Zu wenig, zu dünn, zu brüchig oder zu viel – Frauen sind mit ihren Pili selten glücklich

Dr. Anja Braunwarth

Das ewige Leid mit dem Haarkleid. Das ewige Leid mit dem Haarkleid. © fotolia/Africa Studio

Von altersbedingten oder hormonellen Veränderungen über echte Krankheiten hin zur Eitelkeit: Haare bereiten unzähligen Frauen große Probleme. Aus weniger mehr zu machen, gelingt eher schlecht. Umgekehrt gibt es einige Möglichkeiten, die Pracht zu reduzieren.

Etwa mit Beginn der Menopause machen sich auch an den Haaren Veränderungen bemerkbar. Eine diffus oder in Mustern verminderte Dichte, feine und kurze Haare, mehr Trockenheit und Brüchigkeit kennzeichnen diese Phase. Dazu kommt, dass die Wachstumszyklen immer kürzer werden. berichtete Professor Dr. Ulrike Blume-Peytavi von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Charité Universitätsmedizin Berlin. Während bei älteren postmenopausalen Frauen häufig die bekannte androgenetische Alopezie vorliegt, handelt es sich bei den perimenopausalen Modifikationen wohl nicht um ein rein hormonelles Problem. Denn sie sprechen nicht auf die gängigen Therapien an und auch eine Hormonersatztherapie beeinflusst die Qualität des Capillitiums nicht. "Wir gehen also von einer Alterserscheinung multifaktorieller Genese aus", erklärte Prof. Blume-Peytavi. Dabei könnten z.B. Begleiterkrankungen, Umwelteinflüsse oder Medikamente eine Rolle spielen. Möglicherweise liegt auch eine Störung im "clock gene" vor, das als Impulsgeber für das Haarwachstum dient.

Bei frontal betonter Alopezie wandert das Haar ins Gesicht

Einige Zusammenhänge rund um die Wechseljahre ließen sich inzwischen sichern. Bei diffuser Alopezie besteht eine signifikante Korrelation zur Abnahme der Körperbehaarung und zu steigendem Alter. Ein frontal betonter Haarausfall ist mit verstärk­ter Gesichtsbehaarung assoziiert und trifft eher jüngere Frauen.  Was die Behandlung angeht, gibt es keine wirklich effektiven Ansätze. Vitamine, vor allem Biotin und Niacin, können das Wachstum etwas stimulieren und die Nährstoffversorgung der Haare günstig beeinflussen. Supplemente fördern Aufbau und Struktur des Kopfschmucks. Bei Vitamin-D- oder Ferritin-Mangel wirkt eine Substitution unterstützend.

Das hilft gegen frontal fibrosierende Alopezie

Erstlinien-Behandlung
  • Triamcinolon-Injektionen in den aktiven Rand
  • topische Steroide in Schaumform
Zweitlinien-Behandlung
  • Hydroxychloroquin (2 x 200 mg/Tag) über sechs bis neun Monate
  • orale Kortisonpulstherapie alleine oder in Kombination
  • Finasterid 2,5 mg/Tag kombiniert mit Minoxidillösung oder Dutasterid 0,5 mg/Tag
Drittlinien-Behandlung
  • Mycophenolatmofetil 2 x 1 g/Tag

Von all diesen "physiologischen" Vorgängen muss man echte Krankheitsbilder abgrenzen. So können virilisierende Tumore einen Hirsutismus oder Haarausfall verursachen. Die postmenopausal auftretende frontal fibrosierende Alopezie (FFA) imponiert durch einen bandförmig vernarbenden Verlust der frontalen Linie mit frontotemporaler Rückbildung. Bei der Hälfte der Patientinnen betrifft die Erkrankung auch die Augenbrauen und macht sich dort schon etwa drei Jahre vor den Kopfhauterscheinungen bemerkbar.

Auch Gesichts- und Körperhaare weisen eine Beteiligung auf, allerdings ohne die fibrosierenden Vernarbungen. Faziale Papeln, Flecken auf der Glabella, perifollikuläre Erytheme, Hyperkeratosen, vermehrtes Kopfhautschwitzen und eingesunkene frontale Venen gehören zu weiteren möglichen Symptomen. Bei einigen Frauen finden sich Assoziationen zu Schilddrüsen- oder Lipidstoffwechsel-Erkrankungen.

