Was hast du für große Hände?

Dr. Andrea Wülker

Wegen des schleichenden Symptombeginns wird eine Akromegalie oft erst mit erheblicher Verzögerung diagnostiziert. Wegen des schleichenden Symptombeginns wird eine Akromegalie oft erst mit erheblicher Verzögerung diagnostiziert. © Carsten Kykal – stock.adobe.com

Ganz allmählich werden die Gesichtszüge gröber, Hände und Füße wachsen, bis Schuhe und Ringe nicht mehr passen. Dann kommen Herzprobleme und ein Diabetes hinzu. In jeder Hausarztpraxis dürfte es einen Patienten mit unerkannter Akromegalie geben. 

Grund für eine Akromegalie ist eine chronische, unkontrollierte Überproduktion von Wachstumshormon (growth hormone, GH). Meist liegt dem ein gutartiges Adenom des Hypo­physenvorderlappens zugrunde, was zum chronischen Überschuss von GH und insulin-like growth factor 1 (IGF-1) führt, schreiben Prof. Dr. Anke­ Tönjes­ vom Universitätsklinikum Leipzig und Kollegen. Mit einer Inzidenz von ca. 0,38 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr handelt es sich um eine seltene Erkrankung. Bei Frauen tritt sie etwas häufiger auf als bei Männern.

Gravierende Schäden durch verzögerte Diagnose

Wegen des schleichenden Symptombeginns wird eine Akromegalie oft erst mit erheblicher Verzögerung diagnostiziert. Bis dahin führt die Erkrankung zu teils gravierenden Schäden in vielen Organsystemen sowie an Knochen und Gelenken. Wichtige klinische Manifestationen sind:

  • Großwuchs und vergrößerte Akren, verstärktes Kieferwachstum, Arthritis, Karpaltunnelsyndrom
  • proximale Myopathie
  • Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Kardiomyopathie und Herzrhythmusstörungen
  • übermäßiges Schwitzen
  • Insulinresistenz und ­Diabetes
  • vergrößerte Zunge, obstruktive Schlafapnoe
  • Struma
  • Wasserretention, Aldosteronerhöhung, Antinatriurese
  • Kolonpolypen

Patienten mit Akromegalie haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Meist müssen die Betroffenen aufgrund einer begleitenden Hypertonie, wegen Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes medikamentös behandelt werden. Die höhere Mortalität bei Akromegalie sinkt auf das Sterberisiko der Allgemeinbevölkerung, wenn sich die Wachstumshormon- und IGF-1-Zielwerte erreichen lassen.

Therapie der ersten Wahl ist die Adenomektomie. Die Operation sollte nur von erfahrenen Neuro­chirurgen durchgeführt werden. In der Regel erfolgt sie transsphenoidal, wobei der Erfolg u.a. von der Größe und Invasivität des Tumors abhängt. Bei Makro­adenomen wird auch in spezialisierten Zentren nur für 50–75 % der Patienten eine langfristige biochemische Kontrolle erreicht. Die medikamentöse Therapie wird erforderlich, wenn die Erkrankung nach Adenomresektion fortbesteht oder wenn die Operation nicht möglich oder nicht erwünscht ist.

Wachstum und Stoffwechsel außer Kontrolle

Das bei Akromegalie vermehrt und autonom ausgeschüttete Wachstumshormon wirkt direkt und indirekt über die vermehrte Bildung von insulin-like growth factor 1 (IGF-1) auf zahlreiche Gewebe und Stoffwechselvorgänge des Körpers ein. Vor der Pubertät kommt es zu verstärktem Längenwachstum, später zum appositionellen Knochenwachstum, in dessen Folge die Knochen an vielen Stellen dicker werden. Auch Weichteile wie Haut, Zunge u.a. werden größer. Es kommt zur Vergröberung der Gesichtszüge und zur Makroglossie. Darüber hinaus führen die erhöhten Konzentrationen von Wachstumshormon zu Insulinresistenz, Diabetes oder Dyslipidämie.

Monotherapie wird am häufigsten verordnet

Zur Verfügung stehen die Somatostatin-Analoga Octreotid­, Lanreotid­ und Pasireotid­ sowie der Dopaminrezeptor-Agonist Cabergolin­, die verwandte Rezeptoren im Adenom binden und so die Sekretion von Wachstumshormon unterdrücken. Pegvisomant­ blockiert als Somatotropin-Rezeptoranta­gonist die Bildung von IGF-1 in der Leber.

Die Medikamente können einzeln oder kombiniert eingesetzt werden. Nach Daten des Deutschen Akromegalie-Registers erhalten mehr als die Hälfte der Patienten eine Monotherapie mit Somatostatin-Analoga (55 %), gefolgt von einer Wachstumshormonrezeptor-Monotherapie (12 %) und einer Behandlung mit Dopaminrezeptor-Agonisten (9 %). Die medikamentöse Therapie von Akromegaliepatienten in spezialisierten Praxen und Kliniken führt in der Mehrzahl der Fälle zur biochemischen Kontrolle, berichten Prof. Tönjes­ und Kollegen.

Als Reservebehandlung steht die Strahlentherapie zur Verfügung. Sie kommt zum Einsatz, wenn sich durch Operation und unter medikamentöser Behandlung keine biochemische Kontrolle erreichen lässt. Zu berücksichtigen sind der verzögerte Wirkeintritt und die möglichen unerwünschten Effekte wie Hypo­physeninsuffizienz oder Optikus­atrophie.

Quelle: Tönjes A et al. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 380-385; DOI: 10.1055/a-1847-2553

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Wegen des schleichenden Symptombeginns wird eine Akromegalie oft erst mit erheblicher Verzögerung diagnostiziert. Wegen des schleichenden Symptombeginns wird eine Akromegalie oft erst mit erheblicher Verzögerung diagnostiziert. © Carsten Kykal – stock.adobe.com