Wie lange sollten Ärzt:innen die (neo)adjuvante Chemoimmuntherapie fortführen?

Obwohl Chemoimmuntherapien beim lokal fortgeschrittenen NSCLC erwiesenermaßen das krankheitsfreie und ereignisfreie Überleben verlängern, bleiben Fragen offen, wie Prof. Dr. Greg Durm von der Indiana University School of Medicine, Indianapolis, erläuterte. Dazu zählt, ob man sie am besten adjuvant, neoadjuvant oder perioperativ verabreicht, und welche Behandlungsdauer ausreicht. 

Letzteres sei insbesondere von Bedeutung, da etwa ein Fünftel der immunvermittelten Toxizitäten nach einem halben Jahr oder später auftreten. Perioperative Regime führen im Gegensatz zur reinen Neoadjuvanz zu mehr hochgradigen Komplikationen sowie Therapieabbrüchen. In KEYNOTE-671 und NADIM II entfielen auf die adjuvante Phase zusätzliche 4,5–10 % an therapiebedingten unerwünschten Ereignissen vom Grad 3 oder höher. „Diese Personen hätten ihre Nebenwirkungen wahrscheinlich nicht entwickelt, hätten sie nur die neoadjuvante Behandlung bekommen“, gab der Experte zu bedenken. Außerdem hängen die Gesamtkosten und die zeitliche Belastung für die Patient:innen von der Zahl der verabreichten Therapiezyklen ab.

Es fehlen jedoch prospektive vergleichende Phase-3-Daten zur optimalen Dauer der Immuntherapie. In einer retrospektiven Analyse von mehr als 1.000 Erkrankten mit metastasiertem NSCLC schien es keinen Unterschied zu machen, ob diese die Checkpointinhibition nach zwei Jahren beendeten oder fortsetzten. Bei unresektablen Stadium-III-Tumoren besteht der Standard wiederum aus einer zwölfmonatigen Konsolidierung. Studien, in denen die Immuntherapie bereits nach sechs Monaten beendet wurde, lieferten allerdings ähnliche und teilweise sogar höhere Werte für das mediane PFS.

Optimale Dauer der Immuntherapie

Während CheckMate-153 erwies sich eine kontinuierliche Gabe von Nivolumab als klar überlegen gegenüber einer einjährigen Therapie (Zwei-Jahres-PFS-Rate 52 % vs. 31 %). Eine ähnliche Korrelation mit der Einnahmedauer zeigte sich in einer Auswertung von 246 Betroffenen, die ihren CPI absetzten, bevor ein Progress auftrat. Der Onkologe fasste zusammen: „Auch hier erging es den Patient:innen, die mehr Immuntherapie erhielten, hinsichtlich PFS und OS besser.“

Alles in allem geht im unresektablen Stadium III und im metastasierten Setting eine längere Checkpointinhibition nicht zwangsläufig mit besseren Outcomes einher. Prof. Durm relativierte: „Es scheint aber eine Schwellendauer zu geben, die nötig ist, um optimale Resultate für diese Erkrankten zu erreichen.“

In der perioperativen Situation sieht es anders aus. Mit der rein neoadjuvanten Chemoimmuntherapie aus CheckMate-816 überlebten 76,1 % der Behandelten ein Jahr und 63,8 % zwei Jahre lang ereignisfrei. Wie der Experte betonte, fielen diese Kennzahlen in mehreren Studien zu perioperativen Regimen nahezu identisch aus. Sein Fazit lautete: „Wir sehen definitiv keine substanzielle Verbesserung durch mehr Immuntherapie.“

Insgesamt bleibt die optimale Dauer der Chemoimmuntherapie weiter ungewiss. Persönlich bevorzugt Prof. Durm bei resektablen NSCLC im Stadium II/III das CheckMate-816-Regime mit neoadjuvantem Nivolumab. Für ihn stützen bisherige Daten nicht, dass ein zusätzliches Jahr CPI nach der Resektion die Prognose verbessert.

Quelle:
Durm G. IASLC 2024 World Conference on Lung Cancer; Vortrag „Optimal Duration of Neoadjuvant and Adjuvant Chemo-IO: When Is Enough?“