Von Bären und Tigern lernen: Qigong und Tai Chi Chuan

Dr. Beatrice Wagner

In asiatischen Ländern ist es morgens im Park ein gewohnter Anblick, und auch bei uns erregt es kein Aufsehen mehr: Menschen stehen geordnet beieinander und machen im Zeitlupentempo merkwürdige fließende Bewegungen. Das Ganze nennt man dann Qigong oder Tai Chi Chuan. Doch was ist das eigentlich, was so salopp als „Schattenboxen“ bekannt geworden ist?

Um es vorwegzunehmen: Qigong und Tai Chi Chuan sind nicht das Gleiche. Aber beides ist eine Art Bewegungsmeditation, sehr gesund und außerdem nicht ganz so leicht, wie es aussieht.

Qigong ist zu übersetzen mit „Übungen mit der Lebensenergie“. Durch eine spezielle Atemführung, bestimmte Körperhaltungen und -bewegungen und meditativer Konzentration soll die Lebensenergie Qi im Körper gelenkt und vermehrt werden. Wenn es dabei um sanfte Bewegungen geht, spricht man vom „medizinischen“ oder vom „spirituellen Qigong“. Das ist das, was wir im Park sehen.

Kung Fu soll die Energie verdichten

Das „Gong Fu Qi Gong“ (entspricht dem Kung Fu) ist uns ebenfalls bekannt, vor allem durch Shaolin-Mönche. Sie können mit der nackten Handkante Steine zersplittern lassen. Oder sie lassen Speere an ihrem bloßen Oberkörper einfach abprallen. Laut Aussagen eines „Meisters der Qi-Übungen“ kann man durch kontinuierliches Üben Energie aus der Atmosphäre aufnehmen, im Körper steuern und in einzelnen Körperteilen verdichten. Mithilfe solch geballter Qi-Kraft wird der Körper dann härter als Speer und Stein.

Die Grundformen gehen wahrscheinlich auf Tierbeobachtungen zurück. Der Legende nach war dem chinesischen Arzt Hua Tuo (112 bis 207) aufgefallen, dass Tiere im Vergleich zum Menschen eine bessere Gesundheit besitzen, und führte das auf bestimmte regelmäßige Bewegungsfolgen zurück. Er entwickelte das „Spiel der fünf Tiere“. Darin ahmte er Körperhaltungen und -bewegungen von Kranich, Bär, Hirsch, Affe und Tiger nach. Letztendlich waren das die Wurzeln des Qigong – und im Übrigen auch des Tai Chi Chuan.

Bei den Übungen im Qi Gong ist die Konzentration auf den Atem wesentlich: Denn der Atem hängt eng mit dem „Qi“ zusammen, das als ständig fließender Energiestrom den Körper beleben soll. Wenn die Energieleitbahnen blockiert sind und das Qi gestaut oder geschwächt wird, dann erkrankt der Mensch, so lehrt es die Traditionelle Chinesische Medizin.

Seit einigen Jahren wird diese Jahrtausende alte Vorstellung durch Forschungsergebnisse unterstützt. In physikalischen Experimenten zeigt Qi nämlich Eigenschaften eines elektromagnetischen Feldes. Damit würde es Zellen und Organe in ihrem Aufbau und in ihrer Funktion strukturieren und informieren, war erstmals im Jahr 1999 auf dem Qigong-Weltkongress im chinesischen Sichuan zu hören.

Bewiesen ist auch die gesundheitliche Wirkung, so etwa in einer Studie am Sino-Japanese Friendship Hospital in Beijing, China. Bei Bluthochdruckpatienten wurde durch die oben beschriebene Übung nach nur acht Wochen – tägliches Üben von zweimal 15 Minuten vorausgesetzt – eine Senkung des Blutdrucks um 15 bis 25 mmHg festgestellt. In anderen Studien wurde eine Vertiefung von Atemvolumen und -frequenz, eine Normalisierung des Pulses, eine verstärkte Ausschüttung von Neurotransmittern sowie eine allgemeine Muskelentspannung beobachtet.

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