An der Remission festhalten

DGHO 2022 Dr. Miriam Sonnet

Verschiedene Erhaltungstherapien gegen ein Rezidiv von hämatologischen Krebserkrankungen werden zurzeit geprüft.
Verschiedene Erhaltungstherapien gegen ein Rezidiv von hämatologischen Krebserkrankungen werden zurzeit geprüft. © dusanpetkovic1 – stock.adobe.com

Patient:innen mit hämatologischen Krebserkrankungen können zwar mit einer allogenen Stammzelltransplantation eine Remission erreichen. Dennoch kommt die Erkrankung häufig zurück. Gegensteuern lässt sich mit Erhaltungstherapien. Verschiedene Konzepte werden zurzeit bei Personen mit MDS, AML und ALL geprüft.

Nach einer allogenen Stammzelltransplantation kommt es häufig zu Rezidiven, erinnerte Prof. Dr. Jörg Halter vom Universitätsspital Basel, was die Bedeutung einer Erhaltungstherapie unterstreicht. Die Indikation für eine solche sei abzuwägen gegenüber Evidenz, Tolerabilität, medikamentösen Interaktionen und Kosten.

Sorafenib, Midostaurin und Gilteritinib

Aktuell sei nur Sorafenib als Erhaltungstherapie durch randomisierte Studien etabliert, sagte der Referent. In SORMAIN, der bis dato einzigen placebokontrollierten Untersuchung, verlängerte sich das rezidivfreie Überleben bei Patient:innen mit FLT3-ITD-AML nach zwei Jahren von 53 % in der Kontrolle auf 85 % unter Sorafenib. Ähnlich gut fielen die Ergebnisse für das Zwei-Jahres-Gesamtüberleben aus (Placebo: 66,2 % vs. Sorafenib: 90,5 %).

Midostaurin wurde bisher nur in einer kleineren Studie geprüft, die nicht gepowert war, um die Wirksamkeit zu analysieren. In den kommenden Jahren sollen die Ergebnisse zur Wirksamkeit von Gilteritinib folgen, so der Referent. In HOVON156/AMLSG 28-18 wiederum wird Midostaurin gegen Gilteritinib getestet.

IDH1/2-Inhibitoren

Attraktiv für die Erhaltung seien auch IDH1/2-Inhibitoren, mit allerdings bisher nur dürftiger Evidenzlage. Eine retrospektive Analyse deutete darauf hin, dass sich das OS durch die Gabe von IDH-Hemmern verbessert. Ob sich der bisherige Trend zu einem längeren leukämiefreien Überleben bestätigt, wird sich noch zeigen müssen. Forschende rekrutieren zurzeit Teilnehmer:innen für eine Phase-1-Studie, in der eine Ivosidenib-Erhaltung geprüft werden soll. In einer Publikation zu Enasidenib erlitt nur einer von 19 Patient:innen ein Rezidiv. Weitere Studien sind in Planung.

HDAC-Inhibitoren

Die Erhaltungstherapie mit Panobinostat scheint ebenfalls wirksam zu sein. Von 42 untersuchten Personen mit AML/MDS waren 88 % nach zwei Jahren am Leben, das krankheitsfreie Überleben betrug 74 %. Phase-3-Ergebnisse werden erwartet, sagte der Referent.

Hypomethylierende Substanzen

In der Diskussion stehen zudem die hypomethylierenden Wirkstoffe Azacitidin und Decitabin. In einer Phase-3-Studie erhielten Erkrankte mit Hochrisiko-AML oder -MDS in morphologischer kompletter Remission Azacitidin als Erhaltung. „Leider haben sich hier keinerlei Unterschiede gezeigt“, berichtete Prof. ­Halter.

Allerdings müsse man bei der Bewertung der Ergebnisse vorsichtig sein, mahnte der Referent, denn es gebe einige Kritikpunkte: Unter anderem hatte die Rekrutierung über 7,5 Jahre lang gedauert, es gab eine hohe Rate an Screening-Failures und es lagen keine Informationen über die MRD vor. Außerdem erhielten die Teilnehmenden median nur vier Zyklen in zum Teil sehr großen Abständen. „Das wirft die Frage auf, ob die Therapieintensität wirklich adäquat war“, so der Experte. Geprüft wird orales Azacitidin gegen Placebo nach allogener Stammzelltransplantation nun in der AMADEUS-Studie.

Einen anderen Ansatz wählten Kolleg:innen aus China: Sie gaben 100 Patient:innen alle sechs bis acht Wochen niedrig dosiertes Decitabin mit G-CSF für insgesamt sechs Zyklen. Weitere 102 Teilnehmende erhielten keine Behandlung. 15 vs. 39 Betroffene in Prüfarm vs. Kontrolle erlitten ein Rezidiv, was in einer kumulativen Inzidenzrate nach zwei Jahren von 15 % vs. 38,3 % mündete.

Zwei aktuelle Metaanalysen deuten zudem darauf hin, dass eine Erhaltung mit hypomethylierenden Substanzen Vorteile bringt, ohne dass dies die Rate an Graft-versus-Host-Erkrankungen beeinflusst. „Wir müssen aber auf randomisierte Daten warten“, betonte der Experte.

Häufig angewendet wird die Kombination aus hypomethylierenden Medikamenten und BCL2-Inhibitoren, allen voran Venetoclax. Belastbare Daten hierzu soll nun die VIALE-T-Studie liefern.

Strategien gegen Rezidive

Um Rezidive nach allogener Blutstammzelltransplantation zu verhindern bzw. zu behandeln, müsse man zwischen verschiedenen Konzepten unterscheiden, sagte Prof. Halter:

  • Rezidivtherapie
  • präemptive Behandlung, die beginnt, wenn MRD-Marker detektierbar sind und ein hämatologisches Rezidiv unmittelbar droht
  • präventive Erhaltung, die in der Remission bei einer MRD-Negativität beginnt und ein Rezidiv verhindern soll
  • Die Erhaltung sollte früh nach der allogenen Stammzelltransplantation eingesetzt werden und nebenwirkungsarm sein.

Blinatumomab bei B-ALL

Die Erhaltung mit dem bispezifischen Antikörper Blinatumomab wurde kürzlich bei Patient:innen mit B-ALL geprüft. 21 Personen erhielten die Substanz posttransplantär alle drei Monate für ein Jahr. Das OS nach einem Jahr betrug 85 %; zu Grad-4-Neutropenien kam es in 19 % der Fälle, Neurotoxizitäten und ein Zytokin-Freisetzungs-Syndrom erlitt je ein Erkrankter.

Als prädiktiv für das Ansprechen erwies sich das T-Zell-Profil, erläuterte der Referent: Non-Responder waren T-Zell-defizient und wiesen eine Expression von inhibitorischen Checkpoint-Molekülen auf. Generell lohne es sich, Biomarker zu etablieren, mit denen sich das Ansprechen auf Erhaltungstherapien besser einschätzen ließe.

Quellen:
Halter J. M. DGHO-Jahrestagung 2022; Session: Graft versus Leukämie – Anspruch und Realität

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Verschiedene Erhaltungstherapien gegen ein Rezidiv von hämatologischen Krebserkrankungen werden zurzeit geprüft.
Verschiedene Erhaltungstherapien gegen ein Rezidiv von hämatologischen Krebserkrankungen werden zurzeit geprüft. © dusanpetkovic1 – stock.adobe.com