Organspendeberatung abrechnen In Kombination mit Präventionsleistungen geht mehr
Seit dem 1. März 2022 können Hausärzte ihre Patienten über die Voraussetzungen und Möglichkeiten einer Organ- und Gewebespende beraten. Dafür wurde die der GOP 01480 geschaffen. Die Leistung wird extrabudgetär bei Personen ab dem vollendeten 14. Lebensjahr vergütet und lässt sich alle zwei Jahre erbringen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat zusammen mit KBV, Bundesärztekammer und dem Häusärztinnen- und Hausärzteverband Info-Materialien für Praxen und Patienten entwickelt. Alle Hausärzte erhalten seither ein Starterpaket, das eine Broschüre zur Aufklärung von zehn Patienten sowie 100 Organspendeausweise enthält. Ein Manual fürs Arzt-Patienten-Gespräch zur Organ- und Gewebespende sowie weitere Aufklärungshilfen können gratis bei der BZgA angefordert werden.
Organspenderegister startet
Das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende beim BfArM nimmt laut BMG am 18. März 2024 unter www.organspende-register.de seinen Betrieb auf. Eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende kann mithilfe eines Ausweisdokuments mit eID-Funktion, z.B. Personalausweis, hinterlegt werden. Der Eintrag ist freiwillig und kostenlos. Er kann jederzeit geändert oder widerrufen werden. Kommt eine Organspende in Betracht, kann das zum Abruf berechtigte Klinikpersonal jederzeit auf das Register zugreifen. Das soll Entnahmekrankenhäusern ab Juli 2024 möglich sein. In weiteren Ausbauschritten können Versicherte direkt von ihrer Kassen-App aus eine Erklärung im Organspende-Register abgeben. Behördlich zugelassene Gewebeeinrichtungen werden 2025 angebunden.
2023 meldete die Deutsche Stiftung Organtransplantation 965 Organspender – 11 % mehr als 2022. Das untermauert, dass Hausärzte in der Bevölkerung als kompetente Ansprechpersonen bei Fragen zur Organ- und Gewebespende wahrgenommen werden. Die Anzahl der Menschen mit Organspendeausweis lag hierzulande 2023 bei 40 %.
Kurative Kontakte und Präventionsleistungen nutzen
Die vollständige Abdeckung des zweijährigen Beratungszeitraums erscheint in einer Hausarztpraxis im Rahmen der üblichen Anzahl an kurativen Arzt-Patienten-Kontakten theoretisch möglich. Beispiel: Ein Patient stellt sich wegen eines Erkältungsinfekts vor. Hier müsste man auch an das kurze Aufklärungsgespräch denken und dem Patienten die BZgA-Broschüre überreichen.
Wird die GOP 01480 neben einer diagnostischen bzw. therapeutischen Leistung erbacht, ist damit eine mindestens fünf Minuten längere Arzt-Patienten-Kontaktzeit verbunden. Schon der Ansatz der Versichertenpauschale GOP 03000/04000 belastet somit diese förderungswürdige Leistung unnötig mit einem Zeitwert.
In einer großen Praxis kann das bei häufiger Anwendung zu einer Plausibilitätsprüfung nach Zeitvorgaben führen. Der zuständige, mit Kassen- und KBV-Vertretern besetzte Bewertungsausschuss wäre gut beraten, seine Entscheidung hierzu zu überdenken.
Bis zu einer solchen Entscheidung könnte die konsequente Berechnung der GOP 01480 bei Vorsorgeleistungen in doppelter Hinsicht hilfreich sein: einerseits weil es sich hier um Prävention und keine kurativen diagnostischen oder therapeutischen Leistungen handelt, was das Zeitprofil nicht belastet, andererseits weil die Leistung gut in die Vorsorgezyklen eingeordnet werden kann. Eine ab dem 14. Lebensjahr denkbare „Kaskade“ zeigt das folgende Fallbeispiel und die in den Tabellen dargestellte Abrechnung nach EBM und GOÄ.
Fallbeispiel: Der 14-jährige Rainer K. kommt mit seiner Mutter zur fälligen J1. Da bei der letzten Vorsorgeuntersuchung eine leichte Einschränkung beim Hörvermögen festgestellt wurde, wird diese Untersuchung wiederholt. Der Mutter von Rainer wird bei dieser Vorstellung die Broschüre der BZgA zur Organspende übergeben und deren Inhalte erklärt.
Nachdem Rainer K. 18 Jahre alt geworden ist und aus einem kurativen Anlass in die Sprechstunde kommt, wird ihm der Check-up und eine neuerliche Beratung zur Organspende angeboten.
