Corona-Sonderregeln: Ärzte können wieder kontaktärmer behandeln und verordnen

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Arzt-Patienten-Kontakt in der Praxis und per Telefon werden finanziell gleichgestellt. Arzt-Patienten-Kontakt in der Praxis und per Telefon werden finanziell gleichgestellt. © ARMMYPICCA – stock.adobe.com

Die steigenden Infektionszahlen haben ­Spuren im EBM hinterlassen: Seit November gibt es erneut ein ­Honorar für ­telefonische Beratungen. Zudem können viele Leistungen ohne unmittelbaren Kontakt veranlasst werden.

Ärztliche und psychotherapeutische Konsultationen per Telefon können nun wieder von allen Fachgruppen berechnet werden. Die Regelung gilt zunächst bis Ende des Jahres. Wie schon im Frühjahr sind Telefonate mit Patienten, die im Quartal weder in die Sprechstunde kommen noch eine Video­sprechstunde nutzen können, berechnungsfähig. Im psychotherapeutischen Bereich gilt hierfür die Nr. 01433 (154 Punkte/16,92 Euro), für alle anderen Fachgruppen die Nr. 01434 (65 Punkte/7,14 Euro). Auch das therapeutische Gespräch bei der Substitutionsbehandlung nach Nr. 01952 ist wieder telefonisch möglich.

Hausärzte können die Nr. 01434 bis zu sechsmal im Behandlungsfall und zusätzlich zur Nr. 01435 oder der Versichertenpauschale berechnen. Voraussetzung ist, dass es sich um „bekannte Patienten“ handelt, die im aktuellen Quartal oder in den vorigen sechs Quartalen mindes­tens einmal in der Praxis waren. Die Kos­ten für den Versand von Folgeverordnungen, Überweisungen oder AU-Scheinen können nach Nr. 88122 (0,90 Euro) berechnet werden.

Telefonischer und direkter Kontakt ähnlich vergütet

Die Vergütung der Leistung nach Nr. 01434 erfolgt nicht extrabudgetär, sondern wird beim Ansatz der Nr. 03230 in Höhe von 65 Punkten auf das Punktzahlvolumen angerechnet, das sich aus der Multiplikation mit der Anzahl der Behandlungsfälle ergibt. Nur, wenn es im jeweiligen Quartal ausschließlich telefonische Kontakte mit dem Patienten gibt und die Versichertenpauschale deshalb nicht zum Ansatz kommt, werden die Leistungen nach Nr. 01434 unbudgetiert vergütet.

Das klingt zunächst nach einer Mogelpackung, ist aber eine nachvollziehbare Lösung: Für die denkbare Abrechnungskonstellation nach den Nrn. 03004, 03040, 03220 und 03230 ergibt sich bei einem Arzt-Patienten-Kontakt (APK) in der Praxis ein Honorar von 52,73 Euro. Aus einem einmaligen telefonischen Kontakt nach Nr. 01435 und einem sechsmaligen Kontakt nach Nr. 01434 resultiert ein Honorar von 52,51 Euro (zzgl. Portokosten). Also ist eine finanzielle Gleichstellung gewährleistet (s.Tabelle).

Arzt-Patienten-Kontakt in der Praxis und per Telefon sind finanziell gleichgestellt
EBM-Nr.
Legende
Euro
EBM
Legende
Euro
03004Versichertenpauschale 55. Lebensjahr16,2601435Bereitschaftspauschale9,67
03040Hausärztliche Grundpauschale15,1601434 x 6Zuschlag zur Nr. 01435 für die telefonische ­Beratung durch den Arzt42,84
03220Chronikerpauschale 114,28
03230Gesprächsleistung zum Punktzahl­volumen von 64 Punkten7,03
Summe52,7352,51

Quelle: Beschluss Bewertungsausschuss, 529. Sitzung


Auch Videosprechstunde wieder flexibler einsetzbar

Der G-BA hat noch weitere Ausnahmeregelungen beschlossen. Sie gelten bis zum 31. Januar 2021. So kann eine Behandlung auch als Videobehandlung stattfinden, wenn dies aus therapeutischer Sicht möglich und der Patient einverstanden ist. Diese Regelung gilt für eine Vielzahl von Heilmitteln, die von Vertragsärzten verordnet werden können. Auch Leistungen der psychia­trischen häuslichen Krankenpflege (pHKP) und der Soziotherapie können per Videokontakt durchgeführt werden, wenn der Patient dem zustimmt und eine persönliche Behandlung aufgrund der aktuellen Pandemielage nicht möglich ist.

Die Behandlung per Video muss datenschutzkonform erfolgen. Bei der pHKP und der Soziotherapie kann sie insbesondere dann angewendet werden, wenn sie der Bewältigung einer akuten Krisensituation dient oder wenn sich der Gesundheitszustand aufgrund einer Leistungsunterbrechung verschlechtern würde. Ein gesonderter Hinweis auf der Verordnung ist nicht erforderlich. Die Entscheidung wird in Abstimmung zwischen Leistungserbringern und Patienten getroffen. Für einige Verordnungen reicht nun zudem wieder ein Telefonkontakt:

  • Verordnung von Verband- und Hilfsmitteln (Muster 16)
  • Verordnung von Krankenbeförderung (Muster 4)
  • Überweisungen (Muster 6, 10)
  • Folgeverordnung von Arzneimitteln (auch BtM-Rezepte) n Folgeverordnung von Heilmitteln (Muster 13, 14, und 18)
  • Folgeverordnung für die häusliche Krankenpflege (Muster 12)
  • Folgeverordnung zur Fortführung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (Muster 63) gemäß den Vordrucken für die vertragsärztliche Versorgung

Voraussetzung ist auch hier, dass der Patient im laufenden oder in einem der letzten sechs Quartale persönlich in der Praxis war. Die Verordnungen können postalisch an die Versicherten übermittelt werden, die Portokosten sind nach Nr. 88122 berechnungsfähig. Verordnungen für Leistungen der häuslichen Krankenpflege (HKP), Heil- und Hilfsmittel können allerdings nur postalisch versendet werden, wenn zuvor aufgrund derselben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung durch diesen Vertragsarzt erfolgt ist.

Im Hilfsmittelbereich gilt die Regelung nur für Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind, sowie Zubehörteile oder Ersatzbeschaffungen, mit Ausnahme für Seh- und Hörhilfen. Verordnungen von Krankenbeförderungen können nach telefonischer Anamnese postalisch an die Versicherten übermittelt werden, sofern es sich um die erstmalige Beförderung handelt, der Versicherte in der Praxis bekannt ist und der Arzt sich vom Zustand des Versicherten durch eingehende telefonische Befragung überzeugt hat.

Die Frist zur Vorlage der Verordnung zur Genehmigung bei der Krankenkasse wurde für Leistungen der HKP, der Soziotherapie und der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung von drei auf zehn Arbeitstage erweitert. Folgeverordnungen der HKP können zudem rückwirkend für bis zu 14 Tage ausgestellt werden.

Ausgesetzt werden Regelungen, wonach die Notwendigkeit einer längeren Dauer medizinisch begründet werden muss und die Folgeverordnung in den letzten drei Arbeitstagen vor Ablauf des verordneten Zeitraums auszustellen ist. Bei Heilmitteln werden die Regelungen ausgesetzt, wonach Verordnungen ihre Gültigkeit verlieren, wenn die Behandlung länger als 14 Tage unterbrochen wird.

Medical-Tribune-Bericht