Fraktursonografie bei Kindern G-BA beschließt Vorgaben für neue vertragsärztliche Leistung

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Fachliche Qualifikation ist der KV nachzuweisen. Fachliche Qualifikation ist der KV nachzuweisen. © Mykyta – stock.adobe.com

In der UV-GOÄ ist es schon möglich. Jetzt hat auch der G-BA nachgezogen: Bei Verdacht auf Fraktur eines langen Röhrenknochens der oberen Extremitäten dürfen Vertragsärztinnen und -ärzte künftig eine Fraktursonografie zur Diagnosestellung bei Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr zulasten der GKV vornehmen. 

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat seine Richtlinie „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ angepasst. Die Aufnahme der Fraktursonografie erfolgt aufgrund des Nachweises, dass diese bei Frakturen der langen Röhrenknochen der oberen Extremitäten eine strahlenfreie Alternative zur Röntgendiagnostik bietet. Das reduziert den Einsatz ionisierender Strahlung bei Heranwachsenden.

In einer Methodenbewertung anhand von 28 Studien wurde belegt, dass die Sensitivität für alle untersuchten Frakturlokalisationen (Unterarm, Oberarm, Ellenbogen) insgesamt über 90 % betrug und somit ausreichend hoch ist, um einen Nutzen der Fraktursonografie abzuleiten.

Der G-BA hat auch die Anforderungen an die Qualitätssicherung bei der vertragsärztlichen Durchführung festgelegt. Das betrifft vor allem die Dokumentation sowie die Qualifikation der Vertragsärztinnen und -ärzte. Die Methode darf nur von Fachärztinnen und -ärzten für Radiologie, Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeinmedizin sowie der Chirurgie angewendet werden.

Fallbeispiel: Erstversorgung nach den Sätzen der Allgemeinen Heilbehandlung der UV-GOÄ
UV-GOÄLegendeEuro
1Symptomzentrierte Untersuchung bei Unfallverletzungen einschließlich Beratung8,02
410Ultraschalluntersuchung eines Organs (rechter Unterarm)17,81
411Zuschlag zur Nr. 410 bei Kindern und Jugendlichen (bis zum 18. Geburtstag)38,30
210Kleiner Schienenverband – auch als erster Notverband bei Frakturen7,13
 Kosten nach BG-NT5,43
125Vordruck F 1050 Ärztliche Unfallmeldung9,68
 Portokosten0,85

Bewertungsausschuss hat noch den EBM anzupassen

Sie müssen Kenntnisse und Erfahrungen in der Durchführung und Befundung der Sonografie von Frakturen der langen Röhrenknochen der oberen Extremitäten nachweisen, wobei diese fachliche Qualifikation ggf. durch eine mindestens sechsstündige Fortbildung erfolgen kann. Wer die Leistungen abrechnen will, muss eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung Ultraschalldiagnostik nach § 135 Absatz 2 SGB V einholen.

Und so geht es weiter: Das Bundesgesundheitsministerium prüft den Beschluss innerhalb von zwei Monaten. Bei Nichtbeanstandung tritt er einen Tag nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Danach hat der Bewertungsausschuss der KBV sechs Monate Zeit, den EBM anzupassen und Gebührenordnungspositionen samt Bewertung zu beschließen. Bis dahin muss auch die bestehende Qualitätssicherungsvereinbarung Ultraschalldiagnostik angepasst werden.

Abrechnung nach UV-GOÄ

Die Fraktursonografie wurde bereits 2022 im Vorgriff auf die Leitlinie Fraktursonografie (AWMF 085-003 S2e-Leitlinie), die mittlerweile vorliegt, in die UV-GOÄ aufgenommen. Sie ist auch als finanzieller Anreiz für die Primärdiagnostik bei Frakturen in der UV-GOÄ gedacht. Die Leistungsbeschreibung der Nrn. 411 und 411a wurde daher an den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse angepasst.

