
Von der Zystitis bis zum brisanten Nierenstau
Harnwegsinfektionen sind fast immer bakteriell bedingt, sie bilden nach Atemwegsinfektionen den zweithäufigsten Anlass für Antibiotikaverordnungen, erklärte Dr. Björn Specht von der Urologie im Diakonie-Klinikum Stuttgart. Haben Sie einen Patienten mit urogenitaler Entzündung vor sich, müssen Sie zunächst feststellen, ob es sich um einen komplizierten oder unkomplizierten Infekt handelt und ob nur der untere oder auch der obere Harntrakt betroffen ist.
Von einer akuten unkomplizierten Zystitis dürfen Sie bei den Symptomen Algurie, Pollakisurie und Unterbauchschmerz ausgehen, wenn
- sich die Beschwerden auf den unteren Harntrakt beschränken,
- der betroffene Patient intakte Nieren hat,
- keine relevanten Anomalien bestehen und
- eine Abflussstörung (Lithiasis, Prostatahyperplasie) vorliegt.
Als vorherrschenden Leitkeim aller Harnwegsinfektionen (HWI) nannte der Referent E. coli, in der Praxis haben Sie mit der Ausmerzung dieses Keims fast alle unkomplizierten HWI im Griff. Andere Erregerspektren finden sich bei Urolithiasis (Proteus) oder Patienten mit Dauerkatheter (Pseudomonas).
Bei Rezidiv oder Gravidität unbedingt Urinkultur
Diagnostisch genügt bei der einfachen Blasenentzündung zunächst die eindeutige Anamnese, um ein Antibiotikum zu verschreiben. Anders sieht es aus bei Rezidiven und bei bestehender Schwangerschaft – in diesen Situationen braucht man auf jeden Fall die Urinkultur.
Zur Therapie der unkomplizierten Zystitis empfahl der Urologe die Einmalgabe von Fosfomycin bzw. Cotrimoxazol, wobei man die lokale Resistenzsituation beachten muss. Fluorchinolone und Cephalosporine gilt es im Hinblick auf die Resistenzentwicklung bei Harnwegsinfekten zurückhaltend zu verwenden.
Sie müssen auch nicht zwingend Antibiotika verordnen. „Manche Frauen wollen das so durchziehen“, so der Referent, dann empfehlen Sie symptomatische Maßnahmen – beispielsweise eine hohe Trinkmenge, Antiphlogistika und pflanzliche Medikamente.
Dauernd Mikrohämaturie: Blasentumor ausschließen
Von einer komplizierten Infektion ist die Rede, wenn obere Harnwege betroffen sind, die Nieren schmerzen bzw. sich der Allgemeinzustand verschlechtert, z.B. bei Pyelonephritis oder akuter Prostatitis. Meist bedarf es dann einer länger dauernden Antibiotikatherapie – je nach Schwere des Verlaufs schicken Sie den Patienten in die Klinik zur intravenösen Behandlung nach Urinkultur.
Die urologische bzw. nephrologische Therapie richtet sich nach der Ursache der Infektion. Ein Abflusshindernis muss zum Beispiel immer möglichst rasch beseitigt werden, betonte der Referent. Nach der Therapie einer komplizierten Harnwegsinfektion oder beim Rezidiv einer unkomplizierten muss der Urinbefund kontrolliert werden.
Eine anhaltende Mikrohämaturie gibt Anlass dazu, z.B. per Zystoskopie einen Blasentumor auszuschließen. Patienten, die sich mit wiederholten Blasenentzündungen plagen, empfehlen Sie Maßnahmen zur Rezidivprophylaxe:
- ausreichende Trinkmenge
- Genitalhygiene (Duschen vor dem Geschlechtsverkehr, danach Wasserlassen)
- pflanzliche Präparate wie Angocin (aus Kapuzinerkresse)
- Brennesseltee, Cranberry
- lokale Östrogene bei Frauen nach der Menopause
- Immunisierung
- Therapie einer BPH bei Männern
Ciprofloxacin besonders geeignet für Prostatitis
„Was halten Sie von Nitrofurantoin als Infektprophylaxe?“ wollte eine Kollegin aus dem Auditorium wissen. Dr. Specht bevorzugt die einmalige Gabe vor dem Geschlechtsverkehr anstelle der Dauerprophylaxe.
„Und welche Antibiotika bei Pyelonephritis?“, lautete eine weitere Frage. Das entscheidet sich nach der lokalen Resistenzsituation. Geeignet sind meist Cerfuroxim und Ciprofloxacin. Letzteres empfiehlt der Experte v.a. zur ambulanten Behandlung der Prostatitis, „denn diese Substanz verteilt sich sehr gut in der Prostata“. Bei Prostatitis beträgt die Therapiedauer 10–14 Tage, zusätzlich erhält der Patient α-Blocker.
Quelle: 49. Ärztekongress der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg
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