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Wie Vorhof-Tachykardien zu bändigen sind
data:image/s3,"s3://crabby-images/7dcf1/7dcf10dc02f94e7df9af2d5b79e338acc5002bd2" alt="Vorhoftachykardien Neue Leitlinie SVT stärkt Rolle der Katheterablation
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Aus dem Sinusknoten, verschiedenen Vorhofregionen oder auch aus dem atrioventrikulären Bereich können die Impulse kommen, die eine supraventrikuläre Tachykardie auslösen. Diese Störungen betreffen nicht selten jüngere, ansonsten gesunde Personen. Obschon meist nicht lebensbedrohlich, können sie durch Symptome wie Palpitationen, Angst und Brustschmerz erheblichen Leidensdruck verursachen.
Wer bei der Anamnese genau hinhört, kann eventuell sogar schon den Ursprungsort des Herzrasens eingrenzen: „Flatternde Hemden“ oder das Gefühl von „Wellenschlägen“ im Hals weisen auf retrograden Puls bei AV-Knoten-Tachykardien hin, heißt es in der ACC/AHA/HRS*-Leitlinie1. Was die subjektive Symptomatik allgemein betrifft, so kommt Schwindel häufig vor, während Synkopen sehr selten auftreten.
Schmaler QRS-Komplex deutet auf Ursprung im Vorhof hin
Glück haben Kollegen, die eine solche Tachykardie – mit den typischen schmalen QRS-Komplexen – direkt im 12-Kanal-EKG festhalten können. Dieses liefert weitere detaillierte Informationen, z.B. lässt sich anhand der P-Wellen-Morphologie das „Herzrasen“ näher eingrenzen.
Eine Sinustachykardie mit aufrechten P-Wellen in I, II und AVF (biphasisch in V1) gilt als physiologisch, wenn man identifizierbare Auslöser – wie Fieber, Anämie, Hyperthyreose, Kaffeekonsum, Betamimetika-Therapie – findet. Andernfalls wird das Phänomen inadäquate Sinustachykardie genannt. Abgrenzen muss man dabei Herzrasen als Symptom einer Angststörung oder Ausdruck einer orthostatischen Reaktion.
Akuttherapie der SVT | |
Grad | Empfohlene Maßnahme |
I | Vagusmanöver bei regulärer SVT |
I | Adenosin bei regulärer SVT |
I | synchronisierte Kardioversion für hämodynamisch instabile SVT-Patienten, wenn erstgenannte Maßnahmen unwirksam/nicht anwendbar sind oder eine Pharmakotherapie kontraindiziert ist |
IIa | ggf. Verapamil oder Diltiazem i.v. für hämodynamisch stabile SVT-Patienten |
IIa | ggf. Betablocker i.v. für hämodynamisch stabile SVT-Patienten |
Tachykardie beginnt bei 100/Minute
Die Akutmaßnahmen entsprechen den allgemeinen Empfehlungen zur SVT-Therapie. Probleme bereitet nicht selten die Dauertherapie der an sich benignen Störung. Betablocker und Kalziumantagonisten wirken oft nicht gut genug oder werden aufgrund von Nebenwirkungen abgesetzt. Als Ausweichoption kommt Ivabradin evtl. auch in Kombination mit Betablockern in Betracht, schreibt das Expertenteam um Dr. Richard Page von der University of Wisconsin School of Medicine and Public Health in Madison.
Im Allgemeinen eine gute Prognose haben fokale Vorhoftachykardien, deren Frequenz jedoch bis zu 250/min betragen kann. Der Fokus sitzt oft im rechten Vorhof und kann nur mittels elektrophysiologischer Untersuchung genau lokalisiert werden. Zur Akuttherapie setzt man Betablocker, Verapamil oder Diltiazem ein, bei hämodynamisch instabilen Patienten auch die Kardioversion (Klasse-I-Empfehlung).
