht von frühen neuropsychiatrischen Beschwerden bis zu hämatologischen Symptomen. Betroffene leiden häufig an affektiven Störungen, vermehrter Irritabilität, psychotischen Manifestationen und kognitiven Einschränkungen bis zur Demenz. Außerdem kommt es nicht selten zu einer funikulären Myelose mit Gangataxie und sensiblen Defiziten, die durch eine ebenfalls mangelbedingte Polyneuropathie noch verstärkt werden können.
Auch Allgemeinsymptome wie Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme und Leistungsmangel können auf eine Hypovitaminose hinweisen. Die makrozytäre Anämie ist ein spätes Zeichen.
Im Alter wird der Cobalmin-Mangel am häufigsten durch eine zu geringe Magensäuresekretion ausgelöst, die die Aufnahme aus der Nahrung behindert. Auch eine Malabsorption anderer Genese oder die Langzeitbehandlung z.B. mit Metformin können ein Defizit verursachen. Der Nachweis erfolgt üblicherweise mit einer Stufendiagnostik: Zunächst wird der Vitamin-B12-Spiegel im Serum gemessen, bei Werten unter 400 ng/ml zusätzlich Holotranscobalamin und Methylmalonsäure (Cave: Eine Nierenerkrankung kann die Holo-TC-Werte erhöhen und dadurch die Ergebnisse verfälschen).
Unter einer frühzeitigen Therapie bilden sich fast alle Manifestationen der Hypovitaminose zurück – außer einer länger vorbestehenden Demenz. Bei einem manifesten Mangel, neuropsychiatrischen Symptomen und verminderter oraler Verfügbarkeit wird eine parenterale Behandlung empfohlen: initial mit 1000 µg/d für eine Woche, im folgenden Monat einmal pro Woche und danach einmal im Monat. Ohne derartige Gründe ist die orale Substitution (≥ 500 mg/d) gleichwertig und kann auch als Erhaltungstherapie genutzt werden.
Quelle: Djukovic M, von Arnim CAF. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 152-156; DOI: 10.1055/a-1210-5030
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