Von PD1/PD-L1 über CTLA4 bis hin zu MDM2 und RP-1

EADO 2023 Dr. Judith Besseling

Der aktuelle Goldstandard in der Therapie von Merkelzell­karzinom-Patient:innen ist eine Checkpoint-Inhibition. Was aber, wenn diese versagt? Der aktuelle Goldstandard in der Therapie von Merkelzell­karzinom-Patient:innen ist eine Checkpoint-Inhibition. Was aber, wenn diese versagt? © Andrii Yalanskyi – stock.adobe.com

Versagt die Checkpoint-Inhibition beim seltenen Merkelzellkarzinom, gibt es kaum Optionen für die Zweitlinie. Hier könnten zwei statt nur ein Hemmer eine Möglichkeit sein. Aktuell werden aber auch ganz neue Substanzen untersucht.

Die PD(-L)1-Inhibition ist der aktuelle Goldstandard in der Therapie von Merkelzell­karzinom-Patient:innen, die nicht für eine Operation geeignet sind“, erinnerte Prof. Dr. ­Selma ­Ugurel, Universitätsklinikum Essen. Primäre und sekundäre Resistenzen sind in diesem Zusammenhang ein Problem. Denn: Sie kommen häufig vor, eine erworbene Resistenz tritt meist bereits im ersten Jahr der ICI-Therapie auf und nach Stopp der Immuntherapie dauert das Ansprechen auf die Behandlung – anders als beim Melanom – meist nicht lange an. „Deshalb besteht ein hoher Bedarf für Rescue-Strategien nach PD(-L)1-Refraktärität“, betonte die Referentin.

Rätselraten um Kombination mit CTLA4-Hemmung

Eine mögliche Option ist es, die PD(-L)1-Inhibition mit der ­CTLA4-Hemmung zu kombinieren. „Zu dieser Strategie liegen aktuell sehr widersprüchliche Daten vor“, so Prof. ­Ugurel. In einer monozen­trischen, retrospektiven Untersuchung der Harvard Medical School wurden 13 PD(-L)1-refraktäre Patient:innen mit Ipilimumab plus Nivolumab (Ipi/Nivo) behandelt. Die ORR betrug 0 %. Die Kolleg:innen schlussfolgerten erwartungsgemäß, dass diese Kombination einen begrenzten, wenn nicht sogar keinen Benefit für Personen mit PD(-L)1-refraktärem MCC bringt.

Das ist in der Pipeline

Zwei neue therapeutische Optionen werden aktuell geprüft: Navtemadlin, ein MDM2-Inhibitor, kann als Einzelsubstanz genutzt werden. „Das ist ungewöhnlich im Rahmen der MCC-Therapie“, betonte Prof. ­Ugurel. Da Navtemadlin über TP53 wirkt, kann das Medikament nur bei Personen genutzt werden, deren Tumoren wildtypisches TP53 aufweisen. In die Studie KRT-232-103 sind Patient:innen eingeschlossen, die entweder allein die Immuntherapie erhalten hatten oder zudem bereits eine Chemotherapie. Letztere waren im Nachteil: Sie erreichten eine ORR von 14 % im Gegensatz zu 40 % in der chemotherapienaiven Gruppe. Zu bedenken gab die Referentin, dass einige problematische gastrointestinale Nebenwirkungen beobachtet wurden.

RP-1, eine onkolytische Variante des Herpes-simplex-­Virus­-1­­, wird in der IGNYTE-Studie zusammen mit Nivo­lumab getestet. Drei der vier Patient:innen mit MCC sprachen auf die Therapie an. Sie waren allerdings alle PD(-L)1-naiv, wie Prof. ­Ugurel betonte. In einer weiteren Studie würde die Kombination nun auch bei PD1-refraktären Personen geprüft.

„In Deutschland waren wir sehr verwundert über diese Ergebnisse“, berichtete die Vortragende. Der Grund: Etwa zeitgleich wurde hierzulande über das ADOREG-Register eine multizentrische, retrospektive Analyse durchgeführt. In diese waren 14 PD-L1-refraktäre MCC-Patient:innen eingeschlossen. Sie alle hatten vorab Avelumab erhalten – im Gegensatz zu den oben genannten Personen, die mit verschiedenen PD(-L)1-Hemmern vorbehandelt waren. Die ORR auf Ipi/Nivo lag in der deutschen Auswertung bei 50 %. 

Dass die Inhibitorenkombination eine Option für Betroffene mit PD-L1-refraktärem MCC ist, lassen auch weitere Analysen vermuten, in denen Patient:innencharakteristika genauer unter die Lupe genommen wurden. Daraus wird deutlich, dass MCC besser auf PD1-Antikörper ansprechen als auf PD-L1-Hemmer. Das könnte ein Grund sein, warum der Switch von Avelumab zu Ipi/Nivo besser gelingt, als wenn vorab schon ein PD1-Inhibitor im Spiel war, sagte Prof. ­Ugurel.

Schließlich stellte sie eine randomisierte, prospektive Phase-2-Studie vor, in der jeweils 25 Teilnehmende Ipi/Nivo mit oder ohne stereo­taktische Bestrahlung erhielten. Die Radiatio hatte keinen Zusatz­nutzen – weder für immuntherapie­naive Personen noch für jene mit vorheriger ICI-Gabe. 

Jedoch sprachen die naiven Patient:innen zu 100 % auf Ipi/Nivo an. Die ORR in der Gruppe von mit PD(-L)1-Hemmern vorbehandelten Teilnehmenden betrug 31 %. Für die Expertin ist die Inhibitoren­kombination deshalb eine valide Option für PD(-L)1-refraktäre MCC-Erkrankte.

Auch Bcl-xL und PARP sind vielversprechende Ziele

Experimentelle Daten legen darüber hinaus nahe, dass auch eine kombinierte Inhibition von Bcl-xL und PARP eine vielversprechende Strategie beim Merkelzellkarzinom darstellen könnte. Zumindest in einer Zelllinie führten die zwei Hemmer zur Apoptose der Krebszellen.

Quelle:
Ugurel S et al. 19th EADO Congress; Vortrag „Salvage therapies for MCC refractory to PD1/PD-L1 blockade“

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Der aktuelle Goldstandard in der Therapie von Merkelzell­karzinom-Patient:innen ist eine Checkpoint-Inhibition. Was aber, wenn diese versagt? Der aktuelle Goldstandard in der Therapie von Merkelzell­karzinom-Patient:innen ist eine Checkpoint-Inhibition. Was aber, wenn diese versagt? © Andrii Yalanskyi – stock.adobe.com