Von Arzt zu Arzt, von CT zu CT

DGIM 2022 Dr. Angelika Bischoff

Wäre man Alarmsymptomen wie hohen Entzündungszeichen und massivem Gewichtsverlust intensiver nachgegangen, hätte man die Krebsdiagnose wahrscheinlich früher stellen können. (Agenturfoto) Wäre man Alarmsymptomen wie hohen Entzündungszeichen und massivem Gewichtsverlust intensiver nachgegangen, hätte man die Krebsdiagnose wahrscheinlich früher stellen können. (Agenturfoto) © mike – stock.adobe.com

Von Fehldiagnosen gepflastert war der lange Weg durch die medizinischen Instanzen, die ein 42-Jähriger mit Oberbauchschmerzen absolvierte. Am Ende stand die Krebsdiagnose. Sie machte eine Multiviszeralresektion erforderlich.

Wegen seit Dezember 2014 bestehender Oberbauchschmerzen hatte sich der Patient im Januar 2015 erstmals in einem Krankenhaus vorgestellt. Gefunden wurden dort massiv erhöhte Entzündungszeichen, eine Abdomen-CT führte zum Verdacht auf eine gedeckte Perforation bei Divertikulitis an der linken Kolonflexur. Die Ärzte ordneten daraufhin Nahrungskarenz und Antibiose mit Cefuroxim/Metronidazol an, erklärte Prof. Dr. Herbert Tilg von der Universitätsklinik für Innere Medizin I in Innsbruck. Nach Rückgang der Entzündungszeichen wurde der Mann wieder nach Hause entlassen, klinische und bildgebende Kontrollen sollten folgen.

In der Kontrolle weiter Verdacht auf Entzündung

In der Kontroll-CT im Februar 2015 war das Ödem um die linke Kolonflexur etwas zurückgegangen. Es nahm inhomogen Kontrastmittel auf. Dies sprach am ehesten für eine entzündliche Veränderung, klare Hinweise für eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) gab es aber nicht. Darüber hinaus wurde ein geringer Aszites festgestellt. Die Therapie bestand nun in Paracetamol, Lactulose und – mit Blick auf eine doch mögliche CED – Mesalazin.

Im März suchte der Patient einen Internisten auf, der sonographierte und geringe Mengen freier Flüssigkeit feststellte. Er führte auch erstmals eine Endoskopie durch, in der er keine Divertikel finden konnte. Die Histologie aus Kolon und Ileum war unauffällig.

Zum Hausarzt ging der Patient ebenfalls immer wieder, wenn er erneut unter Bauchschmerzen litt. In den Laborbefunden, die dieser veranlasste, war der CRP-Wert wechselnd erhöht, teilweise massiv.

Diagnose Crohn ohne endoskopische Sicherung

Der Patient, der inzwischen 20 kg an Gewicht verloren hatte, suchte den nächsten Internisten auf. Der kam auf die Idee, nach einer Fruktose- oder Laktoseintoleranz zu forschen. Da sich dies nicht bestätigte, hielt der Kollege nun einen Morbus Crohn mit Dünndarmbeteiligung für die wahrscheinlichste Diagnose, ohne dass er dies endoskopisch sicherte. Der CRP-Wert war zu diesem Zeitpunkt nicht erhöht. Trotzdem setzte der Arzt eine Therapie mit 5 mg Prednisolon an.

Auch einem anderen Hausarzt, an den sich der Mann jetzt nach fast einem Jahr Leidensgeschichte wandte, fiel außer Laborkontrollen nichts ein: Der CRP-Wert blieb wechselnd erhöht, intermittierend bestand noch eine grenzwertige Leukozytose.

Eine weitere CT-Kontrolle kurz darauf zeigte, dass Aszites und Entzündung im Bauch zugenommen hatten. In einer CT sechs Monate später ließ sich dann zwar eine Besserung der ödematösen und entzündlichen Veränderungen feststellen. Im umliegenden Fettgewebe fanden sich allerdings bis 8 mm große Lymphknoten.

Zu diesem Zeitpunkt – also nach fast zwei Jahren Beschwerden mit fluktuierenden CRP-Werten, Aszites, einer stattlichen Reihe von CT-Untersuchungen sowie einer monatelangen unwirksamen Steroidvorbehandlung – kam der Patient in die Innsbrucker Klinik.

Dort bestätigte die Abdomensonographie zunächst den Aszites. Weil der Patient angab, eine CED zu haben, wurde er kolo- und gastroskopiert. Zeichen für eine CED ließen sich aber nicht erkennen, berichtete Prof. Tilg.

Bei der Endosonographie fiel eine pathologische Magenwandverdickung im Korpusbereich mit lediglich abschnittsweiser Schichtungsstörung auf. Die MRT der Schulter, das wegen der ständig geklagten Schulterschmerzen durchgeführt wurde, war dagegen ohne Befund.

In der PET-CT schließlich entdeckte man zwei aktive Läsionen im linken Unterbauch, die erste zwischen lateraler Magenwand und linker Kolonflexur, die zweite ventral der Milz. Ob es sich um einen entzündlichen oder malignen Prozess handelte, war nicht mit Sicherheit zu differenzieren. Die Abdomen-MRT gab jedoch Hinweise darauf, dass es sich möglicherweise um ein niedrig malignes Lymphom handeln könnte.

50 Stellen im Bauch vom Mesotheliom befallen

Bei der diagnostischen Laparotomie fanden die Chirurgen schließlich mindestens 50 kugelförmige Auflagerungen am Peritoneum und einige vergrößerte Lymphknoten im Omentum majus. Nach der his­tologischen Untersuchung des exzidierten Gewebes handelte es sich um ein malignes epitheliales Mesotheliom des Peritoneums und Omentum majus.

Der Patient erhielt eine Multiviszeralresektion (Magen, Hemikolon links, Milz), eine Peritonektomie und eine hypertherme intraperitoneale Chemotherapie. Weil in der PET vier Monate später erneut Stoffwechselaktivität im OP-Bereich beobachtet wurde, bekam er zusätzlich sechs Zyklen Cisplatin und Pemetrexed.

Alles in allem war der Weg zur richtigen Diagnose viel zu lang, betonte Prof. Tilg. Der Patient erhielt Diagnosen von Divertikulitis über Colitis bis zum Morbus Crohn, durchlief viele Laboruntersuchungen und immer wieder Bildgebungen. Wäre man Alarmsymptomen wie hohen Entzündungszeichen und massivem Gewichtsverlust intensiver nachgegangen, hätte man die Krebsdiagnose wahrscheinlich früher stellen können.

Quelle: 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

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Wäre man Alarmsymptomen wie hohen Entzündungszeichen und massivem Gewichtsverlust intensiver nachgegangen, hätte man die Krebsdiagnose wahrscheinlich früher stellen können. (Agenturfoto) Wäre man Alarmsymptomen wie hohen Entzündungszeichen und massivem Gewichtsverlust intensiver nachgegangen, hätte man die Krebsdiagnose wahrscheinlich früher stellen können. (Agenturfoto) © mike – stock.adobe.com