Wurmlarven verschlug es primär in die Lunge

Simone Reisdorf

Diese Zysten machten es sich in einer Lunge gemütlich. Diese Zysten machten es sich in einer Lunge gemütlich. © CDC, Dr. Kagan

Ein 57-jähriger Patient, bis dato lungengesund, entwickelt ohne ersichtlichen Grund eine Belastungsdyspnoe. Der Röntgen-Thorax zeigt einen verdächtigen Rundherd. Lungenkrebs bei einem eingefleischten Nichtraucher? Nein, hier ist ein Untermieter am Werk.

Zur weiteren Abklärung schickt der Hausarzt den Patienten in die pneumologische Sprechstunde der örtlichen Klinik. Auch die dort durchgeführte Computertomographie zeigt eine "kugelige, recht homogene Raumforderung im linken Unterlappen mit zentraler nidusartiger Verkalkung", so Dr. Annina Rytz vom Kantonsspital Zug und ihre Kollegen.

Die Bronchoskopie war unauffällig, die broncho-alveoläre Lavage (BAL) ergab eine lymphozytäre, teils granulozytäre Alveolitis. Eine Punktion des gleichzeitig vorliegenden Pleuraergusses förderte ein Exsudat mit vermehrten eosinophilen Granulozyten, Histiozyten und Mesothelien zutage. Maligne Zellen wurden weder in der BAL noch im Pleuraerguss gefunden.

26 % Eosinophile im Differenzialblutbild

Nachdem auch die PET-CT zu keinem eindeutigen Befund führte, unternahmen die Schweizer Kollegen eine CT-gesteuerte Biopsie; die Histologie zeigte Cuticula in sklerosiertem Bindegewebe. Dieser Befund passte – ebenso wie die im Differenzialblutbild gefundenen 26 % Eosinophilen – gut zur Diagnose einer Echinokokkose. Durch den serologischen Antikörpertest und den PCR-Nachweis von DNA des E. multilocularis (Fuchsbandwurm) wurde dieser Befund untermauert.

Bei nochmaliger Überprüfung der CT-Bilder fanden sich schließlich auch Zysten in der Leber als Hinweis auf den Wurmbefall. Auf Nachfrage erklärte der Mann, dass er in einem waldnah gelegenen Gartengrundstück Gemüse für den Eigenabedarf anbaue; es kommt als Quelle für den Echinokokkusbefall infrage.

Haus- und Wildtiere sind die Endwirte des Hundebandwurms (E. cysticus) sowie des Fuchsbandwums (E. multilocularis). Als Zwischenwirte fungieren Nagetiere. Durch verunreinigte Nahrungsmittel oder Kontakt mit erkrankten Haustieren kann auch der Mensch in diese Rolle geraten. Die Inkubationszeit beträgt etwa 5 bis 15 Jahre, so dass die Anamnese oft schwierig ist.

Fuchspopulation in Europa nimmt zu

Der Hundebandwurm stellt zwar nach wie vor weltweit die größere Gefahr dar. Aber in Europa nimmt nach erfolgreicher Bekämpfung der Wildtollwut die Fuchspopulation zu, entsprechend steigt auch die Zahl der Infektionen mit dem Fuchsbandwurm. Beide Parasiten finden sich vor allem in der Leber der befallenen Patienten. Gerade bei E. multilocularis ist eine prominente Lungenbeteiligung – wie im vorliegenden Fall – selten.

Analog zu Tumorerkrankungen werden Echinokokkosen nach einem PNM-System klassifiziert: P steht für die Ausdehnung in der Leber, N für Nachbarorgane der Leber und M für Fernmetastasen. Der Patient wurde mit P1N1M1 klassifiziert. Die in den Leitlinien empfohlene vollständige chirurgische Entfernung der Läsion war deshalb nicht möglich. Der Mann wurde mit dem Anthelminthikum Albendazol therapiert, welches er sehr gut vertrug.

Die Prognose der Echinokokkose hat sich durch solche modernen Therapieoptionen deutlich verbessert: Während die Zehnjahres-Überlebensrate bei unbehandelten historischen Kontrollen nur 10 % betrug, kann man heute bei adäquater Therapie von rund 80 % ausgehen.

Quelle: Rytz A et al. Swiss Medical Forum 2016;16: 950-952

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Diese Zysten machten es sich in einer Lunge gemütlich. Diese Zysten machten es sich in einer Lunge gemütlich. © CDC, Dr. Kagan