Welche Mutationen lösen Resistenzen aus?

Josef Gulden

Für das molekular­analytische Verfahren reicht etwas Blut aus – es bedarf keiner invasiven Probenentnahme wie bei einer klassischen Biopsie. Für das molekular­analytische Verfahren reicht etwas Blut aus – es bedarf keiner invasiven Probenentnahme wie bei einer klassischen Biopsie. © iStock/cerro_photography

Axicabtagen-Ciloleucel bewirkte bei refraktären/rezidivierten großzelligen B-Zell-Lymphomen in ZUMA-1 nach zwei Jahren ein Gesamtüberleben von median 24 Monaten. Doch rund die Hälfte der Lymphome sprach nicht auf die CAR-T-Zell-Therapie an. Dies nahmen Forscher zum Anlass, Resistenzmechanismen zu identifizieren.

CAR-T-Zellen haben in der Hämatologie neue Möglichkeiten eröffnet, beispielsweise CD19-positive maligne B-Zell-Erkrankungen zu bekämpfen. Diese Zellen sind etwa bei rezidivierten oder refraktären großzelligen B-Zell-Lymphomen (rrLBCL) sehr wirksam. Allerdings entwickeln mehr als die Hälfte der Patienten innerhalb eines Jahres erneut Rezidive. Was für diese Resistenzentwicklung verantwortlich ist, blieb lange Zeit unklar.

Um das Ansprechen vorhersagen zu können und frühzeitig mögliche Hinweise auf eine Resis­tenz zu finden, waren bisher konsekutive Biopsien erforderlich. Die neuen molekulargenetischen Methoden ermöglichen es jedoch, aus der im peripheren Blut zu findenden zellfreien DNA (cell free DNA, cfDNA) von Tumor- und Immunzellen zahlreiche Informationen mittels sogenannter Liquid Biopsy zu extrahieren. So können sie den Patienten klassische Biopsien ersparen.

Dr. ­Brian ­Sworder, Stanford Medicine, und Kollegen wendeten diese neue Methode in einer Studie bei 64 Patienten mit rrLBCL an, die das CAR-T-Zell-Präparat Axicabtagen-Ciloleucel erhalten hatten. Nach median 12,5 Monaten hatten 35 von ihnen (55 %) eine Progression entwickelt, während die übrigen in Remission blieben.

Multifaktorielle Mechanismen

Nur ungefähr ein Drittel der Patienten mit rrLBCL, die CAR-T-Zellen bekommen haben, sind nach fünf Jahren noch progressionsfrei am Leben, bedauerte Dr. Stephen­ Schuster, Lymphoma Translational Research, Penn Medicine, Philadelphia. Es gibt eine Reihe denkbarer Resistenzmechanismen, darunter:
  • Verlust des CD19-Antigens auf den Lymphomzellen durch erworbene Mutationen oder alternatives Splicing von CD19
  • Erschöpfung der CAR-T-Zellen, etwa durch die Inhibition der CAR-T-Zell-Rezeptoren und Liganden auf dem Tumor sowie im Mikroenvironment
  • nicht ausreichende T-Zell-Infiltration des Tumorgewebes (Umstände noch unklar, ggf. physiologische Faktoren wie pH-Wert oder Hypoxie)
  • intrinsische Mechanismen in den Tumorzellen, z.B. Verlust von apoptotischen Molekülen

Quelle: Schuster S. 16th International Conference on Malignant Lymphoma (virtuell)

