
Wie Experten die Daten zu Elafibranor und Seladelpar einordnen

Bei der primären biliären Cholangitis kommt es zu einer chronischen Inflammation und letztlich zum Absterben der kleinen intrahepatischen Gallengänge, schreibt David Assis von der Yale School of Medicine, New Haven. Im Endeffekt resultieren eine zunehmende Cholestase, Leberfibrose und -zirrhose, eine Leberinsuffizienz und unbehandelt der Tod der Betroffenen. Wirksame Therapien sind weiterhin Mangelware. Zwar profitieren viele Kranke von dem Medikament der ersten Wahl, Ursodesoxycholsäure, aber fast die Hälfte spricht nicht darauf an. Die einzige in den USA zugelassene Behandlung der zweiten Wahl ist Obeticholsäure. Aber auch sie führt bei einem relevanten Teil der Patienten nicht zum Erfolg. Zudem kommt es unter der Behandlung häufig zu Juckreiz oder zur Verschlimmerung eines bereits bestehenden Pruritus.
Eine weitere Option könnten PPAR*-Agonisten (s. Kasten) sein. In der Vergangenheit haben Fenofibrat und Bezafibrat in Studien und teilweise auch unter Real-World-Bedingungen erste Erfolge gezeigt. Nun wurden mit Elafibranor und Seladelpar zwei selektive PPAR-Agonisten in Phase-3-Studien getestet.
PPAR-Agonisten bei primärer biliärer Cholangitis
PPAR sind Rezeptoren am Zellkern, die bei Bindung an einen Liganden die Expression verschiedener Gene in Gang setzen, erklärt Bernd Schnabl vom Department of Medicine der University of California in La Jolla. Zu diesen Genen gehören auch solche, die bei chronischen Entzündungsprozessen mitwirken. PPAR-Agonisten besetzen eine oder mehrere Untergruppen dieser Rezeptoren (α, δ und γ sind bisher bekannt) und können u.a. die Aktivierung von inflammatorischen Genen unterdrücken. Auch die Produktion von Gallensäuren und teilweise deren Toxizität und Wiederaufnahme in die Leberzellen werden reduziert. Insgesamt halten sie die Cholestase auf und können teilweise sogar die Leberfibrose vermindern.
Elafibranor
In einer Studie mit 161 Patienten untersuchten Dr. Kris Kowdley, Liver Institute Northwest, Seattle, und Kollegen die Wirksamkeit und Sicherheit des PPAR-α-/δ-Agonisten Elafibranor. Alle Studienteilnehmer waren an einer PBC erkrankt und sprachen nicht auf Ursodesoxycholsäure an oder erfuhren darunter inakzeptable Nebenwirkungen. Die Prüfärzte wiesen die Studienteilnehmer nach dem Zufallsprinzip im Verhältnis 2:1 entweder Elafibranor 80 mg einmal pro Tag oder Placebo zu.
Nach 52 Wochen war bei 55 der 108 Patienten unter Elafibranor (51 %) die alkalische Phosphatase (AP) auf Werte unterhalb des 1,67-fachen oberen Normwerts und um mindestens 15 % gegenüber dem Ausgangswert gefallen (im Mittel um 117 IU), in der Placebogruppe war das nur bei zwei der 53 Patienten (4 %) der Fall. Diese Besserung unter Verum begann schon innerhalb der ersten vier Wochen nach Einnahmebeginn und hielt in der Folge an. Bei 15 % der Teilnehmer, die das Prüfpräparat erhielten, lag die AP-Konzentration zu diesem Zeitpunkt sogar wieder im Normbereich, was unter Placebo bei keinem der Patienten der Fall war.
Auch das Blutfettprofil veränderte sich in der Interventionsgruppe zum Positiven hin. Nach 52 Wochen waren die Konzentrationen der Triglyzeride und des VLDL-Cholesterins anhaltend niedriger als bei den Kontrollen. Bei den Patienten mit moderatem bis schwerem Juckreiz zu Studienbeginn (44 bzw. 22) fand sich allerdings nach 52 Wochen kein Unterschied im Pruritus zwischen den Behandlungsgruppen.
Nebenwirkungen traten unter beiden Substanzen ähnlich oft auf. Meist fielen sie leicht oder moderat aus, in keinem Fall kam es unter Elafibranor zu einem schweren Pruritus. Allerdings klagten unter dem Verum mehr Patienten über gastrointestinale Probleme wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle.
Bei Patienten der Interventionsgruppe kam es außerdem häufiger zu Erhöhungen der Kreatinkinase. Wegen stark erhöhter Werte mussten vier Patienten aus der Elafibranorgruppe die Studie abbrechen. Zwei von ihnen hatten begleitend Statine eingenommen, ein Teilnehmer litt unter einer chronischen Nierenerkrankung, bei einem weiteren bestand eine Autoimmunthyreoiditis.
Seladelpar
Dr. Gideon Hirschfield vom Toronto Centre for Liver Disease am Toronto General Hospital und seine Kollegen untersuchten mit Seladelpar einen weiteren PPAR-Agonisten. Die Wissenschaftler nahmen 193 Patienten mit PBC in ihre randomisierte Studie auf. Die Betroffenen hatten entweder auf Ursodesoxycholsäure nicht angesprochen oder darunter nicht akzeptable Nebenwirkungen entwickelt. Sie erhielten nach dem Zufallsprinzip (im Verhältnis 2:1) Seladelpar einmal täglich per os oder Placebo, bei der großen Mehrzahl lief Ursodesoxycholsäure im Hintergrund weiter.
Nach zwölf Monaten war in der aktiv behandelten Gruppe die zu Beginn erhöhte Konzentration der AP bei signifikant mehr Kranken um mindestens 15 % zurückgegangen und betrug maximal das 1,67-Fache der oberen Norm, während das Bilirubin im Normbereich lag (61,7 % vs. 20 %). Bei einem Viertel der Patienten unter Seladelpar hatte sich der AP-Wert sogar normalisiert, in der Placebogruppe war das bei keinem Teilnehmer der Fall.
Außerdem konnte das Verumpräparat einen zuvor bestehenden mäßigen bis schweren Juckreiz stärker mindern als das Scheinmedikament. Nebenwirkungen traten in den beiden Gruppen ähnlich häufig auf.
Die beiden Studien verdeutlichen die zentrale Rolle von PPAR-Agonisten in der Zweitlinientherapie der PBC, kommentiert Assis. Im Vergleich zu Obeticholsäure können sowohl Elafibranor als auch Seladelpar punkten. Die Ergebnisse der beiden Studien machen zudem klar, dass die Verringerung des Pruritus als neues Ziel in der Behandlung der PBC festgeschrieben werden sollte. Der Einsatz von PPAR-Agonisten könnte sowohl zu besseren klinischen Ergebnissen führen als auch die Lebensqualität der Patienten erhöhen, meint der Experte. Bis dahin sei es allerdings noch ein weiter Weg. Offen bleibe zudem, wie man diejenigen Patienten behandeln könne, die auch auf PPAR-Agonisten nicht ansprechen.
* peroxisome proliferator-activated receptor
Quellen:
1. Assis DN. N Engl J Med 2024; DOI: 10.1056/nejme2312745
2. Kowdley KV et al. N Engl J Med 2023; DOI: 10.1056/NEJMoa2306185
3. Hirschfield GM et al. N Engl J Med 2024; DOI: 10.1056/nejmoa2312100
4. Schnabl B. N Engl J Med 2024; DOI: 10.1056/nejme2313802
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