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Wenn Stimmbänder die Luft abschnüren
Der Ablauf war immer ähnlich: Aus völligem Wohlbefinden heraus, ausgelöst zum Beispiel durch Husten, kam es bei dem 36-Jährigen plötzlich zu Dyspnoe, Orthopnoe und manchmal sogar zum Atemstillstand. Nach dem Notarzteinsatz mit Intubation ging es dem Patienten rasch wieder gut. Beim letzten Mal konnte er schon wenige Stunden später das Krankenhaus wieder verlassen, berichtete Dr. Klaus Kenn vom Klinikum Berchtesgadener Land in Schönau am Königssee auf dem 51. Kongress der DGP*.
Der Schwiegervater des jungen Mannes sah dann in einer Fernsehsendung das Krankheitsbild einer Vocal Cord Dysfunction (VCD) und war sich sofort sicher: Das hat der Junge. Tatsächlich bestätigte sich diese Diagnose. Eine Fehlfunktion der Stimmbänder schnürte dem jungen Mann immer wieder die Luft ab.
Atemnot von einer Sekunde auf die andere
Die VCD ist gekennzeichnet durch eine intermittierend auftretende in- oder exspiratorische extrathorakale Obstruktion mit konsekutiver Atemnot unterschiedlicher Intensität. Es muss also nicht immer die intuba-tionspflichtige Apnoe sein, auch ein plötzliches kurzes Krächzen ist möglich. Da die Lungenfunktion im Intervall normal ist, gibt die Anamnese die entscheidenden Hinweise:
- Der Verlauf ist meist asthmauntypisch und nicht plausibel.
- Im Intervall besteht keinerlei Atemnot.
- Die teilweise massive Atemnot tritt schlagartig von einer Sekunde auf die andere ein und ist häufig massiv. Ein Asthmaanfall entwickelt sich dagegen über einige Minuten.
- Asthmamedikamente wirken nicht adäquat.
Dem Ereignis gehen oft Irritationen wie olfaktorische Reize, Husten, Verschlucken, körperliche Anstrengung oder psychische Erregung voraus. Die Vocal Cord Dysfunction ist aber nicht willkürlich auslösbar. Entscheidend ist, daran zu denken und genau nachzufragen.
Der diagnostische Beweis gestaltet sich allerdings schwierig, da bei Symptomfreiheit keine pathologischen Befunde vorhanden sind. Als Goldstandard gilt die endoskopische Darstellung der Stimmbanddysfunktion. Die Patienten werden Reizsituationen ausgesetzt, z.B. mit Zitronensaft, Zigarettenrauch oder taktilen Reizen. Dabei darf man einen iatrogenen Laryngospasmus aber nicht als VCD fehlinterpretieren. Zudem ist wichtig zu wissen, dass sich die Dysfunktion durchaus nicht immer auslösen lässt.
Auch ältere Frauen betroffen
Von der VCD sind vorwiegend Frauen betroffen. Dass es sich, wie in der Literatur angegeben, meist um jüngere Patientinnen handelt, kann Dr. Kenn nicht bestätigen. In seinem Krankengut liegt das mittlere Alter bei 48 Jahren. Auch die im Lehrbuch angeführte Häufung bei Personen aus medizinischen Berufen kann der Referent nicht nachvollziehen. Die Luftnot äußert sich fast ausschließlich inspiratorisch, begleitend können andere Lungenerkrankungen, wie Asthma, COPD oder zystische Fibrose, bestehen.
Die Therapie besteht vor allem in der Aufklärung des Patienten. Ein sicheres Verständnis der Erkrankung ist entscheidend. Der scheinbare Widerspruch zwischen lebensbedrohlich erlebter Atemnot und harmloser Ursache muss erklärt werden und allein die „Entängstigung“ führt häufig schon zur Besserung.
Zusätzlich können Atemtherapien mit betonter Zwerchfellatmung und spezielle Techniken, wie „throat relaxed breathing“, weiterhelfen. Asthmamedikamente sind nicht sinnvoll und können meist abgesetzt werden. Allerdings sollte man hier vorsichtig vorgehen, da zusätzlich ein Asthma bestehen könnte. Psychopharmaka sind in der Regel verzichtbar.
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
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