Von Antikörpernachweis bis Biopsie

Dr. Dorothea Ranft

Im Biopsat aus dem Duodenum eines Erkrankten zeigt sich eine moderate Zottenatrophie.
Im Biopsat aus dem Duodenum eines Erkrankten zeigt sich eine moderate Zottenatrophie. © stock-adobe.com/ David A Litman

Noch dauert es im Schnitt mehr als vier Jahre, bis die Zöliakiediagnose steht. Das könnte viel schneller gehen. Ein Leitfaden erleichtert den Nachweis der glutengetriggerten Autoimmunreaktion.

Die serologische Zöliakie­diagnostik muss unter einer glutenhaltigen Ernährung erfolgen, um falsch-negative Befunde zu vermeiden. Denn die damit nachgewiesene Immunreaktion verringert sich unter einer Kost, die das Stoffgemisch nicht enthält, und normalisiert sich eventuell sogar.­Allerdings ernähren sich Patienten mit Zöliakieverdacht oft schon länger glutenfrei, bevor sie sich zur Abklärung in der Praxis vorstellen.

Negative HLA-Merkmale schließen Zöliakie aus

In diesem Fall sollten primär die krankheitsauslösenden HLA-Merkmale (HLA-DQ2.2, HLA-DQ2.5 und HLA-DQ8) bestimmt werden. Ein negativer Befund schließt die glutensensitive Enteropathie aus. Bei einem positiven Test gelingt eventuell der serologische Nachweis einer Restaktivität. Wenn nicht, muss eine alimentäre Exposition erfolgen. Optimal ist eine dreimonatige Ernährung mit etwa 10 g Gluten täglich. Falls diese Maßnahme unzumutbare Beschwerden auslöst, kann die Zufuhr langsam gesteigert werden. Sobald typische Symptome auftreten, wird die Diagnostik eingeleitet, schreiben Dr. ­Lukas Poralla­ und PD Dr. ­Michael Schumann­ von der ­Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Beim Zöliakienachweis unter Glutenzufuhr steht die serologische Abklärung an erster Stelle. Dabei sollten Gewebstransglutaminase-Antikörper (Tg-IgA) und Gesamt-IgA bestimmt werden – Letzteres, weil Zöliakiepatienten ein 10- bis 20-fach erhöhtes Risiko für einen selektiven IgA-Mangel tragen. Eine auffällige Serologie muss endoskopisch abgeklärt werden. Für die histologische Analyse werden mindestens sechs Proben aus Pars descendens und Bulbus benötigt, weil die Veränderungen mosaik­artig verteilt auftreten können.

Bei Kindern konnte gezeigt werden, dass ein zehnfach über der oberen Normgrenze liegender Tg-IgA-Antikörpertiter eine Zöliakie mit hoher Sensitivität und Spezifität detektiert. Deswegen darf die Diagnose bei Kindern auch ohne Biopsie gestellt werden. Der Nachweis erfordert jedoch eine zweite Blutentnahme. Dabei muss entweder der Endomysium-IgA-Titer bestimmt oder die Tg-IgA-Kontrolle wiederholt werden. Dieser Schritt dient in erster Linie dem Ausschluss von Verwechslungen im Labor.

Auch für Erwachsene konnte ein positiver prädiktiver Wert von 95–100 % bei mindestens zehnfach erhöhtem Tg-IgA gezeigt werden. Dennoch wird weiterhin eine bioptische Sicherung gefordert.

Bei histologischen Entzündungszeichen und negativer Serologie kann eine HLA-Diagnostik die Einordnung des Befunds erleichtern. Wenn erneut Symptome unter glutenfreier Ernährung auftreten oder der Verdacht auf eine refraktäre Zöliakie besteht, lässt sich die Diätadhärenz eventuell durch den Nachweis von Gluten in Urin oder Stuhl sichern. Vom diagnostischen Einsatz einer glutenfreien Kost raten die Autoren ab. Denn sie erschwert den Nachweis und führt zu unnötigen Einschränkungen bei Gesunden.

Nutritive Defizite mit Zusatzkost ausgleichen

Die primäre Therapie der Zöliakie besteht in einer ausgewogenen glutenfreien Kost, die maximal 10 bis 15 mg des Klebereiweißes enthält. Die Umsetzung ist nicht einfach und sollte deshalb von einer Ernährungsberatung begleitet werden. Dennoch auftretende nutritive Defizite können mit Zusatzkost ausgeglichen werden. Diese Möglichkeit wird jedoch noch zu wenig eingesetzt, monieren die Autoren. Ein Mangel an Vitaminen und Spurenelementen lässt sich mit Supplementen beheben. Als glutenfrei ausgewiesener Hafer kann die oft verringerte Ballaststoffzufuhr erhöhen. Die glutenfreie Ernährung verringert nicht nur das Risiko für brisante Langzeitkomplikationen wie Lymphome, Osteoporose, Neuropathien und Infertilität. Sie senkt auch nachweislich die erhöhte Letalität. Für asymptomatische Patienten konnte eine eindeutige Verbesserung der Prognose zwar bisher nicht belegt werden. Es gibt aber Fallberichte, wonach auch beschwerdefreie Patienten Lymphome entwickeln können. Außerdem kann die Diät das Wohlbefinden von Personen verbessern, die sich zuvor selbst für symptomfrei hielten.

Als refraktär wird eine Zöliakie definiert, wenn trotz mindestens zwölfmonatiger Diät erneut Beschwerden auftreten oder das Malabsorbtionssyndrom bestehen bleibt bei persistierenden histologischen Veränderungen. Betroffen sind etwa 1 % der Zöliakiepatienten. Unterschieden werden zwei Formen. Beim Typ 1 besteht eine Autoimmun­erkrankung, die sich mit Budesonid und bei Bedarf Azathioprin oder Methotrexat behandeln lässt. Der Typ 2 ist dagegen eine Lymphomvorstufe, erkennbar am Auftreten aberranter und klonaler T-Zellen. Bei betroffenen Patienten kann eine Chemotherapie die Überlebenszeit verlängern.

Quelle: Poralla L, Schumann M. Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 460-469;  DOI: 10.1055/a-1520-4184

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Im Biopsat aus dem Duodenum eines Erkrankten zeigt sich eine moderate Zottenatrophie.
Im Biopsat aus dem Duodenum eines Erkrankten zeigt sich eine moderate Zottenatrophie. © stock-adobe.com/ David A Litman