Wie sieht die Behandlung der chronischen Niereninsuffizienz aus?

Dr. Sascha Bock

Wichtig ist, dem Patienten die einzelnen Behandlungsschritte zu erklären. Wichtig ist, dem Patienten die einzelnen Behandlungsschritte zu erklären. © Crystal light – stock.adobe.com

Schritt 1 in der Therapie der chronischen Nieren­insuffizienz: Reden Sie mit Ihren Patienten! Denn viele werden gar nicht über das Krankheitsbild aufgeklärt. Medikamenten und Komorbiditäten können Sie sich danach widmen.

Jeder mit einer GFR unter 60 ml/min/1,73 m2 soll über die Diagnose chronische Nierenerkrankung (chronic kidney disease, CKD) und die Konsequenzen Bescheid wissen. Nur bestimmte Situationen rechtfertigen eine ausbleibende Aufklärung, schreibt die DEGAM­ in ihrer S3-Leitlinie. Darunter fallen palliative Patienten oder psychosozial Belastete. Um Ernährungs­tipps kommen die Betroffenen nicht herum. Für einen Großteil entsprechen die Regeln aber denen der Allgemeinbevölkerung. Erst ab dem Stadium G4 (GFR < 30 ml/min/1,73 m2) erscheint eine spezielle Ernährungsberatung sinnvoll.

Antihypertensiva können die eGFR senken

Gerade in den Anfangsstadien gilt es, genug zu trinken – etwa zwei Liter pro Tag. Denn die Urinkonzentration nimmt früh ab. Patienten, die eine terminale Niereninsuffizienz entwickeln, sind kalorisch oft mangelernährt. Wer 30–40 kcal/kg täglich zu sich nimmt, wird seinem Energiebedarf i.d.R. gerecht, ggf. muss bei Unter- oder Übergewicht korrigiert werden. Die empfohlene Proteinmenge liegt mit oder ohne CKD bei ungefähr 0,8–1 g/kg/d. Weniger als 0,8 oder mehr als 1,3 g/kg/d sollten es nicht sein.

Der Allgemeinbevölkerung rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, täglich 4 g Kochsalz (bzw. 1,5 g Natrium) aufzunehmen. Der deutsche Durchschnitt beträgt allerdings 8,4 g für Frauen und 10 g für Männer. Die DEGAM wählt daher einen pragmatischen Ansatz: Da das Kochsalz meist nicht aus Tischstreuern, sondern vor allem aus industriell gefertigten Lebensmitteln in den Körper kommt, lassen sich weniger als 6 g/d kaum umsetzen. Diese maximale Menge sollten CKD-Patienten ab dem Stadium G3 einhalten. Auf Phosphat muss man ab einer GFR unter 30 ml/min/1,73 m2 achten. Die reduzierte renale Ausscheidung kann eine Phosphatretention bedingen, weshalb 600–1000 mg pro Tag nicht überschritten werden sollten. Eine Patienteninformation mit phosphat- und kochsalzarmen Lebensmitteln bietet das Institut für Ernährungsmedizin der TU München (Link am Textende).

Infos zur Dosisanpassung von Medikamenten hat derweil das Universitätsklinikum Heidelberg parat (www.dosing.de). Ob die Dosis reduziert werden muss oder eine Kontraindikation besteht, soll man vor jeder Neuverordnung prüfen, so die DEGAM­. Für häufig eingesetzte, aber bei CKD kontraindizierte Pharmaka nennen die Experten einige Alternativen (s. Tabelle).

Medikamentöse Ausweichmöglichkeiten
KontraindiziertAlternative
Metformin (ab GFR < 30 ml/min)Sitagliptin (kein nachgewiesener kardiovaskulärer Nutzen)
Glibenclamid, Glimepirid (ab GFR < 60 ml/min)Gliquidon
DigoxinDigitoxin
AtenololMetoprolol
MethotrexatAzathioprin, Leflunomid
LithiumCitalopram, Amitryptilin
Bisphosphonate (ab GFR < 30 ml/min)Denosumab


Das bevorzugte Antidiabetikum lautet Metformin. In der Bluthochdrucktherapie geht die Präferenz in Richtung ACE-Hemmer oder Angiotensinrezeptorblocker, falls eine Proteinurie oder ein begleitender Diabetes vorliegt. Beide Präparate führen jedoch oft zu einer Abnahme der eGFR bzw. zu einem Anstieg des Serumkreatinins. Toleriert werden Abweichungen um bis zu 25 % respektive 30 % des Ausgangswertes.

Therapie der Hyperurikämie an die Nierenwerte anpassen

Erhält ein Patient zum ersten Mal ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten, empfehlen sich eGFR- und Kaliummessung vor dem Ansetzen sowie ein bis zwei Wochen später. Nierenkranke neigen aufgrund der verminderten renalen Clearance ohnehin zu Hyperkaliämien. Diese treten i.d.R. aber erst bei hochgradig eingeschränkter Funktion auf. Stadienabhängig steigt häufig auch die Serumharnsäure an. Ob eine Senkung die CKD-Progression bremst, ist noch offen. Die Leitlinienautoren befürworten eine an die Nierenwerte angepasste Therapie der symptomatischen Hyperurikämie.

Diuretika wirken sich positiv auf den Salzhaushalt aus und einer Volumenüberladung entgegen. Da der natriuretische Effekt durch die Funktionsstörung nachlässt, erfordert die CKD eine stärkere Dosis von Schleifen- und Thiaziddiuretika. Leidet ein Patient unter einer Erkrankung, die das Risiko eines „akut auf chronischen“ Nierenversagens erhöht, müssen alle potenziell nephrotoxischen und renal eliminierten Medikamente evaluiert werden, betont die DEGAM. Neben Diuretika betrifft das u.a. RAAS-Hemmer, Metformin und NSAR. Auf Letztere sollten Sie bei CKD möglichst komplett verzichten.

Infos für Patienten und zu Dosis­anpassungen finden Sie unter:
bit.ly/CKD-Patienteninfo
www.dosing.de

Quelle: S3-Leitlinie Versorgung von Patienten mit chronischer nicht-dialysepflichtiger Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis, AWMF-Register-Nr. 053-048, www.awmf.org

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Wichtig ist, dem Patienten die einzelnen Behandlungsschritte zu erklären. Wichtig ist, dem Patienten die einzelnen Behandlungsschritte zu erklären. © Crystal light – stock.adobe.com