Novum fachgleiches MVZ: Was bringt‘s den Ärzten?

Niederlassung und Kooperation Autor: Anouschka Wasner, Foto: thinkstock

Mit dem fachgleichen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) ist der Spielraum im Vertragsarztrecht größer geworden. Ein Jurist zeigt Ärzten die Chancen der gesetzlichen Neuregelung.

Eine spürbare Veränderung betrifft die Nachbesetzungsverfahren, erklärt Dr. jur. Florian Hölzel von der Kanzlei Broglie, Schade & Partner aus Wiesbaden. Denn zusätzlich zu den bekannten Auswahlkriterien hat der Gesetzgeber ein neues Nachfolgekriterium speziell für MVZ definiert: Der Zulassungsausschuss kann auch "die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des Medizinischen Versorgungszentrums" berücksichtigen (§ 103 Abs. IV S. 10 SGB V).

Allerdings ist noch nicht definiert, ob sich diese Formulierung auf unterversorgte Bereiche oder auch auf fachlich besondere Angebote bezieht.

Sechs Monate Zeit, um den richtigen Bewerber zu finden

Hinzu kommt, dass ein MVZ keinen namentlich benannten Bewerber ins Rennen schicken muss. Bekommt es den Zuschlag, hat es sechs Monate Zeit, einen geeigneten Kandidaten zu finden. Das mag logisch sein – im Gesamtzusammenhang erscheint es jedoch paradox, so Fach­anwalt Dr. Hölzel, dient doch das Nachbesetzungsverfahren eigentlich dazu, den besten Kandidaten für den freien Sitz ausfindig zu machen.

Relevant ist ferner, dass durch die Zulassung fachgleicher MVZ für Berufsausübungsgemeinschaften ohne zweites Fachgebiet nunmehr auch die Rechtsform GmbH wählbar ist. Zwar ändert sich dadurch nichts bei der Abrechnung und auch die "Zulassungsvermehrung", wie sie in den Jahren 2004 bis 2007 möglich war, ist vom Gesetzgeber nicht mehr vorgesehen. Die großen Vorteile der Umwandlung finden sich aber z.B. darin, dass sich der Gründer in einer MVZ-GmbH selbst als Anteilsinhaber anstellen kann und dadurch nicht seinen Gründerstatus verliert. Es werden Mischmodelle möglich, in denen Angestellte ohne und Angestellte mit Anteilen in einem MVZ tätig sind, was gerade die Aufnahme von Juniorgesellschaftern leichter macht.

Vermieden wird "Scheinselbstständigkeit" von Minderheits- oder Nullbeteiligungsgesellschaftern mit beschränkten Gesellschaftsrechten sowie die Mitnahme von Arztstellen durch ausscheidende Junior-Gesellschafter, da die Angestellten-Zulassung an das MVZ gebunden ist und nicht an die Person des ausscheidenden Junior-Gesellschafters. Der wahrscheinlich häufig entscheidende Vorteil ist aber die Möglichkeit, auch in stark überversorgten Gebieten die Zulassung aufrecht zu erhalten.

GmbH besetzt Posten von Angestellten einfach nach

Droht bei einer Überversorgung von 140 % und mehr der Einzug der Zulassung im Nachbesetzungsverfahren, gibt es jetzt den Weg, in einer MVZ-GmbH sämtliche Ärzte anzustellen. Denn bei der Nachbesetzung eines Angestellten besteht keine Einziehungsmöglichkeit und die Zulassung für den Nachfolger ist gesichert. Dass diese juristische Gestaltung Gewerbesteuer mit sich bringt, kann je nach Gewerbesteuersatz tatsächlich irrelevant sein angesichts der Chance, die durch die Zulassungsabsicherung in stark überversorgten Gebieten entsteht, so Dr. Hölzel.


Quelle: Kongressbericht DGIM 2016