UV-GOÄ: Seit dem 1. Juli 2024 bei der Fraktursonografie berechnungsfähige Leistungen
UV-GOÄ Nr.LegendeBesondere Heilbehandlung €Allgemeine Heilbehandlung €
410

Ultraschalluntersuchung eines Organs

 

Für die sonografische Untersuchung von Frakturen der in der Nr. 411 genannten Knochen/Gelenke kann der dort genannte Zuschlag berechnet werden.

 

Das untersuchte Organ ist in der Rechnung anzugeben.

22,1817,81
411

Zuschlag zur Nr. 410

 

Sonografie bei der Diagnostik von Frakturen bei Kindern und Jugendlichen (bis zum 18. Geburtstag) – Ober-, Unterarm, Ober-, Unterschenkel und angrenzende Gelenke

 

Nicht neben der Nr. 420 berechnungsfähig.

38,3038,30
411a

Zuschlag zur Nr. 410

 

Sonografie wie bei Nr. 411 – Knochen/Gelenke, die nicht in der Nr. 411 genannt sind

 

Nicht neben der Nr. 420 berechnungsfähig.

10,5010,50

UV-GOÄ deckt Kontrolle und Akutdiagnostik ab

Im Teil C. VI. der UV-GOÄ „Sonografische Leistungen“ in den Allgemeinen Bestimmungen wurde eine Nr. 7 eingefügt: „Die sonografische Diagnostik von Frakturen hat bei Kindern und Jugendlichen (bis zum 18. Geburtstag) das Ziel, die Strahlenbelastung durch Röntgenkontrolluntersuchungen zu vermeiden. Für bis zu drei sonografische Untersuchungen kann der Arzt zu der Nr. 410 UV-GOÄ einen Zuschlag nach Nr. 411 oder 411a abrechnen. Führt der Arzt eine sonografische Diagnostik durch, kann er im Behandlungsfall nur maximal zwei Röntgenkontrolluntersuchungen abrechnen. Die Stellungskontrolle nach der Reposition zählt nicht dazu.“

Die Leistungen können demnach nicht nur zur Kontrolle, sondern auch z. B. bei einem Schulunfall zur Akutdiagnostik zum Ansatz kommen. Bei der Nr. 410 UV-GOÄ wurde deshalb das Wort „Kontrolluntersuchungen“ durch „Untersuchungen“ und bei den Nrn. 411 und 411a jeweils das Wort „Kontrolle“ durch „Diagnostik“ ersetzt.

Fallbeispiel

Ein 16-Jähriger ist im Sportunterricht gestürzt. Er klagt über starke Schmerzen im rechten Arm und kann diesen nicht bewegen. Er wird in die nahe Praxis des Hausarztes der Familie gebracht. Wegen der mittlerweile auch starken Schwellung erfolgt eine Sonografie des rechten Unterarms, die eine nur leicht verschobene Schaftfraktur der Elle ergibt. Nach Anlage eines Notverbands wird der Junge an den nächstliegenden D-Arzt zur Weiterbehandlung überwiesen.

Abrechnung nach GOÄ

In den Allgemeinen Bestimmungen VI der GOÄ steht unter Punkt 6: „Als Organe im Sinne der Leistungen nach den Nummern 410 und 420 gelten neben den anatomisch definierten Organen auch der Darm, Gelenke als Funktionseinheiten sowie Muskelgruppen, Lymphknoten und/oder Gefäße einer Körperregion.“ Knochen sind nicht erwähnt und als Skelettbestandteile nur die Gelenke. So gesehen ist hier eine sonografische Diagnostik bei Frakturen oder Frakturverdacht nicht berechnungsfähig.

Dies ergibt sich schon daraus, dass der Neueinführung in der UV-GOÄ zum 1. Juli 2024 bzw. im EBM ab dem 1. Januar 2025 eine Richtlinienmaßnahme vorausgegangen ist. Da ein solcher Richtlinienbezug in der GOÄ keine Voraussetzung für die Berechnungsfähigkeit einer Leistung darstellt, wäre unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 und das „Organ“ ein analoger Ansatz möglich. 

Übrigens: In dem Entwurf für eine neue GOÄ, den die Bundesärztekammer mit dem PKV-Verband erstellt hat, ist die Fraktursonografie nicht berücksichtigt.