Wenn Rainer K. das 35. Lebensjahr vollendet hat, kann er den Check erneut vornehmen lassen, jetzt ergänzt durch das Hautkrebsscreening, das Hepatitis-Screening sowie eine erneute Beratung zur Organ- und Gewebespende.
Im Alter von 51 Jahre sollte Rainer K. daran erinnert werden, dass bei ihm zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen fällig sind, wie die Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen und die Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms. Die Beratung zur Organ- und Gewebespende darf auch hier nicht fehlen.
Tab. 1: Abrechnung von Vorsorgeleistungen in Verbindung mit der Beratung zur Organ- und Gewebespende | |||
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EBM | Legende | Punkte/Euro | GOÄ |
ab dem 14. Lebensjahr | |||
01720 | Jugendgesundheitsuntersuchung (J1) | 356/42,48 | 26 |
03335 | Orientierende audiometrische Untersuchung nach vorausgegangener, dokumentierter, auffälliger Hörprüfung | 90/10,74 | 1401 |
01480 | Beratung über Organ- und Gewebespenden gemäß § 2 Abs. 1a TPG | 65/7,76 | A3 |
ab dem 18. Lebensjahr | |||
01732 | Gesundheitsuntersuchung | 326/38,90 | 29 |
32881 | Laborparameter Glukose, Lipidprofil bei auffälliger familiärer Anamnese | -/0,25 | 3514 |
01480 | Beratung über Organ- und Gewebespenden gemäß § 2 Abs. 1a TPG | 65/7,76 | A3 |
ab dem 35. Lebensjahr | |||
01732 | Gesundheitsuntersuchung | 326/38,90 | 29 |
32880 | Laborparameter Harnstreifentest, Glukose, Lipidprofil | -/0,50 | 3511 |
01734 | Zuschlag zur GOP 01732 für das Screening auf Hepatitis-B- und/oder auf Hepatitis-C-Virusinfektion | 41/4,89 | * |
01746 | Zuschlag zur GOP 01732 für die Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs | 209/24,94 | * |
01480 | Beratung über Organ- und Gewebespenden gemäß § 2 Abs. 1a TPG | 65/7,76 | A3 |
* Der zusätzliche Beratungsaufwand könnte z.B. mit dem 3,5-fachen Multiplikator und Begründung bei der Nr. 29 geltend gemacht werden. |
Die Rahmenbedingungen bei der Abrechnung beachten
Laut Gesetz kann eine Beratung zur Organ- und Gewebespende bei Personen ab dem 14. Lebensjahr erfolgen. Wer dabei grundsätzlich widerspricht, fällt als Spender aus. Eine erneute Beratung ist formal nicht möglich.
Passiert das nicht, beginnt ab dem 16. Lebensjahr der zweijährige Turnus, während dem jeweils eine Erklärung abgeben, geändert oder widerrufen werden kann. Eine Beratung kann jetzt ergebnisunabhängig alle zwei Jahre erfolgen.
Tab. 2: Vorsorgeleistungen in Verbindung mit der Beratung zur Organ- und Gewebespende ab dem 51. Lebensjahr | |||
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EBM | Legende | Punkte/Euro | GOÄ |
01731 | Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen beim Mann | 144/17,18 | 28 |
01737 | Ausgabe und Weiterleitung eines Stuhlprobenentnahmesystems | 57/6,80 | * |
01732 | Gesundheitsuntersuchung | 326/38,90 | 29 |
32880 | Laborparameter Harnstreifentest, Glukose, Lipidprofil | -/0,50 | 3511 |
01746 | Zuschlag zur GOP 01732 für die Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs | 209/24,94 | ** |
01740 | Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms gem. Teil II. § 5 oKFE-RL | 116/13,84 | ** |
01480 | Beratung über Organ- und Gewebespenden gemäß § 2 Abs. 1a TPG | 65/7,76 | A3 |
* Die Leistung nach GOP 01737 ist in der GOÄ nach § 10 Absatz 3 nicht berechnungsfähig. |
In der GOÄ kommt die Nr. A 3 als Beratung gemäß Transplantationsgesetz zum Ansatz. Die Leistung kann ebenfalls lediglich alle zwei Jahre, jedoch ohne Altersbeschränkung, berechnet werden. Sie hat eine Zeitvorgabe von mindestens zehn Minuten, was bei fehlenden Plausibilitätskontrollen in der GOÄ allerdings unbedeutend ist. Nach der Empfehlung der Bundesärztekammer entfallen die Vorgaben der Allgemeinen Bestimmungen zur Nr. 3. Die Nr. A 3 ist somit neben sämtlichen GOÄ-Leistungen berechnungsfähig (siehe Tabellen).
Medical-Tribune-Bericht