Von Medikamenten bis Magenschrittmacher

Dr. Melanie Söchtig

In manchen Fällen setzt man auf die Elektrostimulation via „Magenschrittmacher“. In manchen Fällen setzt man auf die Elektrostimulation via „Magenschrittmacher“. © Science Photo Library / Zephyr

Die Gastroparese ist eine Motilitätsstörung des Magens, welche durch eine verzögerte Magenentleerung ohne mechanische Obstruktion des Pylorus gekennzeichnet ist. Zu Risikofaktoren, Diagnose und Behandlung der Gastroparese bei Erwachsenen hat das American College of Gastroenterology eine aktualisierte Leitlinie herausgegeben.  

Eine Gastroparese kann die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen. Chronische Symptome gehen oftmals mit akuten Exazerbationen nach der oralen Nahrungsaufnahme einher. Zu den Beschwerden zählen post­prandiales Völlegefühl, Übelkeit, Erbrechen und Oberbauchschmerzen. Diabetes gilt als Risikofaktor für eine Gastroparese, schreiben Dr. Michael­ Camilleri­ von der Mayo Clinic in Rochester und Kollegen. So kann eine akute Hyperglykämie die Magenentleerung verzögern und umgekehrt eine verzögerte Magenentleerung die Blutzuckerwerte negativ beeinflussen. Bei Patienten mit diabetischer Gastroparese wird deshalb eine optimale Glukosekontrolle empfohlen, um das Risiko einer Verschlimmerung der Erkrankung zu verringern.  

Allgemein gilt es, bei Patienten mit Symptomen im oberen Gastrointestinaltrakt zunächst eine mechanische Obstruktion auszuschließen. Um das Vorhandensein einer verzögerten Magenentleerung objektiv zu beurteilen, stehen verschiedene Tests zur Verfügung.  

Der Goldstandard ist die Magenentleerungsszintigrafie, bei der die Magenentleerung nach Aufnahme einer festen Mahlzeit über einen Zeitraum von mindestens drei Stunden bewertet wird. Alternativ kann eine Kapselendoskopie durchgeführt werden. Unter den nicht-invasiven Methoden hat sich der Atemtest mit stabilen Isotopen (13C-Spirulina) als zuverlässig erwiesen.  

Im fortgeschrittenen Stadium ggf. parenteral ernähren 

Zur Linderung der Symptome einer Gastroparese und zur Förderung der Magenentleerung hat sich eine Ernährung bestehend aus kleinen Nahrungspartikeln mit niedrigem Fettgehalt bewährt. Im Falle einer fortgeschrittenen Erkrankung kann es sein, dass die orale Nahrungsaufnahme nicht ausreichend ist. Dann kann die Ernährung enteral über eine Jejunalsonde oder parenteral erfolgen. Um das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko zu verringern, wird jedoch primär eine Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme der oralen Nahrungsaufnahme empfohlen. 

Bei Patienten mit idiopathischer und diabetischer Gastroparese sollte eine pharmakologische Behandlung zur Verbesserung der Symptome in Betracht gezogen werden, wobei Nutzen und Risiken abzuwägen sind. Hierbei kommen unterschiedliche, prokinetisch wirksame Substanzen infrage, die allerdings in Deutschland keine Zulassung für diese Indikation haben. 

Zur Behandlung refraktärer Symptome wird eine Therapie mit Metoclopramid empfohlen. Aufgrund des Risikos für Spätdyskinesien ist jedoch bei der Langzeitanwendung in oralen Dosen von mehr als 10 mg drei bis vier Mal täglich Vorsicht geboten. Die Einnahme sollte nicht über mehr als zwölf Wochen erfolgen. Darüber hinaus wird von einer Anwendung bei Personen ab einem Alter von 65 Jahren abgeraten.  

Neben Metoclopramid haben sich Domperidon und 5-HT4-Agonisten in Studien als wirksam zur Behandlung von Symptomen einer Gastroparese erwiesen. Außerdem werden Antiemetika zur Symptomkontrolle empfohlen. Diese Medikamente verbessern allerdings nicht die Magenentleerung. Pflanzliche Arzneimittel können aufgrund der aktuellen Datenlage bei Gastroparese nicht empfohlen werden. 

Bei Patienten, die trotz medikamentöser Therapie unter den Symptomen einer idiopathischen oder diabetischen Gastroparese leiden, kann eine gastrische Elektrostimulation – auch bekannt als Magenschrittmacher – sinnvoll sein.  

Eine weitere nicht-medikamentöse Option stellt die Akupunktur dar. Diese kann allein oder in Kombination mit prokinetischen Medikamenten zur Symptomkontrolle bei Patienten mit diabetischer Gastroparese empfohlen werden. Bei anderen Ätiologien konnte kein Nutzen der Akupunktur festgestellt werden. 

Darüber hinaus wird eine Pylorotomie zur Symptomkontrolle bei therapierefraktären Gastroparesepatienten als empfehlenswert erachtet. Um die Pylorusfunktion zu bewerten und die Behandlungsergebnisse einer Pylorotomie voraussagen zu können, eignet sich ein Katheter mit luminaler Bildgebungssonde (EndoFLIP). Die intrapylorische Injektion von Botulinumtoxin kann für Patienten mit Gastroparese auf der Grundlage randomisierter, kontrollierter Studien nicht empfohlen werden. 

Rund um das Thema Gastroparese wird intensiv geforscht und es kann mit weiteren Innovationen gerechnet werden. Dabei haben verschiedene Ansätze das Potenzial, sich auf künftige Empfehlungen auszuwirken. So wird derzeit beispielsweise der diagnostische Wert der Kapselendoskopie genauer untersucht.  

Untersucht wird auch die Rolle von Immuntherapien 

Zudem wird nach Kriterien für die Auswahl der Patienten und individualisierte Therapien Ausschau gehalten. Unter anderem setzt man dabei auf die Dokumentation von zirkulierenden Antikörpern, Messungen des Pylorus, hochauflösende Manometrie, Elektrogastrografie und Biopsien des Antrums sowie des Pylorus. Künftige Forschungen werden vermutlich auch die Rolle von Immuntherapien und anderen neuen Pharmaka, pylorischen Eingriffen, bioelektrischen Therapien und chir­urgischen Ansätzen für die Gastroparese klären. 

Quelle: Camilleri M et al. Am J Gastroenterol 2022; 117: 1197-1220; DOI: 10.14309/ajg.0000000000001874 

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In manchen Fällen setzt man auf die Elektrostimulation via „Magenschrittmacher“. In manchen Fällen setzt man auf die Elektrostimulation via „Magenschrittmacher“. © Science Photo Library / Zephyr