Mehr CAR-Ts nach einer Woche sprechen für gutes Outcome

Insgesamt 381 Proben aus Plasma, Tumor und Keimbahn wurden mittels eines Next-Generation-Sequencing-Ansatzes auf somatische Mutationen in 246 Genen getestet. Zudem wurden die Titer von cfDNA und zirkulierender Tumor-DNA (circulating tumor DNA, ctDNA) aus den CAR-T-Zellen quantifiziert. Pro Patient identifizierten die Wissenschaftler in den Proben ungefähr 100 verschiedene Mutationen, ganz ähnlich wie in einer Kohorte von 136 unbehandelten Patienten mit LBCL. Allerdings fanden sich signifikante Unterschiede hinsichtlich einer Reihe von Mutationen betroffener Gene: Viele dieser Veränderungen waren in den gegen die CAR-T-Zellen resis­tenten Lymphomen häufiger, in einigen anderen Genen wie CD79B und PIM1 wiesen diese hingegen seltener Mutationen auf. Egal ob vor oder nach der CAR-T-Zell-Therapie war eine höhere Tumorlast, bestimmt anhand der Quantifizierung der ctDNA im Plasma, signifikant mit einem kürzeren progressionsfreien Überleben assoziiert. Bei den Werten vier Wochen nach der Infusion der Zellen etwa betrug die Hazard Ratio 1,7, erklärte Dr. Sworder (HR; 95%-KI 1,4–2,2; p < 0,001). Höhere Werte an CAR-T-Zellen an Tag 7 nach der Infusion korrelierten stattdessen mit einer besseren Prognose (HR 0,52; 95%-KI 0,32–0,87; p = 0,012). Eine Zahl von Alterationen, darunter solche in den Genen CD19, PAX5 und TP53, tauchten wiederholt auf und zeigten eine klonale Selektion. Weitere Veränderungen, z.B. solche im CD58-, PAX5- und IRF8-Gen, waren mit einem schlechteren Outcome assoziiert. Die Analyse der betroffenen Gene ergab, dass sowohl Mutationen in Genen bzw. Proteinen, die für immunologische Mechanismen von Bedeutung sind, als auch solche in den Zielstrukturen für die CAR-T-Zellen (v.a. CD19) für die Entwicklung der Resistenz verantwortlich sein dürften. Als Beispiel nannte Dr. Sworder­ das CD58-Gen, welches für ein ko-stimulatorisches Molekül kodiert, das an der Resistenzentwicklung gegen CD19-gerichteter CAR-T-Zellen beteiligt sein soll.

Alterationen erst nach CAR-T-Zell-Therapie relevant

PAX5 und IRF kodieren wiederum für Transkriptionsfaktoren, die eine zentrale Rolle bei der Differenzierung von Lymphozyten und der Entwicklung ihres Phänotyps spielen, erklärte der US-amerikanische Arzt. Diese Mutationen waren bei Patienten mit neu diagnostizierten Lymphomen, die als Erstlinie R-CHOP* erhielten, nicht prognostisch – ein Hinweis darauf, dass sie spezifisch mit der CAR-T-Zell-Therapie interagieren. Die Liquid Biopsy mittels zellfreier DNA aus den Lymphom- sowie aus den gegen CD19 gerichteten CAR-T-Zellen ist „eine nicht-invasive Methode bei Patienten mit rrLBCL, die mit CAR-T-Zellen behandelt wurden, die prognostischen Wert hat“. Darüber hinaus wurden Dr. ­Sworder zufolge in dieser Studie Veränderungen in einer Reihe von einzelnen Genen identifiziert, die ebenfalls die Prognose beeinflussen und damit auf multifaktorielle Resistenzmechanismen hindeuten. Deren detailliertere Analyse könnte möglicherweise künftig helfen, neue Generationen von CAR-T-Zell-Therapien zu verbessern. * Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prendiso(lo)n

Quelle: Sworder B et al. 16th International Conference on Malignant Lymphoma (virtuell); Abstract #006; DOI: https://doi.org/10.1002/hon.6_2879

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Darstellung einer Liquid Biopsy Darstellung einer Liquid Biopsy © designua – stock.adobe.com, djvstock – stock.adobe.com, istock/SergeiKorolko MT-Grafik; Wikipedia/Racheljunewong
Für das molekular­analytische Verfahren reicht etwas Blut aus – es bedarf keiner invasiven Probenentnahme wie bei einer klassischen Biopsie. Für das molekular­analytische Verfahren reicht etwas Blut aus – es bedarf keiner invasiven Probenentnahme wie bei einer klassischen Biopsie. © iStock/cerro_photography