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Was die verschiedenen Wirkstoffe leisten

Eines ist klar: Auch bei COVID-19 hängt die Wahl der Therapie vom Risikoprofil des Patienten ab. Eine Möglichkeit etwa ist die Kombination von Nirmatrelvir mit Ritonavir. Der SARS-CoV-2-Proteaseinhibitor reduziert die Replikation des Virus, Ritonavir verbessert die Pharmakokinetik. Die Leitlinienautoren empfehlen den Einsatz für Patienten ohne schwere Erkrankung, aber mit hohem Risiko für einen stationären Therapiebedarf (s. Kasten).
Stationärer Therapiebedarf
hohes Risiko für Klinikeinweisung (≥ 6 %): Immundefekt, Organtransplantation, immunsuppressive Therapie wegen Autoimmunerkrankung
moderates Risiko für Klinikeinweisung (≥ 3 %): Alter über 65 Jahre, Adipositas, Diabetes und/oder chronische kardiopulmonale Erkrankung, Nieren- oder Leberinsuffizienz, aktives Malignom
niedriges Risiko für Klinikeinweisung (≥ 0,5 %): keine erhöhte Gefährdung.
Gezeigt worden ist ein deutlicher Rückgang der Klinikeinweisungen. Die Evidenz für eine gebesserte Überlebensrate ist moderat. Die Therapie sollte möglichst früh beginnen. Eingenommen werden 300 mg/100 mg alle zwölf Stunden über fünf Tage. Auch Personen mit moderatem Hospitalisierungsrisiko können profitieren, der Effekt ist dann jedoch geringer. Bei einer niedrigen Wahrscheinlichkeit für die Notwendigkeit einer stationären Therapie besteht keine Indikation.
Remdesivir bei hohem Risiko für eine Klinikeinweisung
Eine weitere Option ist Remdesivir, ein Nukleosidanalogon, das mit der SARS-CoV-2-Polymerase interagiert und auch gegen die neuen Virusvarianten wirkt. Bei guter Verträglichkeit reduziert es die Rate der Krankenhausbehandlungen. Appliziert wird es intravenös über drei Tage. Die Autoren empfehlen es mit gewissen Einschränkungen für Personen ohne schwere Manifestation, aber hohem Hospitalisierungsrisiko.
Auch das oral gegebene Molnupiravir kann bei Patienten ohne schweren Infekt, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen stationären Aufenthalt eingesetzt werden. Bei nur moderatem Risiko raten die Experten davon ab. Der Wirkstoff hemmt die Replikation des Virus und reduziert wahrscheinlich den stationären Therapiebedarf ebenso wie die Mortalität und die Symptomdauer. Die teratogene Wirkung schließt den Einsatz bei Schwangeren aus. Männern wird geraten, mindestens drei Monate nach der Einnahme von Molnupiravir kein Kind zu zeugen.
Nicht außerhalb von Studien angewendet werden sollte das Antidepressivum Fluvoxamin. Es wirkt zwar möglicherweise antiinflammatorisch, ein Effekt bei COVID-19 konnte für den SSRI* bisher aber nicht gezeigt werden. Keinen Platz in der Therapie sehen die Leitlinienautoren um Dr. Anav Agarval von der McMaster University in Hamilton auch für Sotrovimab, einen neutralisierenden Antikörper, der an das Spikeprotein von SARS-CoV-2 bindet. Ebenfalls ungeeignet ist das antientzündliche Colchicin. Es reduziert weder die Mortalität noch den stationären Behandlungsbedarf.
Schweregrade von COVID-19
kritisch: akutes Atemnotsyndrom, Sepsis, septischer Schock oder ein anderer Zustand, der z.B. mechanische Beatmung erfordert
schwer: Sauerstoffsättigung < 90 %, Zeichen einer Pneumonie oder einer respiratorischen Insuffizienz (z.B. Tachypnoe > 30/min)
nicht schwer: kein Kriterium für eine schwere oder kritische Erkrankung erfüllt
Eine besondere Herausforderung ist die medikamentöse Therapie von Patienten mit schwerer oder kritischer Erkrankung. In diesen Fällen soll der WHO-Leitlinie zufolge die systemische Applikation von Glukokortikoiden erfolgen. Begründet wird diese Empfehlung mit einer Reduktion der Mortalität und wahrscheinlich auch einem geringeren Beatmungsbedarf. Aufgrund der kurzen Therapiedauer von maximal sieben bis zehn Tagen ist das Risiko für Nebeneffekte gering.
Außerdem plädieren die Leitlinienautoren bei ausgeprägter oder lebensbedrohlicher COVID-19 für den Einsatz der Interleukin-6-Rezeptorblockers Tocilizumab und Sarilumab. Inzwischen ist gut belegt, dass diese monoklonalen Antikörper die Überlebenschancen erhöhen, bei wahrscheinlich ähnlicher Effektivität. Für die Praxis wird die Kombination mit einem Steroid angeraten. Die Antikörper müssen intravenös verabreicht werden, es genügen ein bis zwei Dosen.
Baricitinib und IL6-Blocker mit Steroiden kombinieren
Auch der Januskinaseinhibitor Baricitinib sollte Patienten mit schwerer COVID-19 nicht vorenthalten werden. Grundlage dieser Einschätzung sind die Daten aus der RECOVERY-Studie mit mehr als 8.000 Teilnehmern. Sie zeigen einen Überlebensvorteil bei guter Verträglichkeit und oraler Applikation. Am besten wird Baricitinib ebenso wie die IL6-Rezeptorblocker mit einer Steroidtherapie kombiniert. Auch eine Dreierkombination kann vorteilhaft sein, wie die gleiche Studie ergeben hat.
Von Ruxolitinib und Tofacitinib raten die Leitlinienautoren wegen der niedrigen Evidenz für eine Reduktion von Sterblichkeit und Beatmungsdauer ab. Zudem besteht möglicherweise ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko vor allem unter Tofacitinib. Auch für eine weitere Option, Remdesivir, gibt es inzwischen eine Kann-Empfehlung zur Behandlung bei schwerer Infektion. Bei hoher Sicherheit ließ sich für den RNA-Polymeraseinhibitor ein positiver Einfluss auf Sterberate und Ventilationsbedarf ermitteln.
Keinerlei Berechtigung sehen die Leitlinienautoren für Ivermectin bei Patienten ohne schwere Erkrankung. In ernsteren Fällen darf es aber in Studien weiter erforscht werden. Ebenfalls abgelehnt wird die Anwendung von Rekonvaleszentenplasma außerhalb der Forschung. Das Blutprodukt soll den Patienten neutralisierende Antikörper zuführen, die die Abwehr des Virus erleichtern. Ein günstiger Effekt auf den Krankheitsverlauf konnte bisher jedoch nicht nachgewiesen werden. Außerdem ist die Applikation mit Risiken wie Infektionen behaftet. Ebenfalls ungeeignet sind Casirivimab und Indevimab, zwei humane Antikörper gegen das Spikeprotein von SARS-CoV-2. Die Experten sind sich einig, dass eine Wirksamkeit gegen die aktuell zirkulierenden Virusvarianten sehr unwahrscheinlich ist.
* selective serotonin reuptake inhibitors
Quelle: Agarval A et al. BMJ 2023; DOI: 10.1136/bmj.m3379
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