Auszeiten in der Praxis Hallo Pause, wann geht’s los?

Praxisführung Autor: Rolf Leicher

Pausen sind vorgeschrieben, wo "work in" ist, muss auch "work out" sein. Doch oft ist für das Praxisteam in der Hektik des Alltags keine Gelegenheit dazu. Praxisinhaber:innen sollten darauf achten, dass Ausfall oder Verkürzung der Pausen die Ausnahme bleiben. Mit ein paar einfachen Tipps, die sich auch in den Praxisräumlichkeiten umsetzen lassen, können aber auch kurze Pausen effektiv gestaltet werden.

Haben Sie gestressten Patient:innen auch schon einmal nahegelegt, sich mehr Pausen zu gönnen, um ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit etwas Gutes zu tun, und dabei bemerkt, dass Sie selbst sich im Praxisalltag nicht daran halten? Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass beim Arbeiten ohne Pause die Leistungsfähigkeit langsam, oft unmerklich, abnimmt. Körper und Psyche senden Signale, wann Zeit ist für eine Pause. Warnsignale der Erschöpfung, die gerne verdrängt werden: Gereiztheit, Ungeduld, Nervosität, nachlassende Konzentration. Je länger die Arbeitspause auf später verschoben wird, desto länger braucht man für die Erholung durch die Pause, die Erholungsdauer kann sich sogar verdoppeln. Die Mittagspause ist nicht effektiv, wenn man nicht optimal entspannen kann, weil der Raum ungünstig ist oder weil sie am Computer stattfindet. Pausen leisten einen wichtigen Beitrag, um sich zu regenerieren. Mittags durcharbeiten, nur schnell einen Kaffee trinken und einen Müsliriegel knabbern, zählt nicht als offizielle Arbeitspause. Wer darauf verzichtet, riskiert ein Erholungsdefizit und auf Dauer sogar gesundheitliche Nachteile.

Recht auf Pausen

Fußballer machen nach 45 Minuten eine Pause von 15 Minuten. LKW-Fahrer haben begrenzte Lenkzeiten und sind zur Pause verpflichtet. Auch in der Schule sind die Pausen fest geplant. Wer auf die Mittagspause verzichtet oder sie stark verkürzt, leistet am Nachmittag weniger. Im Arbeitszeitgesetz (ArbZG), § 4 ArbZG sind die Regeln festgeschrieben. Bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden muss eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten eingelegt werden. In der Praxis sind 30 Minuten nicht immer machbar und werden meist verkürzt. Wer mehr als neun Stunden gearbeitet hat, dem steht nach dem Gesetz eine Pause von 45 Minuten zu. Ob die Pause am Stück oder in Zeitabschnitten von 15 Minuten aufgeteilt wird, darüber kann der Arbeitgeber in Absprache mit seinen Mitarbeiter:innen entscheiden. Von diesen Regelungen gibt es abweichende Vorschriften für Jugendliche, die im § 11 des Jugendarbeitsschutzgesetzes geregelt sind. Jugendliche dürfen nicht länger als 4,5 Stunden am Stück beschäftigt werden. Bei Arbeitsunfällen will die Berufsgenossenschaft die Arbeitszeiten genau wissen, da kommt man schnell in Verlegenheit, wenn man sich nicht daran gehalten hat. Bei Verstößen kann der Versicherer die Leistung verweigern oder kürzen.

Weitere rechtliche Grundlagen sind in der Arbeitsstättenverordnung festgelegt. Darin heißt es: "Pausen müssen in einer der Sicherheit und Gesundheit zuträglichen Umgebung durchgeführt werden." Kurzpausen sollen nicht gesammelt werden, um früher in den Feierabend zu starten.

Die aktive Arbeitspause

Schon die Aussicht auf eine bevorstehende Arbeitspause weckt bei den meisten ein positives Gefühl. Die Vorfreude auf die Auszeit kann kurzzeitig die Motivation steigern und führt teilweise sogar zu größerer Anstrengung mit besseren Arbeitsergebnissen. Ideal ist es, in der Pause mal gar nichts zu tun, nicht an die Arbeiten zu denken, sondern völlig abzuschalten. Oft leichter gesagt als getan. Wie wäre es, wenn man die Augen schließt und sich dabei nur auf die Atmung konzentriert? Das ist gewöhnungsbedürftig und wird oft belächelt. Der Erholungswert stellt sich aber viel schneller ein. Arbeitsmediziner:innen empfehlen das Nichtstun, die Augen zu schließen und das Handy auf stumm zu schalten.

Die folgenden Empfehlungen für die Pause lassen sich auch im Arztzimmer oder Pausenraum gut umsetzen:

  1. Musik. Kopfhörer aufsetzen, Augen schließen und zwei oder drei Lieder, die zu den persönlichen Hits gehören, anhören. Egal, ob Pop oder Klassik. Mitsingen ist erlaubt, sogar empfohlen, weil es die Entspannung fördert.
  2. Atemtechnik. Ideal, wenn man ein Bewusstsein für die Atmung entwickelt, wenn man spürt, ob man flach oder unregelmäßig atmet. Die sogenannte Stressatmung (flach und stockend) versorgt die Lungen nicht mit genügend Sauerstoff und wirkt über einen längeren Zeitraum leistungsmindernd und ermüdend. Kurzatmigkeit ist bei Stress ein weit verbreitetes Phänomen. Also bewusst langsam und tief atmen.
  3. Daily Uplifts. Es geht um die Wahrnehmungslenkung, um ein "Kopfkino". Man verdrängt aus den eigenen Gedanken die Arbeit und sucht stattdessen ein äußeres oder inneres Bild, z.B. den bevorstehenden oder vergangenen Urlaub, ein interessantes Sportereignis oder die eigene Familie. Hauptsache, es sind angenehme und freudige Gedanken.
  4. Muskelrelaxation. Geeignet vor allem für MFAs, die lange Zeit am Empfang sitzen: Edmund Jacobson aus Schweden hat eine Methode entwickelt, bei der einzelne Muskelgruppen, die während des Sitzens stark belastet wurden, nacheinander gestreckt und gelockert werden. Die Übung wird im Sitzen ausgeführt und kann durch eigene Massage unterstützt werden.
  5. Small Talk. Der Klassiker ist das Pausengespräch. Dazu braucht man die Arbeitskollegin oder einen Freund und ein Thema, das beide interessiert. Mit der privaten Plauderei lenkt man sich von der Arbeit ab und stärkt die kollegialen Beziehungen.
  6. "Digitale Diät". Smartphone und Soziale Medien beherrschen bei vielen die Pausenzeit, in der man sich entspannen will. Facebook, Twitter, Instagram und Co. fordern permanent dazu auf, Beiträge zu teilen, zu liken und zu kommentieren. Die Angst, etwas zu verpassen, nicht auf dem Laufenden zu sein, ist weit verbreitet. Die ständige Bereitschaft, für Soziale Netzwerke offen zu sein, führt zu einem Druck und verhindert das so wichtige Nichtstun in den wenigen Minuten der Auszeit. Mit einem bewussten Ausschalten des Smartphones kann man versuchen gegenzusteuern.

 

Buchtipps zur effektiven Pausengestaltung

  1. Froböse, Ingo: "Power durch Pausen". Gräfe und Unzer Verlag, München 2017, 158 Seiten
  2. Scharnhorst, Julia: "Pausen machen munter". Haufe-Lexware Verlag, Freiburg, 2020, 129 Seiten

Autor
Dipl.-Betriebswirt
Fachautor für Betriebs-, Personalführung und Marketing
69118 Heidelberg

Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (5) Seite 48-49
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