Welches NOAK für welchen Patienten?

Dr. Anja Braunwarth

Welches NOAK für welchen Patienten? Komorbiditäten und Begleitmedikation sind entscheidend für die Auswahl. Welches NOAK für welchen Patienten? Komorbiditäten und Begleitmedikation sind entscheidend für die Auswahl. © fotolia/weyo

Nicht Vitamin-K-ant­agonistische orale Antikoagulanzien (NOAK) sind aus der Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern nicht mehr wegzudenken. Bleibt nur noch die Frage: Wer bekommt welche Substanz?

Die vier verfügbaren NOAK – der Thrombinhemmer Dabigatran sowie die drei Faktor-Xa-Inhibitoren Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban – haben alle in den letzten Jahren kräftig Fleißpunkte gesammelt. Und die Fakten zur Wirksamkeit beim Vorhofflimmern (VHF) lassen sich heute laut Privatdozent Dr. Claudius Jacobshagen vom Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen ganz einfach Punkt für Punkt zusammenfassen:

  • Alle NOAK zeigen sich gegenüber Vitamin-K-Antagonisten (VKA) in puncto Schlaganfall/Embolieprophylaxe mindestens ebenbürtig.
  • Dabigatran 150 mg und Apixaban sind VKA diesbezüglich signifikant überlegen.

Was die Sicherheit betrifft,

  • erwiesen sich alle NOAK versus VKA im Hinblick auf schwere Blutungen als mindestens gleichwertig.
  • Dabigatran 110 mg, Apixaban und Edoxaban schneiden in dieser Hinsicht sogar signifikant besser ab.
  • Dabigatran 110 mg, Apixaban und Edoxaban 30 mg erhöhen nicht die Gefahr gastrointestinaler Blutungen.
  • Letale Blutungen unter oralen Antikoagulanzien sind überwiegend intrazerebraler Natur (ICB).
  • Die meisten ICB unter VKA ereignen sich im therapeutischen INR-Bereich.
  • Alle NOAK reduzieren die Häufigkeitvon ICB.
  • Apixaban halbiert das Risiko einer tödlichen Blutung gegenüber VKA.

ESC-Leitlinie favorisiert Prophylaxe mit NOAK

Das alles hat dazu beigetragen, dass die aktuelle Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) zur Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern die NOAK gegenüber den VKA klar favorisiert.

Nach welchen Kriterien kann nun aber die jeweils für den Patienten geeignete Substanz ausgewählt werden? Die entscheidende Rolle spielen dabei Komedikation und Begleiterkrankungen, erklärte Dr. Jacobshagen. So würde er bei erhöhter Gefahr für gastrointestinale Blutungen eher Apixaban bevorzugen, da Dabigatran und Edoxaban dosisabhängig und Rivaroxaban generell das Risiko von GI-Blutungen steigere.

NOAK differenziert einsetzen
Patientencharakteristikageeignetes NOAKGrund

Mäßige Niereninsuffizienz

Apixabanmehr als 50%ige Reduktion schwerer Blutungengegenüber VKA
Z.n. GI-Blutung oderhohes Risiko dafürApixaban, Dabigatran 110 mg, Edoxaban 30 mgim Vergleich zu VKA keine Zunahmevon GI-Blutungen
sehr hohes Schlaganfallrisikoplus geringes BlutungsrisikoDabigatran 150 mgvs. VKA signifikante Reduktion ischämischerSchlaganfälle
relevante KHKApixaban, Rivaroxaban, EdoxabanMyokardinfarkte nicht vermehrt
DyspepsieApixaban, Rivaroxaban, Edoxabankeine Zunahme dyspeptischer Symptomeim Verlgeich zu VKA
bisher alleinige ASS-TherapieApixabanmehr als 50%ige Risikoreduktion für Schlaganfälleund systemische Embolien gegenüber ASS

Quelle: nach Privatdozent Dr. C. Jacobshagen

Da es unter Dabigatran eine vermehrte Anzahl von Myokardinfarkten gegeben habe, empfehle es sich, bei KHK-Patienten ein anderes NOAK zu verwenden. Bei Niereninsuffizienz wiederum gebe es für Apixaban die meisten positiven Daten. Anhand der vorliegenden Studien lasse sich also je nach individuellem Risikoprofil der richtige Wirkstoff differenziert auswählen (s. Tabelle).

Vorsicht bei begleitender Antibiotika-Therapie

Was Wechselwirkungen angeht, konzentrierte sich Dr. Jacobshagen auf Antiarrhythmika und Antibiotika. Dabigatran verträgt sich gar nicht mit Dronedaron, weil die Plasmaspiegel des Kanalblockers deutlich ansteigen. Das gilt auch in der Kombination mit Edoxaban, da genügt aber eine Reduktion der NOAK-Dosis um die Hälfte.

Die Komedikation mit den modernen Antikoagulanzien erhöht die Konzentration von Makroliden wie Clarithromycin oder Erythromycin, bei Edoxaban gar um 90 %, was auch hier eine Dosishalbierung erforderlich macht. Bei Rifampicin dagegen muss man im Zusammenspiel mit deutlichen Wirkverlusten rechnen und Experten raten generell von dieser Kombination ab.

Quelle: 6. Eppendorfer Gerinnungssymposium

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