„Der Onkel Doktor stirbt“: KV-Chef sagt eine hausärztliche Versorgung in Anstellung und Teilzeit voraus

Niederlassung und Kooperation Autor: Maya Hüss

Rechts: Dr. Peter Heinz, Vorstandsvorsitzender der KV Rheinland-Pfalz. Rechts: Dr. Peter Heinz, Vorstandsvorsitzender der KV Rheinland-Pfalz. © Fotolia/DOC RABE Media, KV RLP

Budgetierung und Bedarfsplanung abschaffen und den Patienten mehr Verantwortung zuteilen – die Forderungen, die die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz an die Regierung stellt, gehen weit. Schließlich zeigen Hochrechnungen, wie sich der Ärztemangel in den nächsten Jahren verschärft.

Bis zum Jahr 2023 müssten 59 % der insgesamt 2700 Hausarztsitze in Rheinland-Pfalz altersbedingt nachbesetzt werden. Doch nicht alle Praxen werden einen Nachfolger finden. Zu diesem Ergebnis kommt die Versorgungsforschung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz zusammen mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung bei der Vorstellung des 5. Versorgungsatlasses 2018 in Mainz. Das Medianalter der Hausärzte, die aus der Versorgung ausscheiden werden, beziffern die Autoren auf 61 Jahre.

Bei den Fachärzten und Psychotherapeuten zeigt sich laut KV ein ähnliches Bild: 58 % der Facharzt- und 55 % der Psychotherapeutensitze werden bis in fünf Jahren nachzubesetzen sein. „Die Praxengrößen nehmen zu und es wird immer weniger Praxisstandorte geben. Die junge Arztgeneration fordert einen Wandel der Praxis- und Versorgungsstrukturen“, weiß Markus Steinmetz, Referent der Abteilung für Versorgungsforschung der KV. Für die Patienten hieße das allerdings, weitere Wege zum Haus- und Facharzt in Kauf nehmen zu müssen.

Zu viel Bürokratie schreckt die Nachfolgergeneration ab

Auch Dr. Peter Heinz, KV-Vorstandsvorsitzender, ist sich sicher, dass sich in Zukunft der Hausarztberuf der Nachfolgergeneration anpassen muss. „Die Botschaft ist: der Onkel Doktor stirbt“, sagt der Allgemeinmediziner. Junge Hausärzte seien durch zu viel Bürokratie und Regressangst vor der Niederlassung abgeschreckt. So gehe der Trend ganz klar in Richtung Angestellten- und Teilzeitverhältnis.

Die Ergebnisse der Versorgungsforschung zeigten zudem, dass angestellte Vertragsärzte weite Pendlerstrecken zurücklegen müssten, ähnlich wie der Durchschnitt der Bevölkerung, nämlich rund 23 Kilometer. Ein Hausarzt ist dagegen nach 8 Kilometern in seiner Praxis. Die ungünstige Altersverteilung, die größte Altersgruppe liegt zwischen 54 und 56 Jahren, verstärke den Ärztemangel zudem.

Der Trend geht zur Teilzeittätigkeit
VollzeitTeilzeit
Vertragsärzte insgesamt
76%24%
Vertragszahnärzte insgesamt
93%7%
Angestellte Vertragsärzte
36%64%
Angestellte Vertragszahnärzte
71%29%

Quelle: Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz

Zu den Forderungen, die die KV an die Bundesregierung stellt, gehören zum einen die Abschaffungen der Budgetierung und der Bedarfsplanung. Auch sollten mehr Studienplätze zur Verfügung gestellt werden; bezogen auf die Einwohnerzahl vergibt Rheinland-Pfalz mit jährlich 433 Studienplätzen pro Jahr die wenigsten in ganz Deutschland. Von einer Landarztquote, wie sie die Landesregierung für das Wintersemester 2020/21 angekündigt hat, ist der KV-Chef hingegen nicht begeistert. „Das wird nicht funktionieren. Ein 21-Jähriger wird so viel in seinem Studium erleben und er soll die Freiheit haben, das zu machen, was er möchte.“ Um dem Ärztemangel entgegenzutreten, fordert die Körperschaft zudem die Einführung einer Patientensteuerung über „sozial abgefederte Selbstbeteiligungen“. Jeder Patient soll für jede Behandlung einen prozentualen Anteil zahlen, auch für Notfallleistungen. Dafür sollen die Krankenkassenbeiträge sinken, wodurch die Versicherten entlastet werden. „Wir müssen die Patienten mehr in die Verantwortung nehmen“, ermahnt Dr. Heinz. So kenne er einen Fall, in dem ein Patient in einem Quartal bei 34 verschiedenen Hausärzten vorstellig wurde. „Das ist reines Meditainment“, bekräftigt der KV-Chef.