Neues Curriculum Der Adipositas qualifiziert zu Leibe rücken
Die Behandlung der Adipositas steht vor einem Umbruch“, sagt Prof. Dr. Jens Aberle, Leiter des Universitären Adipositas-Centrums am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sowie Präsident der DAG. Ursächlich hierfür seien vor allem die Verabschiedung des DMP Adipositas durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im Herbst 2023 sowie Therapieinnovationen.
„Durch den Richtlinienbeschluss des G-BA wird die Adipositas als chronische Erkrankung im System der Gesetzlichen Krankenversicherung verankert und in die Regelversorgung überführt“, so Prof. Aberle. Entsprechend groß sei der künftige Bedarf an Spezialist*innen für eine multimodale Therapie der Adipositas. Prof. Aberle schätzt deren Zahl auf mehrere Tausend. Eine koordinierende Rolle werde dabei neben den Hausärzt*innen voraussichtlich auch vielen Diabetolog*innen zufallen.
Curriculum als Teamarbeit mehrerer Fachrichtungen
Zur Vorbereitung hierauf, aber auch für eine grundsätzliche Qualifizierung von Ärzt*innen und anderen akademischen Fachkräften, die an der Versorgung von Adipositas-Erkrankten beteiligt sind, hat die DAG zusammen mit der DDG ein Fortbildungscurriculum „Adiposiolog*in DAG-DDG“ entwickelt. Zwei Jahre lang haben Vertreter beider Fachgesellschaften unter Einbeziehung weiterer Fachdisziplinen wie Ökotrophologie, Sportmedizin und Psychologie an der Ausarbeitung des Curriculums gesessen. Als Blaupause diente der Fortbildungskurs Klinische Diabetologie der DDG.
Das Curriculum „Adiposiolog*in DAG-DDG“ umfasst drei Module bzw. 52 Unterrichtseinheiten. Es deckt alle Gebiete der Adipositas-Medizin ab, wie Diagnostik, individuelle Intervention und Prävention. Expert*innen aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Sportwissenschaften und Diätetik liefern zudem einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung sowie die multiprofessionellen Behandlungsmöglichkeiten der Adipositas. Adressaten des Kurses sind Allgemeinmediziner*innen sowie Fachärzt*innen, vornehmlich aus den Gebieten Innere Medizin, Endokrinologie, Diabetologie und Chirurgie, Psycholog*innen, Sporttherapeut*innen, Ernährungswissenschaftler*innen mit akademischem Abschluss sowie Ökotropholog*innen.
Das Interesse am Pilotkurs: überwältigend
„Der Kurs ist keine Voraussetzung, um als DMP-Koordinator tätig zu werden“, betont Prof. Aberle. Ziel sei vielmehr, mit dem Curriculum eine Lücke in der strukturierten Fortbildung im Bereich Adipositas zu schließen, um die defizitäre Versorgungslage grundlegend zu verbessern. Ende November 2023 fand der Pilotkurs in Hamburg statt. Das Interesse an einer Teilnahme war überwältigend.
„Auf dem Diabetes Kongress in Berlin konnten sich erstmalig Teilnehmer*innen für den Kurs registrieren lassen“, berichtet Prof. Aberle. „Innerhalb von vier Wochen waren alle 60 Plätze ausgebucht, sodass wir eine Warteliste anlegen mussten“, berichtet Prof. Aberle. Auf Interesse sei das Angebot vor allem bei (Haus-)Ärzt*innen und Ökotropholog*innen gestoßen. Das Fortbildungsangebot wird in diesem Jahr fortgesetzt.
Weiterbildung für Berater*innen und Assistent*innen
Parallel haben die Fachgesellschaften auch einen Fortbildungskurs „Adipositasberater*in DAG-DDG“ entwickelt. Dieses Angebot richtet sich an Diabetesberater*innen und Diabetesassistent*innen DDG, die ihr Fachwissen über Adipositas vertiefen möchten. Der erste Kurs startet Mitte April in Regensburg als kombinierte Online- und Präsenzveranstaltung. Auch hier ist das Interesse groß.
Kurse Adiposiolog*in und Adipositasberater*in
- Der nächste Kurs „Adiposiolog*in“ findet vom 29.02. bis 02.03. online statt; Kursleiter ist Prof. Dr. Jochen Seufert. Zielgruppe dieses Kurses sind Diabetolog*innen DDG und LÄK; zudem gibt es gesonderte Kurse für Akademiker*innen (Ärzt*innen, Psycholog*innen, Sporttherapeut*innen, Ernährungswissenschaftler*innen und Ökotropholog*innen).
- Für Diabetesberater*innen und Diabetesassistent*innen, die sich zur Adipositasberater*in fortbilden möchten, sind 2024 sieben Kurse geplant, alle finden kombiniert online und in Präsenz statt.
„Ich biete in Regensburg insgesamt vier Kurse an und die sind mit je 30 Teilnehmer*innen bereits nahezu ausgebucht“, sagt Angelika Deml, Bildungsreferentin an der Katholische Akademie für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen in Bayern sowie ausgebildete Diabeteswissenschaftlerin und Diabetesberaterin DDG. Weitere Kurse werden von den Weiterbildungsstätten in Rheine und Traunstein angeboten.
Ziel der Kurse sei es, Handlungskompetenz durch praktische Fallarbeit, Schulungssituationen und Hospitation in adipositasversierten Einrichtungen zu vermitteln, um die Teilnehmer*innen darin zu befähigen, Menschen mit Adipositas bei der Bewältigung ihrer Erkrankung zu unterstützen.
Wie bei den Kursen für die akademischen Berufe greift auch bei den Kursen „Adipositasberater*in DAG-DDG“ das multimodale Konzept. Bei der Fortbildung berücksichtigt werden z. B. ernährungs- und bewegungstherapeutische Behandlungsansätze, neu für den Einsatz zugelassene medikamentöse Therapien, die bariatrische und metabolische Chirurgie sowie die Mitbehandlung psychischer Aspekte in der Versorgung.
Medical-Tribune-Bericht