
Wann Nukleosidanaloga abgesetzt werden können

„Nukleosidanaloga (NUC) sind eigentlich die perfekten Tabletten“, findet Professor Dr. Heiner Wedemeyer vom Universitätsklinikum Essen. „Wir erzielen damit immer ein Ansprechen, sie verhindern den Progress und werden gut vertragen.“ Eine echte funktionelle Heilung, also die Elimination des HBsAg, gelingt aber nur äußerst selten.
Trotz aller Vorteile wünschen sich viele Betroffene, nicht mehr täglich Medikamente nehmen zu müssen. Wann kann man NUC bei persistierendem Hepatitis-B-Virus (HBV) absetzen? Auf keinen Fall bei Vorliegen einer Zirrhose, darüber herrscht Einigkeit. Ansonsten sagen die europäischen Leitlinien, dass der Stopp bei initial HBeAg-positiven Patienten mit stabiler HBeAg-Serokonversion und zwölfmonatiger Freiheit von HBV-DNA möglich ist. Etwa die Hälfte der Betroffenen in dieser Konstellation behält die virologische Remission. Bricht die Infektion erneut aus, kann sie aber fulminanter verlaufen als bei negativem HBeAg.
Nach NUC-Stopp die Patienten engmaschig kontrollieren
Für HBeAg-Negative kommt das Absetzen der NUC infrage, wenn sie mindestens über drei Jahre keine HBV-DNA aufweisen. Ihnen droht aber zu 45 % ein Rückfall. Die Gefahr sinkt bei niedrigerer HBV-DNA-Konzentration und vorausgegangener Konsolidierungstherapie über 64 Wochen. Experten raten in jedem Fall zum engmaschigen Monitoring (alle vier Wochen über zwei Jahre) nach Therapieende.
Ideal wären laut Prof. Wedemeyer sichere Marker für das Rezidivrisiko. Günstig scheint ein niedriger HBsAg-Spiegel, der mit einer anhaltenden HBV-DNA-Suppression einhergeht. Über die Grenzwerte herrscht aber Dissens. Manche sagen, das Antigen müsse unter 1000 IU/ml fallen, andere fordern < 100 IU/ml. Wichtig: Nach Tenofovir kommt es früh zum Rezidiv, nach Entecavir viel später. Als recht gute Prädiktoren gelten das Hepatitis B core-related Antigen (HBcrAg) und die HBV-RNA.
Vielleicht muss man das Wiederauftauchen des Virus aber gar nicht so sehr fürchten. Denn einige Untersuchungen haben ergeben, dass das virologische Rezidiv eine Immunantwort triggern und damit die Eliminierung des HBsAg fördern könnte.
Die Rückkehr der Hepatitis ist auch nicht das, was Professor Dr. Ulrich Spengler vom Universitätsklinikum Bonn am meisten Sorgen bereitet. Er fürchtet vielmehr die Auswirkungen auf die Karzinomentwicklung. Die Gefahr dafür besteht schon bei niedriger Virämie, vor allem bei HBeAg-Negativen. Eine Studie zeigte, dass die Inzidenz eines hepatozellulären Karzinoms drei Monate nach Absetzen der NUC bei 1 % lag. Unter laufender Therapie betrug die Rate 0,3 %.
Insgesamt erachtete Prof. Spengler die Datenlage zum NUC-Stopp als nicht ausreichend, um dieses Vorgehen zu befürworten. Die Strategie verdiene es aber, weiter untersucht zu werden.
Kongressbericht: 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).