Tödliche Injektionen

Dr. Judith Lorenz

Verordnet ein Arzt Patienten mit Niereninsuffizienz MTX, begeht er einen Behandlungsfehler – umso mehr, wenn die Laborkontrollen ausbleiben. Verordnet ein Arzt Patienten mit Niereninsuffizienz MTX, begeht er einen Behandlungsfehler – umso mehr, wenn die Laborkontrollen ausbleiben. © iStock/Mohammed Haneefa Nizamudeen

Methotrexat ist zur Induktionstherapie bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris zugelassen. Vor der Verordnung müssen jedoch insbesondere bei älteren, multimorbiden Patienten Kontraindikationen ausgeschlossen und regelmäßige Laborkontrollen gesichert sein. Ansonsten drohen tödliche Komplikationen.

Eine Niereninsuffizienz gilt als eine wichtige Gegenanzeige der MTX-Therapie. Doch das wird nicht immer beachtet, wie der Fall einer 88-jährigen pflegebedürftigen Patientin zeigt, über den Professor Dr. Peter Elsner, der Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Jena, berichtet. Aufgrund einer Psoriasis vulgaris mit psoriatischer Intertrigo bekam die Frau trotz bekannter Nierenfunktionsstörung von ihrer Dermatologin MTX verschrieben. 

Die geplanten Laborkontrollen sollten über die Hausärztin erfolgen, der Pflegedienst vereinbarte die erste Blutabnahme jedoch erst einige Wochen später. Zwischenzeitlich wurde der Patientin bereits die erste MTX-Injektion verabreicht, worauf sich innerhalb weniger Tage die Hautveränderungen verschlechterten und Schmerzen im Mund und Hals auftraten. Die daraufhin durch die Dermatologin veranlasste Einweisung in eine Hautklinik erfolgte erst weitere fünf Tage später. Bis dahin hatte die Patientin vom Pflegedienst eine zweite MTX-Injektion erhalten. Die Klinikaufnahme erfolgte unter dem Bild eines akuten Nierenversagens bei MTX-Intoxikation mit erosiver Stomatitis und Vulvitis sowie einer ausgeprägten Leukopenie und Thrombozytopenie. Wenige Tage später starb die Patienten an Multiorganversagen. Die MTX-Intoxikation wurde per Autopsie (u.a. multiple Schleimhautulzera im Magen-Darm-Trakt) bestätigt.

MTX-Verordnung bei Niereninsuffizienz – ein Behandlungsfehler

Bei der Patientin war MTX angesichts der Niereninsuffizienz absolut kontraindiziert, betont Prof. Elsner. Zudem erfolgten weder vor noch während der Behandlung die laut Leitlinie und Fachinformation notwendigen Laborkontrollen (u.a. Blutbild, Leberwerte, Nierenretentionsparameter, Hepatitisserologie). Bereits die orale Mukositis und die kutanen Erosionen waren Ausdruck der Überdosierung und hätten Anlass zum sofortigen Therapieabbruch geben müssen.

Mögliche Intoxikation abklären bei

  • Transaminasenanstieg (3-fach über der Norm)
  • Anämie
  • Abfall der Leuko- oder Thrombozytenzahl im peripheren Blut (meist 7-10 Tage nach der letzten Dosis)
  • Kreatininanstieg
  • akuter Dyspnoe, Husten
  • schweren Infektionen
  • oraler Mukositis oder kutanen Erosionen
Eine ulzerative Stomatitis sollte neben festgestellter Leukozytopenie, Diarrhö, Nephro- oder Lungentoxizität zu einem sofortigen Therapieabbruch führen.

Vorgesehen bei einer Intoxikation ist die unmittelbare Gabe von Kalziumfolinat. Außerdem sollten Serumkreatinin- und MTX-Spiegel bestimmt werden. In manchen Fällen wird auch eine Hydrierung und Urinalkalisierung nötig, um renale MTX-Präzipitate zu verhindern. Tritt die Intoxikation infolge einer gestörten Nierenfunktion auf, ist eine Hämodialyse indiziert. Letztere hatte die Frau allerdings ebenso wie lebenserhaltende Maßnahmen abgelehnt. Die MTX-Verordnung bei chronischer Niereninsuffizienz sowie das Unterbleiben der Laborkontrollen stellen einen Behandlungsfehler bzw. Befunderhebungsfehler dar, so Prof. Elsner. Der tödliche Verlauf hätte möglicherweise durch eine bessere Kommunikation zwischen den behandelnden Ärztinnen und dem Pflegedienst (z.B. über Rückfragen) verhindert werden können, meint der Experte.

Quelle: Elsner P. Aktuelle Dermatologie 2021; 47: 372-375; DOI: 10.1055/a-1372-0824

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Verordnet ein Arzt Patienten mit Niereninsuffizienz MTX, begeht er einen Behandlungsfehler – umso mehr, wenn die Laborkontrollen ausbleiben. Verordnet ein Arzt Patienten mit Niereninsuffizienz MTX, begeht er einen Behandlungsfehler – umso mehr, wenn die Laborkontrollen ausbleiben. © iStock/Mohammed Haneefa Nizamudeen