Blickkontakt mit der inneren Stimme Wie immersive Technologien für Therapie und Qualifizierung genutzt werden können

e-Health Autor: Michael Reischmann

Es wurden 45 Sessions an vier Tagen von rund 500 Personen aus der ganzen Welt besucht. Links im Bild: "Heka VR: Fighting Schizophrenia Using Immersive Tech". Rechts im Bild: "Neuroinclusive VR: Participatory Design in the UFO Project". Es wurden 45 Sessions an vier Tagen von rund 500 Personen aus der ganzen Welt besucht. Links im Bild: "Heka VR: Fighting Schizophrenia Using Immersive Tech". Rechts im Bild: "Neuroinclusive VR: Participatory Design in the UFO Project". © vm-people; ShuShuVR

Die „IMMERSIVE X“ ist eine komplett virtuelle Konferenz. Die Teilnehmenden aus der ganzen Welt sind mithilfe ihrer VR-Brille als Avatare anwesend. Auch Anwendungen für Gesundheit, Aus- und Fortbildung werden dort vorgestellt.

Es erinnert ein wenig an den Film „Jurassic Park“. Doch statt Dinosauriern begegnet die sich durch einen (virtuellen) menschlichen Körper bewegende Figur übergroßen Mikroben, Ungeheuern, die nicht durch ein Mikroskop, sondern wirkmächtig nah im dreidimensionalen Raum zu betrachten sind. Die oder der Besuchende kann die Mikroben berühren und erlebt einen beeindruckenden Perspektivwechsel. 

Entwickelt wurde die Software, die die Mikrobiologie und das Wissen über Infektionen, Antibiotika und Impfstoffe für künftige Medizin- und Krankenpflegestudierende einprägsamer und leichter erlernbar machen soll, von dem US-Startup MedMicroMaps. CEO und Mitbegründerin Dr. Jane Harrington stellte die App auf der IMMERSIVE X 2024 vor. Die Pandemie habe den Bedarf an neuen Lehrmethoden für personalisiertes Lernen offenbart, erklärt die ehemalige Hochschuldozentin für Mikrobiologie. 

Auch der spanische Arzt und XR-Entwickler Dr. José Ferrer Costa verbindet als Projektmanager beim Unternehmen BSA seine Leidenschaft für das Gesundheitswesen und immersive Technologie. Er entwickelt Virtual-Reality-Lösungen (VR), die helfen sollen, Schmerzen zu lindern, die die Kognition unterstützen und die psychische Gesundheit fördern. 

Die immersiven Ansätze in der Fortbildung basieren auf der Erkenntnis, dass man anders lernt, wenn man einen Vorgang räumlich erlebt, erklärt Thomas Zorbach, Geschäftsführender Gesellschafter der Berliner Agentur vm-people. Diese organisiert das jährliche Treffen – seit 2023 komplett im Metaverse.

Das heißt: Im November 2024 wurden die 45 Sessions an vier Tagen von rund 500 Personen aus der ganzen Welt besucht. Sie nahmen als Avatare live teil. Zorbach betont: Der Kongress ist eine Non-Profit-Veranstaltung. Sie diene dem Kennenlernen von Menschen, die sich mit immersiven Technologien intensiv beschäftigen, der Inspiration und Vernetzung. 

Wobei „das“ Metaverse aus vielen Teilen besteht. Allein bei dem Kongress waren neun verschiedene Umgebungen zu besuchen, also neun verschiedene Programme im Einsatz, über die Anbieter eigene virtuelle Welten bereitstellten.

Eine davon ist die „Future World“ der MedTriX GmbH, die durch ihre „klassischen“ Medien wie Medical Tribune und Arzt & Wirtschaft bekannt ist, aber auch VR-Lösungen anbietet. Die Future World ist ein bunter Treffpunkt auf einer Insel im Meer, wo sich Avatare in Räumen oder Tagungs-Außenbereichen bewegen können, um sich auszutauschen und an Vorträgen oder „Erlebnissen“, wie medizinischen Vorgängen im Körper, teilzunehmen.

Als einer der Partner der IMMERSIVE X bot MedTriX ihre Future World als Veranstaltungsort für das Gesundheitssegment des Kongresses an. Dort stellte Dr. Farah Shiraz aus Kopenhagen die Software von HekaVR vor. Diese wendet sich an Menschen mit behandlungsresistenter Schizophrenie, die auditive Halluzinationen erleben, sowie an deren Therapeutinnen bzw. Therapeuten. Ähnlich wie bei der polizeilichen Erstellung eines Phantombilds bastelt der Therapeut aufgrund der Hinweise des Patienten einen Avatar. Dieser verkörpert die innere Stimme, die der Patient hört, und kann durchaus dämonisch aussehen. In dessen Rolle schlüpft der Therapeut, um mit dem Patienten ein Zwiegespräch zu führen. Dr. Shiraz berichtete von faszinierenden ersten Erfolgen der „Avatartherapie“.

Auch in der Kunsttherapie können innovative Technologie verwendet werden, wie die britische XR-Künstlerin und Kunstmentorin Jacki Clark aufzeigte. Das Erstellen von Bildern und Skulpturen könne Menschen helfen, sich besser zu konzentrieren, auszudrücken und im sozialen Umfeld zu interagieren. 

Wie autistische Menschen an der Gestaltung von VR-Umgebungen mitwirken können, verdeutlichte der Vortrag der „Außerirdischen“ Marc Ristau und Niko Lang über das sog. UFO-Projekt. Hier werden VR und Neurofeedback zusammengeführt. Neurodivergente Menschen sollen Werkzeuge für ein selbstbestimmtes Training emotionaler Regulation und kognitiver Fähigkeiten erhalten. Ziel ist es, ihnen eine adäquate Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen.

Überblick zu einzelnen Sessions

Heka VR
Fighting Schizophrenia Using Immersive Tech

VR-Plattform zur Behandlung von Menschen mit Schizophrenie mittels Avatar-Therapie

Art as Therapy in XR
Exploring the Therapeutic Applications of VR and AR

VR und AR als Werkzeuge zur Behandlung von Menschen auf dem Autismus-Spektrum

Spatial Education:
Medical Training in the Metaverse

MediMicroMaps

Immersives Lernen für Student:innen im Bereich Mikrobiologie

Virtual Worldbuildung for Health

Virtuelle Welten für Gesundheit & Wohlbefinden

Neuroinclusive VR:
Participatory Design in the UFO Project

Berufliche Teilhabe von Menschen auf dem Autismus-Spektrum durch den Einsatz von XR

Quelle: Kongressbericht - Immersive X