Praxisverkauf: Zulassung ist nicht trennbar von Praxiswert

Autor: Dr. Christian Link-Eichhorn Rechtsanwalt & Arzt, Foto: thinkstock

Lange war es umstritten, ob die vertragsärztliche Zulassung ein eigenständiges Wirtschaftsgut oder ein wertbildender Faktor des Praxiswertes ist. – Expertentreff –

Beim Erwerb einer Arztpraxis wird oft die vertragsärztliche Zulassung an den Erwerber „mitveräußert“. In gesperrten Planungsbereichen kann der Wert einer von einem Nachfolger begehrten Zulassung den materiellen Praxiswert weit übersteigen oder sogar der wertbestimmende Faktor sein.

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Dabei entschied das Bundessozial­gericht in einem Urteil aus dem Jahr 2000, dass die Zulassung als öffentlich-rechtliche Berechtigung ebenso wenig übertragbar sei wie die Zulassung als Rechtsanwalt.

Zulassung: Honoriert wird das Mitwirken des Praxis-Abgebers

Das Oberlandesgericht Hamm vertrat daraufhin die Ansicht, dass der Kauf eines Vertragsarztsitzes aufgrund eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam sein dürfte. Obgleich die Zulassung oft Bestandteil eines Praxiskaufvertrags ist, wird dieses Problem erst dann relevant, wenn nichts mitverkauft wird, es also um einen reinen Zulassungskauf geht.

Diese Auffassung ist natürlich inkonsequent, da in den meis­ten Fällen beim Praxiskauf für die Zulassung – von den Obergerichten unbeanstandet – etwas „bezahlt“ wird und nur in den Fällen des fehlenden materiellen oder anderweitigen immateriellen Praxiswerts der Zulassungswert überbleibt und beim Kaufvertrag Probleme bereitet.

Dabei ist die Argumentation der Obergerichte nicht schlüssig, da nicht die Zulassung selbst die Zahlung des Erwerbers begründet, sondern die Mitwirkung des Veräußerers an deren Übertragung an den Nachfolger. Auch wird in den meis­ten Fällen eine Eigenleistung des Abgebers vorliegen, zumindest wenn dieser den Übergang der Zulassung seinem Vorgänger auch schon hat vergüten müssen.

Den für die Zulassung aufgewandte Betrag als Betriebsausgabe geltend machen?

Diese zivil- und sozialrechtliche Problematik der vertragsärztlichen Zulassung ist das eine. Daneben will der Erwerber aber auch den für die Zulassung aufgewandten Betrag steuerlich als Betriebsausgabe geltend machen (Absetzung für Abnutzung, AfA).

Hier kamen einige Finanzbehörden und Finanzgerichte auf die Idee, die Vertragsarztzulassung als nicht abnutzbares Wirtschaftsgut anzusehen. Damit wäre die steuerliche Abschreibungsmöglichkeit des auf die Zulassung entfallenden Kaufpreises eingeschränkt.

Wie den Praxiskaufpreis aufteilen und bewerten?

Mit Urteil vom 9.8.2011 (Az.: VIII R 13/08) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der Vorteil aus der Zulassung zum Vertragsarzt untrennbar in dem Praxiswert enthalten ist, der mit dem Kaufpreis abgegolten wird. Damit ist die vertragsärztliche Zulassung ein wertbildender Faktor des Praxiswertes und kein eigenständiges Wirtschaftsgut.

Der BFH begründet das damit, dass sich der Kaufpreis einer Praxis grundsätzlich nicht dem wirtschaftlichen Vorteil aus der Zulassung zuordnen lasse. Damit liege kein weiteres selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut vor, denn der Vertragsarzt könne den Vorteil aus der Zulassung grundsätzlich nicht selbstständig verwerten. Darüber hinaus sei ein sachlich begründbarer Aufteilungs- und Bewertungsmaßstab nicht ersichtlich. Laut BFH ist kein Kaufpreisanteil für den Vorteil aus der vertragsärztlichen Zulassung vorgesehen und die Übertragung der Zulassung erfolgt in einem vom Praxiserwerb unabhängigen Rechtsakt.

Zulassung prägt bei bestimmten Facharztgruppen maßgeblich den Kaufpreis

Die Einschätzung des BFH ist in der Sache richtig, denn es ist nicht einzusehen, warum der Erwerber einer Praxis den für die vertragsärztliche Zulassung aufgewandten Anteil des Kaufpreises nicht steuerlich geltend machen soll. Die Begründung ist jedoch etwas realitätsfern, wenn man bedenkt, welchen Wert die Zulassung bei bestimmten Facharztgruppen hat und bei diesen maßgeblich den Kaufpreis prägt. Dabei ist es kein Geheimnis, was für eine Zulassung einer bestimmten Fachgruppe in einem gesperrten Planungsbereich gezahlt werden muss.

Der BFH betont allerdings, dass seine Entscheidung nur dann gelte, wenn sich der für eine Arztpraxis zu zahlende Kaufpreis ausschließlich am Verkehrswert orientiere. Dies schließe nicht aus, dass in Sonderfällen die Zulassung zum Gegenstand eines gesonderten Veräußerungsvorganges gemacht und damit zu einem selbstständigen Wirtschaftsgut konkretisiert werde, so der BFH.

Vorsicht bei reinem „Zulassungskauf“!

Als Beispiel wird der Fall angeführt, dass ein Arzt an einen Praxisabgeber eine Zahlung leiste, ohne dessen Praxis zu übernehmen, weil er den Vertragsarztsitz an einen anderen Ort verlegen will. Somit ist in Fällen besondere Vorsicht angebracht, in denen eine vertragsärztliche Praxis vom Käufer nicht weitergeführt wird.

Demgemäß würde bei einem reinen Zulassungskauf die Zulassung doch als eigenständiges Wirtschaftsgut zu behandeln sein. Dies sollten die Vertragspartner bei der Vertragsgestaltung bedenken.

Beim Zulassungsverzicht auf Steuerfolgen achten

Somit muss vermieden werden, dass einerseits ein Praxiskaufvertrag unwirksam sein könnte und andererseits ein eigenständiges Wirtschaftsgut nach der Einschränkung des BFH von den Finanzbehörden angenommen werden kann. Der Praxiskäufer, dem nur an der Zulassung gelegen ist, muss demnach nicht nur mit einem angreifbaren Kaufvertrag rechnen, sondern auch mit Problemen bei der steuerlichen Geltendmachung des gesam­ten aufgewandten Betrages.

Die steuerliche Problematik kann ebenso in den Fällen des Zulassungsverzichts zugunsten eines MVZ oder eines Vertragsarztes auftreten, wenn diesbezüglich Zahlungen erfolgen. Ein gesondertes Aufführen des Kaufpreises für die Zulassung und des sonstigen immateriellen Wertes einer Vertragsarztpraxis, wie von einigen Finanzbehörden bisher verlangt, dürfte nach der Entscheidung des BFH allerdings überholt sein.