Vagusmanöver kann Tachykardie häufig beenden
Sehr häufig hat man es bei jungen Patienten ohne strukturelle Herzerkrankung auch mit AV-Knoten-Reentry-Tachykardien zu tun (AVNRT). Neben Vagusmanövern erhielt die Gabe von Adenosin eine Klasse-I-Empfehlung. Klappt diese Akuttherapie nicht, kommt bei hämodynamisch instabilen Patienten die synchronisierte Kardioversion zum Einsatz. Zwecks dauerhafter Therapie empfiehlt man, AVNRT-Patienten zur Katheterablation zu schicken, um den „slow pathway“ zu eliminieren.
Alternativ kommt eine Medikation mit Verapamil, Diltiazem oder Betablockern in Betracht. Kooperativen Patienten kann man diese Medikamente (mit IIb-Empfehlung) auch als Notfallmedikation an die Hand geben (pill in the pocket) – vorausgesetzt, das Herzrasen tritt nur selten auf und wird klinisch gut toleriert.
Dauertherapie der SVT – allgemein | |
Grad | Empfohlene Maßnahme |
I | 1. Orale Betablocker, Verapamil oder Diltiazem (für Patienten ohne ventrikuläre Präexzitation) |
I | 2. Gegebenenfalls elektrophysiologische Abklärung |
I | 3. Erläutern der Akutmaßnahmen zur Selbstanwendung (Vagusmanöver) |
IIa | Falls keine Katheterablation, Flecainid oder Propafenon für Patienten ohne strukturelle oder ischämische Herzerkrankung |
IIb | Sotalol (falls keine Katheterablation), Dofelitide bzw. Amiodaron (falls keine Katheterablation und andere Pharmaka ineffektiv/kontraindiziert) oder orales Digoxin (falls keine Präexzitation) |
Zusätzliche Leitungsbahnen bringen Risiko für plötzlichen Herztod
Auch bei Reentrytachykardien aus anderen Vorhofregionen sucht man nach Möglichkeit die akzessorischen Leitungen aufzuspüren und per Ablation auszuschalten. Dies gilt insbesondere bei Präexzitation: Entwickeln solche Patienten Vorhofflimmern, droht ihnen bei schneller Überleitung auf den Ventrikel die Gefahr des plötzlichen Herztodes, erinnern die Leitlinienautoren.
Der plötzliche Herztod kann sogar als erstes klinisches Symptom bei unerkanntem WPW-Syndrom eintreten – besonders in den ersten beiden Lebensdekaden. Für Patienten mit asymptomatischer Präexzitation empfehlen die Leitlinien eine Abklärung mittels Belastungstests und Langzeit-EKG. Elektrophysiologische Untersuchungen können Risikokandidaten ermitteln, denen man trotz fehlender klinischer Symptome zur Katheterablation rät.
Katheterablation bei WPW- und Präexzitationssyndromen
Für Aufregung in der Praxis kann akutes Vorhofflattern mit einer Herzfrequenz von 250 bis 330/min sorgen. Eine Kardioversion lässt sich in diesen Fällen oft durch Dofelitide oral oder Ibutilid i.v. erzielen (beide in Deutschland nicht erhältlich). Mit i.v. Gabe von Betablockern, Verapamil oder Diltiazem kann man bei hämodynamisch stabilen Patienten die Frequenzkontrolle erreichen.
Hämodynamisch instabile Patienten, die nicht auf die Pharmakotherapie ansprechen, werden der synchronisierten Kardioversion zugeführt. Eine akute antithrombotische Therapie wird mit Evidenzgrad I empfohlen.
Kardioversion beendet Vorhofflattern und -flimmern
Auf lange Sicht kommt eine Behandlung mittels Katheterablation in Betracht, wenn man pharmakologisch keine zufriedenstellende Frequenzkontrolle erzielt. Besteht das Vorhofflattern fort, muss schließlich auch eine längerfristige antithrombotische Therapie – wie beim Vorhofflimmern – eingeleitet werden.
*American College of Cardiology, American Heart Association, Heart Rhythm Society
Quelle: 1Richard L. Page et al., Circulation 2015; online first; DOI: 10.1161/CIR.0000000000000310
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