Therapeutisch kommen am häufigsten topische oder intraläsionale Steroide zum Einsatz, die aber in Studien bisher nicht überzeugen konnten. 5α-Reduktasehemmer und Hydroxychloroquin zeigten in kleineren Untersuchungen gute Ergebnisse, letztlich mangelt es aber laut Prof. Blume-Peytavi an evidenzbasierten Therapieoptionen. Die aktuellen Empfehlungen reihen die Behandlungsmöglichkeiten in drei Linien ein (s. Kasten).

Haartransplantation nur kurzfristig erfolgreich

Für die Wirksamkeit von Biologika gibt es keine Belege, Haartransplantationen versprechen kaum Erfolg, denn auf längere Sicht kommt es zum erneuten Verlust der übertragenen Segmente.

Der anderen Seite der Medaille widmete sich Professor Dr. Claudia Borelli von der Ästhetischen Dermatologie an der Universitäts-Hautklinik Tübingen. Was tun, wenn man Haare sachgerecht loswerden will? Wo und ab welcher Menge die Haarpracht stört, unterliegt natürlich sehr der Mode, betonte Prof. Borelli. Eine ausgeprägt krankhafte Vermehrung kann bei einem Hyperandrogenismus, z.B. durch ein polyzystisches Ovar-Syndrom, oder einem Hirsutismus vorliegen.

Permanent bedeutet nicht lebenslang

Wer Haare verlieren will, hat grundsätzlich die Wahl zwischen temporärer oder permanenter Entfernung (s. Tabelle), wobei permanent nicht „lebenslang“ bedeutet. Definitionsgemäß bleiben die "Borsten" dann mehr als drei Monate fern. Die Photoepilation funktioniert vermutlich über eine selektive thermische Schädigung des Haarfollikels und dessen Schaftes. Studien zeigten, dass sechs Wochen später die Follikel durch Kollagenfasern ersetzt worden waren, ohne dass es zur Koagulation, dermalen Kollagenvermehrung oder Narbenbildung kam.

Neun Wege zur glatten Haut

"permanent"
  • Elektrolyse (kann Narben hinterlassen!)
  • hochenergetische Blitzlampe* (intense pulsed light, IPL)
  • Laser*
temporär
  • Enthaarungscreme
  • Zupfen
  • Fadenepilation
  • Wachsen
  • "Sugaring" (Zuckerpaste, die mit den Haaren abgezogen wird)
  • Rasieren
* immer gut kühlen und Bereiche mit dysplastischen Naevi aussparen!

Mögliche Begleitreaktionen bzw. Nebenwirkungen von Laser und Blitzlampen umfassen Follikulitiden, Herpes-simplex-Infektionen (v.a. nach Anwendung an der Oberlipppe), paradoxe Reaktionen und selten Blasen, Krusten oder Pigmentstörungen. Perifollikuläre Ödeme und Erytheme gehören auch dazu, sind aber als Zeichen des erzielten Effektes gewollt. "Zu zahm dürfen wir nicht sein", unterstrich Prof. Borelli diese Aussage. Die Therapien werden im Allgemeinen nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt, mit Ausnahme des Hirsutismus, hier lohnt in jedem Fall eine Anfrage.

Diodenlaser und IPL-Geräte stehen auch für den Hausgebrauch zur Verfügung. Privatdozentin Dr. Maja Hofmann, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin, steht dem eigenmächtigen Gebrauch allerdings kritisch gegenüber.

Die Schwierigkeiten beginnen schon mit den seitenlangen Gebrauchsanweisungen. "Da steigen die meisten irgendwann aus und machen auf eigene Faust irgendwie weiter", sagte Dr. Hofmann. Dann die Dosierung: Nach Expertenschätzungen (sichere Daten gibt es nicht!) sind mindestens 5 J/cm2 nötig, um den Follikel dauerhaft zu schädigen. In Arztpraxen setzt man aber 10–60 J/cm2 ein. Auch wenn manche Hersteller schreiben, ihre Geräte würden bis zu 20 J abgeben, zeigten Messungen, dass die Energiedichten um bis zu 38 % niedriger lagen als behauptet.

Laser und Blitzgeräte nicht zu Hause anwenden!

Sicherheitshinweise fehlen oft gänzlich, sodass die Nutzer gar nicht an mögliche Komplikationen, z.B. Verbrennungen, denken. Insgesamt nannte die Expertin den Markt unübersichtlich und die Studienlage mangelhaft. Die High-Tech-Epilierer für daheim können daher ihrer Ansicht nach den Arzt nicht ersetzen.

Quelle: 49. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft 

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