Künstliche Intelligenz intelligent anwenden Wie Ärztinnen und Ärzte mit dem KI-Hype umgehen sollten

e-Health Autor: Isabel Aulehla

KI katapultiert die Medizin in eine neue Ära. KI katapultiert die Medizin in eine neue Ära. © Martin Rettenberger – stock.adobe.com (generiert mit KI)

KI katapultiert die Medizin in eine neue Ära. Wie sie den Beruf von Ärztinnen und Ärzten verändert und welche Risiken es gibt, erklärt der Gast der neuen Folge des Podcasts O-Ton Innere Medizin.

Die Informatik revolutioniert gerade die Medizin, betont Prof. Dr. ­Georg Ertl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, in einer neuen Podcastfolge von O-Ton Innere Medizin (s. Kasten rechts). Die Entwicklung sei vergleichbar mit dem Aufschwung der Naturwissenschaften vor 150 Jahren. Entscheidend sei nun, die Informatik zur Hilfswissenschaft des Fachs zu machen und sie in der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten zu verankern.  
Derzeit seien zwar viele Systeme noch nicht leistungsstark genug, als dass sie zuverlässig angewendet werden könnten. Auf lange Sicht würden Ärztinnen und Ärzte, die die Anwendung von KI verweigern, jedoch eine schlechtere Medizin anbieten. „Der ärztliche Ethos verlangt es, alle Mittel zu nutzen, die den Patientinnen und Patienten zugutekommen“, erinnert Prof. Ertl. 

Für besonders wichtig hält er es, KI intelligent in Digitalisierungsprojekte einzubinden. „Wir sehen bei der elektronischen Patientenakte, wie unpraktisch sie ist. KI könnte hier helfen, eine selbstlernende und sichere Struktur zu schaffen, die Ärztinnen und Ärzten Zeit spart.“

Großes Potenzial, um KI umfassend zu nutzen, sieht Prof. Ertl überall dort, wo es um Mustererkennung in Bilddaten geht, etwa in Dermatologie und Radiologie. In anderen Disziplinen – etwa der Kardiologie – spielten manuelle Eingriffe und körperliche Untersuchungen eine zu große Rolle, als dass sie derzeit von Robotik und KI übernommen werden könnten. Als Beispiel nennt er Herzkatheter. „Natürlich träumen auch wir Kardiologen nicht von unserer Abschaffung – aber davon, dass wir die Wunderpille finden, die Arteriosklerose oder den Herzinfarkt sowieso vermeidet, und dann brauchen wir keinen Herzkatheter mehr.“

Trotz der Vorteile der KI sieht Prof. Ertl auch erhebliche Herausforderungen. Zentral sei die Sicherheit und Qualität der Daten, auf denen KI-Modelle basieren. „Junk rein, Junk raus – diese Regel bleibt bestehen“, warnt der Arzt. Wer ungenaue oder manipulierte Daten eingebe oder zum Training des Systems verwende, erhalte falsche Ergebnisse. 

In Studien wird immer wieder untersucht, wie menschenähnlich Sprachmodelle sich in ihren Antworten auf eingegebene Fragen verhalten. So erzielt ChatGPT in Tests hinsichtlich Altruismus, Fairness oder Risikovermeidung ähnliche Resultate wie Menschen. Prof. Ertl ­unterstreicht jedoch, dass echte emotionale Intelligenz ein tiefes Verständnis und Mitgefühl bedeute, das sich nicht in Algorithmen fassen lasse. „KI kann vielleicht lernen, freundlich zu sein und in bestimmten Situationen empathische Antworten zu geben. Manchmal vielleicht sogar freundlichere als überlastete Mediziner. Aber das ist programmierte Freundlichkeit, keine echte Emotion.“ 

Medical-Tribune-Bericht