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Vitiligo: Haut und Seele behandeln
Mit einer weltweiten Prävalenz von einem Prozent ist Vitiligo die häufigste Depigmentierungsstörung. Die Erkrankung trifft Männer und Frauen gleichermaßen und tritt häufig bereits bei jungen Menschen zwischen 10 und 30 Jahren auf, schreiben Dr. Khaled Ezzedine von der Dermatologie im Hôpital Pellegrin in Bordeaux und Kollegen.
Nach der heutigen Klassifikation unterscheidet man zwei Formen. Am häufigsten ist die nicht segmentale Vitiligo mit symmetrischen bilateralen weißen, scharf begrenzten Flecken. Die Erkrankung beginnt häufig im Gesicht und an den Akren (acrofaziale Form) und kann sich dann über den gesamten Körper ausbreiten.
Vitiligo tritt häufig gemeinsam mit Thyreoditis auf
Die segmentale Form macht nur 5–16 % aller Vitiligo-Fälle aus. Hier treten die Läsionen bandförmig nur auf einer Körperseite auf. Meist tritt sie schon in jungen Jahren auf und im Unterschied zur nicht segmentalen Form kommt es in der Regel zu einer raschen Stabilisierung.
Die Ursachen der lokalen Melanozytenzerstörung sind unklar – vermutet wird ein Zusammenspiel von genetischen- und Umweltfaktoren. Die gängige Autoimmunhypothese wird vor allem dadurch gestützt, dass Vitiligo häufig zusammen mit anderen Autoimmunerkrankungen auftritt. Dies betrifft vor allem Hashimoto-Thyreoiditis und M. Basedow.
Zur Einschätzung des Ausmaßes der Erkrankung sollte die gesamte Haut mit der Wood-Lampe untersucht werden, schreiben die Dermatologen. Da der Verlauf der nicht segmentale Form unvorhersehbar ist, müssen die Patienten bald wieder einbestellt werden, um eine rasche Progression in einer sogenannten Akzelerationsphase auszuschließen.
Häufige Kontrollen um Progression auszuschließen
Außerdem sollte auf weitere Anzeichen von Autoimmunerkrankungen geachtet werden. Insbesondere die Bestimmung von TPO-Antikörpern wird empfohlen. Bei der nicht segmentalen Form neigen die Hautveränderungen dazu, besonders belastete oder „traumatisierte“ Hautstellen zu befallen (Köbner-Phänomen). Dies kann z.B. der einschnürende Bund der Unterhose sein oder ein drückender Schuh. Eine entsprechende Aufklärung der Patienten kann präventiv wirken.
Bei der Therapie geht es zum einen darum, die Repigmentierung in den befallenen Hautarealen anzukurbeln – zum anderen will man die weitere Ausbreitung aufhalten und die Erkrankung stabilisieren. Mittel der ersten Wahl ist die Anwendung potenter topischer Kortikosteroide (zum Beispiel Betamethason 0,10 % oder Clobetasol 0,05 %, jeweils einmal täglich).
Kortikosteroide blockieren Abbau und fördern Repigmentierung
Um lokale Nebenwirkungen zu vermeiden, empfiehlt sich eine intermittierende Behandlung (beispielsweise für 15 Tage im Monat über sechs Monate). Eine Alternative, vor allem im Gesichts- und Nackenbereich, sind Calcineurin-Inhibitoren wie Tacrolimus (zweimal täglich über ebenfalls sechs Monate).
Therapie der zweiten Wahl ist die Phototherapie. Die UVB-Lichttherapie (311 nm) ist hier mindestens genauso effektiv wie die nebenwirkungsreichere PUVA mit Einnahme von Psoralen. Mit entsprechenden Geräten und Lampen kann die UVB-Strahlung auch lokal im Bereich der Hautläsion erfolgen. Über die optimale Anwendungsdauer herrscht Uneinigkeit. Wenn nach drei Monaten noch keine Repigmentierung erkennbar ist, wird die Therapie aber meist abgebrochen.
UVB-Fototherapie bietet schonende Alternative
Bei rascher Ausbreitung kann der Versuch lohnen, die Progression durch eine orale „Minipuls“-Kortikosteroidtherapie auszubremsen (mittlere Dosierung von Betamethason oder Dexamethason für drei bis sechs Monate). Nach Stabilisierung der Erkrankung könen auch chirurgische Methoden wie Gewebe- und Zelltransplantationen zum Einsatz kommen. In sehr seltenen und ausgeprägten Fällen besteht die Möglichkeit, die gesunde Resthaut zu depigmentieren, um ein einheitliches Hautbild zu erreichen.
Die psychische Belastung der Patienten spielt eine entscheidende Rolle. Eine Heilung lässt sich nicht versprechen und auch das Ansprechen auf die symptomatische Therapie ist oft unbefriedigend für die Betroffenen. Viele Patienten – besonders solche mit dunklerer Haut – fühlen sich durch die sichtbaren Veränderungen stigmatisiert.
Scham und Ängste der Patienten nicht unterschätzen!
Scham ist eine typische Reaktion, auch Angst, Depression und Mangel an Selbstwertgefühl. Bei Kindern und Jugendlichen kann die normale Entwicklung gestört werden. Eine psychologische Betreuung und nicht zuletzt die Vermittlung geeigneter Schminktechniken haben daher entscheidende Bedeutung.
Quelle: Khaled Ezzedine et al., Lancet 2015; online first; http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(14)60763-7
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