Wenn die Rotatorenmanschettte versagt

Dr. Dorothea Ranft

Seit Monaten zunehmende Schmerzen in der lateralen Schulter, die sich beim Griff über den Kopf und in der Nacht verstärken: Das spricht vor allem bei über 50-Jährigen für einen Riss der Rotatorenmanschette. Seit Monaten zunehmende Schmerzen in der lateralen Schulter, die sich beim Griff über den Kopf und in der Nacht verstärken: Das spricht vor allem bei über 50-Jährigen für einen Riss der Rotatorenmanschette. © Neungruedee - Stock.adobe.com (Generiert mit KI)

Diagnosen bei Schulterbeschwerden haben Fortschritte gemacht: Schmerzen in der Rotatorenmanschette sprechen oft für einen degenerativen Riss. Neben typischen Symptomen wie Bewegungseinschränkungen hilft moderne Bildgebung bei der Klärung. Konservative Therapien zeigen meist große Erfolge.

Seit Monaten zunehmende Schmerzen in der lateralen Schulter, die sich beim Griff über den Kopf und in der Nacht verstärken: Das spricht vor allem bei über 50-Jährigen für einen Riss der Rotatorenmanschette. Eine Operation ist nur selten nötig.

Die meisten Schultersehnenrupturen sind degenerativ oder atraumatisch bedingt. Aufgrund ihrer exponierten Lage zwischen dem Humeruskopf und dem Schulterdach ist die Supraspinatussehne am häufigsten betroffen. Die Patientinnen und Patienten klagen typischerweise über laterale Schmerzen, die sich langsam verschlimmern. Die Beschwerden treten z. B. beim Griff in ein hohes Regal oder beim Anziehen eines Mantels oder einer Jacke auf. Oft besteht auch eine Schwäche beim Armheben, und häufig ist der Nachtschlaf durch die Schmerzen gestört, schreiben Dr. Nitin Jain von der Ann Arbor Michigan Medical School und Dr. Michael Khazam von der University of Texas Southwestern in Dallas. 

Auf Atrophie, Position und Asymmetrie achten

Die körperliche Untersuchung beginnt mit einem genauen Blick auf den Schultergürtel. So lässt sich eine periskapuläre Atrophie erkennen, ebenso die Position der Schulterblätter und eine womöglich bestehende Asymmetrie. Zudem beeinträchtigt die Ruptur, ob partiell oder komplett, meist den aktiven Bewegungsumfang, insbesondere Abduktion, Flexion und Außenrotation. Die passive Mobilität kann normal sein, wird aber durch den Schmerz limitiert. 

Röntgenaufnahmen eignen sich zwar nicht zum Nachweis der Ruptur, können aber Informationen zu anderen Ursachen wie Omarthrose und Dislokation liefern. Sonografie und MRT ermöglichen eine definitive Diagnose. Sie sind bei hausärztlichen Patientinnen und Patienten nicht routinemäßig erforderlich, können aber bei unklarem Befund, potenziellem Operationsbedarf und zur Einschätzung der muskulären Degeneration hilfreich sein. 

Die meisten Menschen mit symptomatischer

Rotatorenmanschettenruptur können ohne chirurgischen Eingriff behandelt werden. Dabei steht die Physiotherapie an erster Stelle. In Beobachtungsstudien berichteten mehr als 80 % der Patientinnen und Patienten eine Schmerzreduktion und verbesserte Beweglichkeit nach sechs Monaten bis zu einem Jahr.

Auch topische NSAR können bei chronischen Beschwerden für Erleichterung sorgen. Sie haben ein besseres Sicherheitsprofil als systemisch eingenommene Medikamente. In einer Metaanalyse reduzierten die oralen Pendants den Schmerz zudem nur mäßig. Von Opioiden wird bei der Indikation Rupturschmerz abgeraten. Paracetamol hat man dazu bisher nicht untersucht, mit ihm ließ sich bei anderen muskuloskelettalen Erkrankungen aber nur ein geringer Effekt erzielen. 

Für Steroidinjektionen (in Kombination mit Lokalanästhetika) wurde nur eine leichte Linderung der Schmerzen berichtet. Die Evidenz beschränkt sich auf kleine Studien und einen kurzfristigen Benefit über einen Zeitraum bis zu vier Wochen. Für biologische Optionen wie plättchenreiches Plasma fehlen Daten aus randomisierten placebokontrollierten Studien.

Bei kleineren Rissen kann sich ein Eingriff lohnen

Ein operativer Eingriff wird bei der degenerativen Ruptur meist nicht primär empfohlen. Er kommt aber in Betracht, wenn sich die Symptome unter der konservativen Therapie nicht bessern. Empirische Daten sprechen für einen Effekt bei Patientinnen und Patienten unter 65 Jahren und kleineren Rissen (z. B. < 1–2 cm). Die OP erfolgt meist arthroskopisch. Dabei wird die Ruptur vernäht, um eine Abheilung zu ermöglichen. Eine postoperative Versteifung tritt in etwa einem von zehn Fällen auf und lässt sich meist physiotherapeutisch lösen. Das Risiko für Komplikationen wie tiefe Venenthrombose und Infektion liegt unter 1 %. 

Von einer routinemäßigen Akromioplastik rät das Autorenteam ab. Außerdem wurde bisher kein signifikanter Unterschied zwischen den Ergebnissen von Eingriffen mit Tenotomie oder Tenodese und ohne diese Prozeduren ermittelt. 

In einer Metaanalyse von randomisierten Studien mit Betroffenen mit Rotatorenmanschettenerkrankung und subakromialem Schulterschmerz schnitt die subakromiale Dekompression nicht besser ab als eine Scheintherapie in Form einer Arthroskopie. Sie sollte deshalb nicht durchgeführt werden. Eine randomisierte Studie verglich Physiotherapie allein oder in Kombination mit Akromioplastik und/oder einer Rotatorenmanschettenreparatur. Dabei zeigte sich zwölf Monate und zwei Jahre nach der Behandlung kein erheblicher Unterschied hinsichtlich Schmerzen und der Funktionsfähigkeit.

Quelle: Jain NB, Khazzam MS. N Engl J Med 2024; 391: 2027-2034; doi: 10.1056/NEJMcp1909797

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Seit Monaten zunehmende Schmerzen in der lateralen Schulter, die sich beim Griff über den Kopf und in der Nacht verstärken: Das spricht vor allem bei über 50-Jährigen für einen Riss der Rotatorenmanschette. Seit Monaten zunehmende Schmerzen in der lateralen Schulter, die sich beim Griff über den Kopf und in der Nacht verstärken: Das spricht vor allem bei über 50-Jährigen für einen Riss der Rotatorenmanschette. © Neungruedee - Stock.adobe.com (Generiert mit KI)