Wenn das Stillen eine schmerzhafte Angelegenheit wird

Dr. Andrea Wülker

Wenn die Mutter auch nach der ersten Stillwoche noch Schmerzen in den Brustwarzen hat, sollte sie eine Stillberatung bekommen. Wenn die Mutter auch nach der ersten Stillwoche noch Schmerzen in den Brustwarzen hat, sollte sie eine Stillberatung bekommen. © iStock/MarkoNOVKOV

Vom Milchstau bis zu wunden Brustwarzen: Mit geduldigem Üben und durch regelmäßiges Anlegen lassen sich Startschwierigkeiten beim Stillen oft lösen. Doch manchmal dauern die Beschwerden länger an oder sie werden schlimmer. Dann können Salben, Tabletten und Nadeln helfen.

Über 70 % der Frauen, die ihr erstes Kind stillen, berichten in der Woche nach der Geburt über Schmerzen an den Brustwarzen oder in der Brust. Häufig liegt das daran, dass die Mütter ihre Kinder nicht korrekt anlegen, schreiben Dr. ­Lisa ­Amir vom ­Royal ­Women’s Hospital in Parkville und Kolleginnen. In diesem Fall ist eine Stillberatung angebracht.

Das Wissen der Stillberaterin nutzen

Wenn die Mutter auch nach der ersten Stillwoche noch Schmerzen in den Brustwarzen hat, sollte sie eine Stillberatung bekommen, z.B. durch eine Hebamme. Sie kann der Frau zeigen, wie sie eine entspannte Position beim Stillen findet und ihr Baby korrekt anlegt. Auch bei wunden Brustwarzen und im Umgang mit der Milchpumpe weiß die Stillberaterin Rat.

Hartnäckige Milchbläschen besser aufstechen

Manchmal verhindern anatomische Besonderheiten im Mundbereich des Kindes, dass der Säugling korrekt an der Brust andockt. Das kann ein asymmetrischer Kiefer sein, ein ­Torticollis oder auch ein verkürztes Zungenbändchen. Bei anatomischen Auffälligkeiten am oder im Mund des Kindes muss die Milch in manchen Fällen abgepumpt werden. Die sogenannten Milchbläschen sind dickflüssige, weißliche Tröpfchen an der Spitze der Mamille. Sie können den Ausgang eines Milchgangs verstopfen und einen Milchstau verursachen. Falls sich die Bläschen nicht spontan öffnen, kann man mit einer sterilen Nadel nachhelfen. Alternativ lässt sich zwischen den Stillzeiten etwas Steroidsalbe auf die Brustwarze auftragen. Abgedeckt mit etwas Folie beschleunigt das die Absorption der Bläschen. Ein Raynaud-Syndrom wird gelegentlich auch an der Brustwarze beobachtet. Der Vasospasmus kann primär bedingt sein, oder er tritt infolge einer Verletzung der Mamille oder bei Brustsoor auf. Für den Fall, dass Wärme gegen den schmerzhaften Gefäßkrampf nicht hilft, raten die Autorinnen zu oralem ­Nifedipin. Brustwarzen-Ekzeme sind gerade bei Stillenden mit atopischer Dermatitis keine Seltenheit. Neben konsequenter Hautpflege, z.B. mit gereinigtem Lanolin, hilft eine starke Steroidsalbe, die über zehn Tage hinweg nach jedem Stillvorgang sparsam auf das Areal aufgetragen wird. Seife und Shampoo sollten mit dem Ekzem nicht in Kontakt kommen.

Wann an Kollegen überweisen?

  • Bei den meisten Knoten, die während der Stillzeit akut in der Brust entstehen, handelt es sich um einen verstopften Milchgang, eine Mastitis oder einen Abszess. Bleibt eine Raumforderung trotz aktiver Behandlung länger als eine Woche bestehen, sollte man eine Brust-Sonographie veranlassen.
  • Stillende mit Autoimmunerkrankungen können eine autoimmune Mastitis entwickeln. Bei entsprechendem Verdacht sollte die Frau dem Rheumatologen vorgestellt werden.
  • Holen Sie den Dermatologen ins Boot, wenn Hautveränderungen nicht auf die üblichen Behandlungen ansprechen oder wenn eine Infektion vorliegt. Bei einem therapieresistenten Ekzem an der Brustwarze oder am Warzenhof könnte es sich um einen Morbus Paget der Mamille handeln.
Manche Mütter entwickeln in der Stillzeit Muskelverspannungen in Rücken oder Pektoralmuskulatur. Dann kann Physiotherapie helfen.

Verschiedene Hautinfektionen können das Stillen ebenfalls zur schmerzhaften Angelegenheit machen. Bei bakteriellem Infekt der Brustwarze und bei infiziertem Ekzem sollte eine topische Antibiose mit einer Salbe erwogen werden. Ein orales Antibiotikum ist erforderlich, wenn die Infektion die übrige Brust erfasst. Liegt eine ­Herpes-­zoster- oder ­Herpes-simplex-Infektion vor, muss das Baby von den offenen Läsionen ferngehalten werden. Eine orale antivirale Therapie ist in Betracht zu ziehen. Die Mutter soll die Milch abpumpen und verwerfen.

Mastitis und Milchstau zunächst durch Stillen lindern

Bei Milchstau und verstopften Milchgängen empfehlen die Kolleginnen, den Säugling vermehrt anzulegen, um die Brust zu entlasten. Zusätzlich helfen Kälte­packungen und orale Analgetika. Ähnlich geht man bei Mastitis vor. Dauern deren Symptome länger als 24 Stunden an, sind Antibiotika indiziert. Wird ein Abszess der Brust vermutet, empfiehlt sich eine Sonographie und gegebenenfalls eine Nadelaspiration unter Lokal­anästhesie.

Quelle: Amir LH et al. BMJ 2021; 374: n1628; DOI: 10.1136/bmj.n1628

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Wenn die Mutter auch nach der ersten Stillwoche noch Schmerzen in den Brustwarzen hat, sollte sie eine Stillberatung bekommen. Wenn die Mutter auch nach der ersten Stillwoche noch Schmerzen in den Brustwarzen hat, sollte sie eine Stillberatung bekommen. © iStock/MarkoNOVKOV